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Sechseckwelt 01 - Die Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 01 - Die Sechseck-Welt
Autoren: Jack L. Chalker
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leer.
    »Ach, verdammt«, sagte er beinahe traurig und griff in eine Kasse. »Du hast dir nicht mal den Unterhalt verdient. Da, fünfzig Reals.« Er stopfte das Geld in ihr Höschen. »Wenn du auf die Straße gehst oder in den Wald oder zum Sheriff, kauf dir was anzuziehen und eine Fahrkarte. Mir reicht es.« Er hob sie hoch und warf sie auf die Straße hinaus. Sie kam ein wenig zu sich und schaute sich im Halbdunkel um.
    Plötzlich wollte sie nicht gesehen werden. Es waren nur wenige Leute unterwegs, aber sie mußte bald auffallen. Sie kroch in einen Durchgang zwischen dem Wirtshaus und einem Laden. Es war sehr dunkel und kalt und roch nach Abfall.
    Plötzlich flammte die Straßenbeleuchtung auf. Ich sitze allein an einem Ort, den ich nicht kenne, dachte sie, fast nackt, und es wird immer kälter. Was kann noch passieren?
    Wie auf ein Stichwort begann es, zu donnern und zu knistern, und die Temperatur sank auffällig.
    Sie begann zu weinen. In ihrem ganzen Leben hatte sie sich noch nicht so hilflos gefühlt.
    Ein Mann ging über die Straße auf das Lokal zu. Er blieb plötzlich stehen. Ein Blitz zuckte und erhellte die Stelle, wo sie saß. Er kam auf sie zu und starrte sie ungläubig an, streckte die Hand aus, berührte ihre nackte Schulter.
    »Was ist denn, kleine Frau?« fragte er leise.
    Sie sah ihn gequält an, wollte sprechen und konnte nicht.
    Sie war selbst in diesem Zustand das Schönste, was er je gesehen hatte.
    »So schlimm kann es doch nicht sein«, meinte er. »Wo wohnen Sie? Ich bringe Sie heim. Sie sind doch nicht verletzt, oder?«
    Sie schüttelte den Kopf und hustete.
    »Nein, nein«, stieß sie hervor. »Hab' kein Zuhause. Bin hinausgeworfen worden.«
    Er kauerte vor ihr nieder. Donner und Blitze hörten nicht auf, aber noch regnete es nicht.
    »Dann kommen Sie mit«, sagte er leise. »Ich habe ein kleines Haus unten an der Straße. Da ist niemand außer mir. Sie können bleiben, bis Sie wissen, was Sie tun wollen.«
    Sie schüttelte verwirrt den Kopf. Sie wußte nicht, was sie tun sollte. Konnte sie ihm vertrauen?
    Eine fremdartige, ferne Stimme flüsterte in ihr: Fühlst du es? Angst, Habgier, Entsetzen, Ehrgeiz, das zerfrißt euch… Quäl' dich nicht, lauf nicht vor deinen Ängsten davon. Kämpf dagegen an!
    Was habe ich zu verlieren? dachte sie.
    »Ich gehe mit«, sagte sie leise. Er half ihr hoch und wischte sie ab. Er ist sehr groß, dachte sie. Ich reiche ihm nur bis zum Hals.
    Sie gingen aus der Stadt hinaus. Auf der Straße war kein Mensch. Das Gewitter war zu hören und zu sehen, aber es regnete noch immer nicht. Die Temperatur war von fünfzehn auf acht Grad gesunken. Sie fror.
    »Wollen Sie mein Hemd?« fragte er.
    »Aber dann frieren Sie«, sagte sie.
    »Ich mag kaltes Wetter«, erwiderte er und zog sein Hemd aus. Seine breite, muskulöse Brust weckte die seltsamen Gefühle wieder in ihr. Er legte das Hemd um ihre Schultern. Es war groß wie ein Zelt für sie, aber warm und angenehm. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte, und irgend etwas veranlaßte sie, sich an ihn zu lehnen und ihren Arm um seine nackte Brust zu legen. Er legte auch den Arm um sie, und so gingen sie weiter.
    Sie fühlte sich beruhigt und sah zu ihm auf.
    »Wie heißen Sie?« fragte sie.
    »W –«, begann er, dann sagte er statt dessen: »Kally Tonge. Ich habe dort vorne eine Farm.«
    Sie sah den Verband an seinem Kopf.
    »Sie sind verletzt.«
    »Es ist nicht mehr schlimm«, erwiderte er und lachte leise. »Übrigens sind Sie genau das, was mir der Arzt verschrieben hat. In der Nacht sollte jemand bei mir sein, meinte er.«
    »Tut es sehr weh?« fragte sie.
    »Nicht mehr. Die Medizin ist hier sehr modern, auch wenn es hier sonst eher primitiv aussieht.«
    »Ich weiß von der Welt nicht viel«, erwiderte sie. »Ich bin nicht von hier.«
    »Woher kommen Sie?«
    »Ich glaube nicht, daß Sie je davon gehört haben«, sagte sie. »Eigentlich von nirgends.«
    »Und wie ist Ihr Name?«
    Sie wollte sagen: »Nova«, aber statt dessen sagte sie: »Vardia.«
    Er blieb stehen und sah sie an.
    »Das ist ein Kom-Name, nicht wahr?« meinte er. »Sie sind von einer Kom-Welt!«
    »Sozusagen, aber ich habe mich sehr verändert.«
    »Auf der Schacht-Welt?« fragte er scharf.
    Ihr Atem stockte.
    »Sie – Sie sind eine von den Personen im Schacht!« rief sie. »Sie sind in dem Körper aufgewacht, wie ich in diesem! Die Kopfwunde hat Kally Tonge getötet, und Sie sind er geworden, wie ich Nova!«
    »Zweimal, als ich jemanden brauchte,
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