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Seejungfrauen kuesst man nicht

Seejungfrauen kuesst man nicht

Titel: Seejungfrauen kuesst man nicht
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völlige Einäscherung der Wentworth beantwortete, fiel mir ein, dass ich unseren Gastgeber noch gar nicht gesehen hatte, deshalb ging ich zum Büffet zurück, nahm mir etwas Hühnchen und begab mich nach drinnen.
    In der Küche war Clarissa dabei, Blumen in Vasen, Eimer und Bierkrüge zu stellen. Der Boden war mit Blättern übersät.
    »Ist Lawrence hier irgendwo?«
    Sie unterbrach ihre Tätigkeit, die darin bestand, mit einem Fleischklopfer die Enden einiger langstieliger Rosen kaputtzuschlagen. »Versucht wahrscheinlich immer noch, den Videorekorder zu installieren.« Sie warf einen Blick auf meinen Teller. »Oh, das ist eine gute Idee - bring ihm was zu essen. Wenn er so weitermacht, verpasst er noch die ganze Party.«
    Ich fand ihn im Wohnzimmer, wo er umgeben von Plastik, Pappe und großen Styroporbrocken auf dem Boden hockte. Vor ihm stand der Videorekorder, und auf dem Display blinkten bedrohlich die Buchstaben ERR auf. Er studierte eine Bedienungsanleitung, die in Stücke gerissen und dann mit Tesafilm wieder zusammengeklebt worden war.
    »Ich kann einfach nicht... Ach, dieses verdammte ...«, sagte er gerade mit zusammengebissenen Zähnen, als ich mich mit einem Hüsteln bemerkbar machte. Er drehte sich um und einen Augenblick lang blieb seine Stirn gerunzelt, doch dann sah man ihm an, dass er mich erkannte und sich freute, mich zu sehen. »Abigail, was für eine nette Überraschung.« Er stand auf und küsste mich auf beide Wangen. Seine Haare waren inzwischen ziemlich weiß, aber er hatte noch viele davon und sein Gesicht war gebräunt. Er sah immer noch gut aus. Er deutete anklagend mit dem Finger auf mich. »Du bist mit Rad gekommen, stimmt‘s?«
    Ich nickte. »Es ist so schön, alle wieder zu sehen.« Wir betrachteten das Chaos um uns herum.
    »Du hast mir gerade geholfen, ein paar Hundert Pfund zu sparen«, sagte er.
    »Wie das?«
    »Wenn du nicht reingekommen wärst, hätte ich das Ding aus dem Fenster geworfen.«
    »Wie ich sehe, ist die Bedienungsanleitung bereits leicht strapaziert worden«, sagte ich lächelnd.
    »Das war gestern um Mitternacht, als Lexi mir vorgeworfen hat, ich würde die Anweisungen nicht richtig lesen. Weißt du, ich glaube nicht, dass Männer ihre Frauen wegen großer Sachen wie Ehebruch umbringen. Ich glaube, es sind Kleinigkeiten - wie das hier.«
    Ich nickte. »Ich habe erst neulich in der Zeitung von einem Mann gelesen, der seine Geliebte bei einem Streit darüber umgebracht hat, wie man am besten ein Hühnchen mariniert.«
    »Genau«, sagte Lawrence. »Ich hoffe, die Geschworenen waren nachsichtig.«
    »Möchtest du etwas Hühnchen?«, fragte ich und bot ihm meinen unberührten Teller an. »Du wirst nichts mehr zu essen bekommen, wenn du nicht aufpasst.«
    Er nahm dankbar an. »Du bist sehr freundlich. Du kommst doch demnächst mal vorbei und besuchst uns richtig, oder? Lexi wird Trost brauchen, wenn Rad weggeht.«
    Das versprach ich. »Aber ich spiele kein Bridge«, warnte ich ihn.
    »Ach, das ist schon in Ordnung. Ich bin sicher, dass Lexi andere Wege findet, wie du dich nützlich machen kannst!« Wir lachten verschwörerisch.
    Kurz bevor ich ging, um mich wieder unter die Partygäste zu mischen, zeigte Lawrence mir ein Bild an der Wand. Es war die Aquarellzeichnung eines Steincottages, Rittersporn und Geranien im Vordergrund, dahinter Felder und Wäldchen und ein felsiges Plateau am Horizont. Es war ziemlich gut.
    »Lexi hat es gemalt«, sagte er, hoch erfreut über mein überraschtes Gesicht. »Es ist unser Cottage in Frankreich. Es hat sich herausgestellt, dass sie in dieser Richtung einiges Talent hat.«
    Im Garten fragte Lexi aus einem bequemen Liegestuhl heraus ihre Gäste, ob sie Ahnung von elektrischen Geräten hatten. Rad saß im Schatten eines Apfelbaums, aß sein fünftes Baiser und lauschte einem Vortrag Ceciles über den Verfall der Sitten. Sie hatte beobachtet, dass Männer seiner Generation nicht mehr aufstanden, wenn eine Frau ins Zimmer kam. Rad wollte wissen, ob die Regel auch für Gärten galt. »Ich meine, hier gehen dauernd Leute hin und her: Ich würde die ganze Zeit auf und ab springen wie ein Stehaufmännchen.« Trotzdem bot er mir seinen Stuhl an und wollte mir gerade eine Schüssel Erdbeeren holen, als von drinnen ein gedämpftes Heulen kam. Einen Augenblick später erschien Lawrence in der Verandatür und winkte mit einem weißen Taschentuch.
    »Ach, lass den Apparat und feiere mit«, sagte Lexi. »Wir werden jemanden kommen lassen
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