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Seelenband

Seelenband

Titel: Seelenband
Autoren: E Zeißler
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sie mich endgültig fortbrachten. Sie haben so lange gewartet, bis du heute Nacht dich beinah aufgegeben hättest. Sie haben mich zurückgeschickt, als sie erkannten, dass du ohne mich nicht leben wolltest. Und auch so kam ich beinah zu spät." Er schauderte und schloss sie fest in seine Arme.
"Was meinst du mit
    fast zu spät
?" fragte Valerie verwirrt.
"Du warst bereit, dein Leben aufzugeben. Ohne Hilfe wärst du aus dem Strudel nicht wieder aufgetaucht."
Erschrocken sah Valerie ihn an. "Du meinst, ich hätte sterben können?"
"Ja." John nickte ernst.
"Aber es war doch nur ein Traum", wehrte sie ab.
"Es war mehr als das, vielleicht hat unsere Bindung auf dich abgefärbt und deine mentale Reaktion der meines Volkes angeglichen."
Valerie schauderte, um das unangenehme Gefühl, nur knapp dem Tod entronnen zu sein, abzuschütteln. "Wie auch immer", sagte sie betont fröhlich. "Wenn mir das dich zurückgebracht hat, soll es mir recht sein." Besorgt sah sie ihn an. "Du bleibst doch hier, oder?"
"Ja." John nickte glücklich. "Sie haben beschlossen, dass es unmoralisch wäre, mich dir wegzunehmen."
"Das war's also?" fragte Valerie ungläubig nach. "Einfach so?"
"Nun ja, nicht ganz."
"Was denn noch?"
"Sie mussten sicherstellen, dass ich nie wieder nach Hause kommen kann. Sie haben jedes Stück Technik, das ich besaß, an sich genommen und ..." Er zögerte. "Sie haben einen Menschen aus mir gemacht."
"Einen Menschen?" wiederholte Valerie verständnislos.
"Ja." John lächelte. "Ich habe jetzt sogar einen Bauchnabel, willst du ihn sehen?"
"Später vielleicht." Sie dachte kurz nach. "Kannst du denn jetzt auch keine Gefühle mehr lesen?"
"Doch. Sie haben nur meine Anatomie angepasst. Meinen Geist zu verändern, hätte auch meine Persönlichkeit verändert und dazu hatten sie kein Recht."
Valerie zuckte mit den Schultern. Ihr hätte es nichts ausgemacht, wenn er nicht mehr so einfach in ihren Kopf hätte schauen können. Doch die Aliens schienen wirklich einen strengen Moralkodex zu haben. Immerhin hat ihr dieser John zurückgegeben, also wollte sie sich nicht darüber beschweren. "Und was ist mit Nalla?" fiel ihr plötzlich ein.
"Sie schläft nebenan", erklärte John lächelnd. "Sie hat die gleiche Veränderung erfahren."
"Es ist also alles gut?" vergewisserte Valerie sich vorsichtig. "Wir bleiben jetzt für immer zusammen, und es droht uns keine Gefahr?"
"Zumindest keine von meinem Volk", schränkte John ein.
"Oh, damit kann ich leben", sagte Valerie und lächelte selig. Sie konnte ihr Glück noch gar nicht fassen, aber das war auch nicht nötig. Sie hatte ihr ganzes Leben Zeit, sich daran zu gewöhnen. Glücklich kuschelte sie sich in Johns Arme und schlief beruhigt ein.

Epilog

Valerie und John saßen eng aneinander gekuschelt am Ufer des kleinen Teichs. Sie reichte ihm eine Tasse heißen Tee, um die Kälte der Nacht fernzuhalten, und er nahm sie dankbar an. Sie schmiegte sich enger an ihn und dachte über die Wendung nach, die ihr Leben genommen hatte. Es war jetzt drei Tage her, dass John wieder zu ihr zurückgekehrt war, und allmählich begann sie, wirklich daran zu glauben, dass die Gefahr vorüber war. Sie brauchte nur in Johns entspanntes, glückliches Gesicht zu blicken, um zu wissen, dass alles endlich gut war. Er hatte die letzten Geister seiner Vergangenheit endgültig hinter sich gelassen.
Natürlich sahen ihre Eltern das nicht so entspannt. Zu groß war ihre Bestürzung darüber gewesen, wie sein Weggang Valerie beeinflusst hatte, und natürlich konnten sie sich sowohl sein plötzliches Verschwinden als auch sein Auftauchen nicht anders erklären, als dass er irgendeine boshafte Ader haben musste. Valerie seufzte leise. Mit der Zeit würden sie schon wieder darüber hinweg kommen. Und vorerst würde sich das Problem dadurch lösen, dass Nalla, John und sie morgen abreisen würden, um endlich das gemeinsame Leben zu führen, auf das sie sich so freute.
"Woran denkst du gerade?" fragte John sanft und sie sah, dass er schon wieder versucht hatte, ihre Gefühle zu lesen.
"An unsere Zukunft", gab sie lächelnd zu.
John sah ihr tief in die Augen. "Weißt du, in den letzten Tagen habe ich auch viel darüber nachgedacht."
"Ach ja?" fragte Valerie interessiert. "Und zu welchem Schluss bist du gekommen?"
Statt einer Antwort streckte John einen Arm aus und zog seinen Ärmel ein wenig hoch.
Im Mondlicht konnte Valerie das dunkle Muster seiner Bindungsringe erkennen. Sie fand es ein wenig schade, dass sie sich nie mehr
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