Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seekers. Sternengeister: Band 6 (German Edition)

Seekers. Sternengeister: Band 6 (German Edition)

Titel: Seekers. Sternengeister: Band 6 (German Edition)
Autoren: Erin Hunter
Vom Netzwerk:
der Höhle, »dann braucht ihr euch von jetzt an ja nicht mehr zu beschweren, dass es bloß Robben zu fressen gibt.«
    Ujurak blickte auf und nahm die Eisbärin nur als trüben Umriss inmitten des Schneesturms wahr. Als er aus der Höhle trat, konnte er ringsherum nichts anderes sehen als die immer gleiche schneebedeckte Landschaft, die sie die ganzen letzten, ihm endlos erscheinenden Tage durchwandert hatten.
    Wo sind all die Pflanzen und Tiere?, fragte er sich. Wie viel weiter müssen wir noch?
    Gemeinsam vergrößerten sie die Höhle und kauerten sich dann darin zusammen, während der Sturm über sie hinwegfegte. Zwei Sonnenaufgänge kamen und gingen, und der Wind peitschte unablässig über die eisige Ebene und trieb den Schnee vor sich her.
    Mit jedem Tag, der verging, nagte der Hunger heftiger an Ujuraks Eingeweiden. Er wusste, dass seine Gefährten ebenso litten wie er selbst.
    »Es wäre weniger schlimm, wenn man die Walrösser nicht die ganze Zeit hören würde«, brummte Toklo, als eine Windböe wieder einmal die bellenden Rufe zu ihnen trug. »Wie gut sie zu riechen sind. Ich kann an nichts anderes mehr denken, als meine Zähne in ihr Fleisch zu schlagen.«
    Ujurak murmelte Zustimmung. Auch er war hungrig genug, sich ungeachtet des Risikos auf eines dieser brutalen Geschöpfe zu stürzen, um sich endlich satt zu fressen.
    Kallik stöhnte und wühlte ihre Schnauze tiefer in Lusas Fell. Es blieb ihnen nichts übrig, als auszuharren und möglichst viel zu schlafen, bis sie wieder weiterziehen konnten.
    Schließlich wachte Ujurak auf, und alles war still. Der Wind hatte sich gelegt und die Sonne schien. Ihre Strahlen funkelten auf der glatten Schneedecke, die sich über das Eis gelegt hatte.
    »Wacht auf!« Ujurak stieß erst Toklo, dann auch Kallik und Lusa an. »Der Sturm ist vorüber.«
    Mit einem schwungvollen Satz verließ er die Höhle, während seine Gefährten langsam erwachten, blinzelnd ins helle Licht blickten und ihre steifen Glieder streckten. Müde folgten sie ihm nach draußen.
    Lusa schaufelte eine Tatze voll Schnee auf und streckte ihren Kopf hinein, um wach zu werden. »Na los!«, rief sie dann und rannte los. »Hier geht’s lang! Lasst uns –« Sie verstummte jäh, als der Boden unter ihr nachgab und ihre kleine schwarze Gestalt in einer Schneewehe verschwand.
    »Oh, um der Geister willen …«, murmelte Toklo.
    Er stapfte durch den frischen Schnee bis zu der Stelle, wo Lusa gerade noch gestanden war. Ujurak beobachtete, halb amüsiert und halb besorgt, wie der Grizzly seine Schnauze in die Verwehung steckte und sich dann, mit Lusas Schwanz zwischen den Zähnen, wieder aufrichtete.
    »He, das tut weh!«, beschwerte sich Lusa zappelnd. Ihr Pelz war über und über mit Schnee bedeckt.
    Toklo ließ sie los. »Dann pass besser auf, wo du hintrittst.«
    »Und lauf nicht blindlings drauflos«, ergänzte Ujurak, während Lusa sich schüttelte und der Schnee aus ihrem Fell in alle Richtungen stob. »Wir wissen nicht so genau, wo wir eigentlich sind.«
    »Wie sollen wir das herausfinden?«, wollte Kallik wissen.
    Ujurak konzentrierte sich, doch er konnte die Walrösser weder hören noch riechen. Gerade jetzt, wo es nützlich wäre  … Und die Seelen sandten ihm nach wie vor keine Zeichen.
    Eine Möglichkeit gibt es, dachte er, doch dabei stach ihm die Furcht ins Herz, kälter und heftiger als ein scharfer Eissplitter. Aber ich könnte mich dabei für immer verlieren.
    Während das Schweigen ewig zu dauern schien, wurde seine Angst von Schuldgefühlen verdrängt. Ich darf meine Freunde nicht im Stich lassen, entschied er. Nicht, solange ich ihnen von Nutzen sein kann.
    »Ich werde mich in einen Vogel verwandeln und fliegen«, verkündete er zögernd.
    »Aber du wolltest dich doch nicht mehr verwandeln«, wandte Lusa erschrocken ein.
    »Darum geht es nicht«, erwiderte Ujurak. »Es ist eine Fähigkeit, die ich habe, und vielleicht ist es einfach meine Pflicht, sie jetzt zu nutzen.« Und wenn ich nicht zu lange in der anderen Gestalt verharre, sollte ich mich auch daran erinnern können, wer ich wirklich bin.
    Lusa ging auf ihn zu und schnäuzelte ihn. »Danke, Ujurak.«
    Angerührt von dem Verständnis, das die Freunde für sein Zögern zeigten, entdeckte Ujurak in der Ferne den winzigen Umriss eines Seevogels und konzentrierte sich darauf. Sofort spürte er, wie sein Körper schrumpfte, sein braunes Fell zog sich zurück und wurde durch die glatten schwarzen Federn eines Kormorans ersetzt. Seine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher