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Seelenband

Seelenband

Titel: Seelenband
Autoren: E Zeißler
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Café ins Auge. Auf dem Schild, das über dem Eingang prangte, stand in schwungvoller Schrift
    "Chez Pablo"
geschrieben. Sie war auf ihrem Arbeitsweg schon oft daran vorbei gegangen. Nun, heute würde sie es ausprobieren. Alles war besser, als in die stickige Hitze ihrer Wohnung zurückzukehren.
Die Ampel sprang auf grün und Valerie lief kurz entschlossen über die Straße, auf die Eingangstür des Cafés zu. Sobald sie über die Schwelle trat, wehte ihr die angenehme Kühle einer Klimaanlage entgegen.
Hier lässt es sich aushalten, dachte Valerie und lächelte zufrieden. Sie hatte Glück, trotz der Hitze waren noch einige der kleinen Tische frei und sie folgte gutgelaunt einer Kellnerin, die sie zu einem der freien Plätze in der Nähe der Theke führte.
Valerie bestellte einen großen Vanille-Eisshake und ließ ihren Blick durch die Menge schweifen, während sie darauf wartete. Die meisten Tische waren mit verliebten Pärchen besetzt, was sie nicht wirklich überraschte. Weit verstörender fand sie es, dass die meisten von ihnen so unglaublich jung waren. Da, der Junge, der seine Freundin so ergeben anstrahlte, konnte doch kaum älter als sechzehn sein. Und sie mit ihren 28 hatte noch immer niemanden gefunden, der sie jemals so angesehen hätte. Das war nicht fair.
Josh kam ihr in den Sinn und sie kräuselte ihre Nase. Er hatte sie nie so angesehen. Schon daran hätte sie wohl merken müssen, dass die Beziehung keine Zukunft gehabt hatte...
Ein riesiger Eisshake erschien vor ihr auf dem Tisch und riss sie aus ihren trüben Gedanken. Der Tag war zu schön und der Shake zu lecker, um sich die Laune von unangenehmen Erinnerungen vermiesen zu lassen. Valerie zog an dem bunten Strohhalm und genoss das Gefühl, wie das cremige, herrlich kühle Getränk ihre Kehle herunter rann. Solche Augenblicke versüßten einem echt das Leben. Sie nahm einen zweiten Schluck und ließ ihren Blick wieder schweifen.
Einer der Kellner, der etwas abseits von den anderen stand, schaute genau in diesem Moment hoch und ihre Blicke trafen sich. Eine Gänsehaut jagte Valerie über den Rücken und mit einem Schaudern schlug sie schnell ihre Augen nieder. Sie nahm rasch einen weiteren Schluck von ihrem Shake, um sich ein wenig zu beruhigen, doch es half nichts. Der befremdende Anblick hatte sich anscheinend in ihre Netzhaut eingebrannt. Allein der Gedanke an seinen Blick jagte ihr wieder einen Schauer über den Körper. Die Augen schienen irgendwie leer zu sein. Die Iris war ganz schwarz, so schwarz, dass die Pupille darin gar nicht zu erkennen war. Wie zwei bodenlose Löcher in einem ansonsten recht attraktiven Gesicht.
Fiel das den anderen denn gar nicht auf? Sie blickte sich verwirrt um. Niemand sonst schien an dem Mann Anstoß zu nehmen.
Valerie gab vor, an ihrem Strohhalm zu saugen, und warf einen verstohlenen Blick auf ihn. Zum Glück sah er dieses Mal nicht auf, sonst hätte sie bestimmt nicht den Mut aufgebracht, ihn zu beobachten. Er stand hinter der Kaffee-Maschine, abseits der anderen Kellner, die sich fröhliche Bemerkungen zuwarfen. Sein Blick war stets nach unten gerichtet. Vermutlich, damit die anderen nicht seine Augen sahen, dachte Valerie. Trotz der Hitze trug er ein langärmliges Hemd, das mit engen Manschetten an seinen Handgelenken abschloss.
Sie wandte ihre Augen ab, aus Angst, er würde sie doch noch einmal ansehen. Denn obwohl er den Kopf abgewandt hielt, hatte sie das Gefühl, als würde er sie beobachten. Das war definitiv der unheimlichste Mann, den sie je gesehen hatte. Er wirkte auf sie zwar nicht wie ein Psychopath oder ein Amokläufer, aber was wusste sie schon. Vielleicht war er ja auf Drogen oder gar ein Schläfer. Und vielleicht hatte er bloß ein Faible für bizarre Kontaktlinsen.
Wie auch immer, Valerie hatte keine Lust, es herauszufinden. Schnell trank sie ihren Shake aus und winkte eine Bedienung zum Bezahlen herbei. Natürlich hätte sie auch zur Theke gehen können, aber dann hätte sie an ihm vorbei gemusst. Und sie hatte auch so schon das Gefühl, dass sie mehr von seiner Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte, als gesund für sie war. Als sie schließlich aufstand und nicht umhin konnte, einen letzten Blick in seine Richtung zu werfen, hätte sie schwören können, dass, obwohl er sie nicht angesehen hatte, ein grimmiges Lächeln auf seinen Lippen erschienen war.

Trotz der Hitze rannte Valerie fast den ganzen Weg bis zu ihrer Wohnung. Zuhause angekommen, verriegelte sie als erstes die Tür und legte
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