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Seelenband

Seelenband

Titel: Seelenband
Autoren: E Zeißler
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Augen funkelten und sein Atem ging stoßweise. Nur mit Mühe gelang es ihm noch, aufrecht zu stehen.
"Sie sind nicht empathisch, sie können sich nicht binden."
"Doch, das können sie", beharrte John. "Auf ihre eigene Weise. Und vielleicht ist ihre Bindung sogar stärker als unsere."
Die Frau starrte ihn empört an und John wusste, dass sie ihm diese Blasphemie niemals verzeihen würden. Aber es war ihm egal, er hatte nichts mehr zu verlieren. "Sie müssen sich blind vertrauen, ohne jemals wirklich Gewissheit zu haben. Das erfordert viel mehr Kraft."
"Genug jetzt!" fuhr die Frau ihn an.
John wurde nach vorne gestoßen und kam an dem Eingang des Raumschiffs zum Stehen. "Denk daran, was ihr ihr damit antut!" flehte er noch einmal. Weit hinter sich konnte er Valeries Schreie kaum noch hören und er spürte die Hoffnungslosigkeit, die sich in ihr ausbreitete.
"Sie wird es überstehen!" wiederholte die Frau und gab den Wächtern ein Zeichen.
John wurde ins Innere des Raumschiffs gestoßen und fühlte, wie tief in Valerie etwas zerbrach.
"Nein!" gellte ihr Schrei laut durch die morgendliche Luft und durchbohrte ihn wie ein Speer.
"Seelenmörder!" schrie er der Frau und den Wächtern verächtlich entgegen.
Die Frau erbleichte, sagte aber nichts. John hatte ihr die schlimmste Beleidigung und das abscheulichste Verbrechen an den Kopf geworfen, die in seiner Welt vorstellbar waren. Aber in seinen Augen kamen sie nun mal Seelenmördern gleich, auch wenn Valerie nicht körperlich an der Trennung von ihm sterben würde.
Als sich die Rampentür hinter ihnen geschlossen hatte, sah John eine kleine Gestalt, die auf ihn zu lief. Er taumelte. Es war alles umsonst gewesen. Dann drückte er seine kleine Tochter, die verängstigt auf ihn einredete, tröstend an seine Brust.

Fassungslos sah Valerie zu, wie John die Rampe hochging und schließlich im Inneren des Raumschiffes verschwand. Bis zum Schluss hatte sie gehofft, dass er sich wehren, dass er fliehen, dass er zu ihr zurückkehren würde. Doch er ließ sich ohne jeden Widerstand einfach abführen. Als sich die Rampentür hinter ihm geschlossen hatte, wusste Valerie, dass sie verloren hatte, dass John sehr bald und völlig sinnlos sterben würde. Mit einem letzten verzweifelten Schrei sank sie auf dem Boden zusammen. Sie hatte keine Kraft und keine Stimme mehr, sie fühlte sich leer und ausgebrannt. Sie blickte nicht einmal mehr hoch, als das kleine Raumschiff sich in die Luft erhob, kurz aufwaberte und plötzlich verschwand, als ob es sich getarnt hatte. Ihr war alles egal, sie hatte John verloren. Und mit ihm schien jede Freude aus ihrem Leben gewichen zu sein.
Valerie fiel nach vorne in den Staub und weinte, obwohl sie geglaubt hatte, keine Tränen mehr übrig zu haben. Sie weinte wegen der Leere, die sie in ihrem Inneren empfand. Und um die Zukunft, die sie beide nun nicht mehr haben würden. Sie weinte um die Ungerechtigkeit des Schicksals und vor allem weinte sie um ein Universum, das bald so viel ärmer sein würde, wenn John es für immer verließ.
Lange Zeit lag sie einfach nur da, während sich das Gras aufrichtete, das das Raumschiff niedergedrückt hatte, und der Wind die letzten Spuren verwischte, dass es dort jemals gestanden hatte. Dass es John jemals gegeben hatte.
Irgendwann, als ihre Tränen versiegt waren und sie sich völlig ausgelaugt fühlte, erhob Valerie sich schwankend und blickte sich erstaunt um. Die Sonne war gerade aufgegangen und schien ungetrübt im blauen Himmel. Vögel zwitscherten fröhlich um sie herum und das Gras war noch immer grün. Es war Valerie unbegreiflich, wie das Leben um sie herum einfach so weitergehen konnte, als ob nichts geschehen wäre, während ihr eigenes Leben in Trümmern hinter ihr lag.
Ich muss nach Hause, sagte irgendein Teil ihres Gehirns, der erstaunlicherweise noch funktionierte. Sie machte einen vorsichtigen Schritt und schwankte. Sie hatte seit gestern Mittag nichts mehr gegessen und was immer das für ein Zeug gewesen war, das John ihr gespritzt hatte, es hatte ihr bestimmt nicht gut getan. Sie wartete, bis der Schwindel abgeklungen war, doch der pochende Schmerz in ihrem Kopf wollte einfach nicht weggehen.
Nalla! kam plötzlich ein anderer Gedanke in ihr hoch und sie setzte sich, den Schmerz ignorierend, in Bewegung. Das Mädchen war alles, was ihr von John geblieben war, und sie würde das Vertrauen, das er in sie gesetzt hatte, nicht enttäuschen.
Als Valerie den Wagen erreichte und Nalla dort nicht vorfand, dachte
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