Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sebastian

Sebastian

Titel: Sebastian
Autoren: Anne Bishop
Vom Netzwerk:
einmal begonnen hast, das Urteil des Herzens zu vollstrecken -«
    »Misch dich nicht in Lynneas Reise ein.«
    Lee starrte sie an und verstand mehr, als jeder andere es gekonnt hätte. »Hast du ihr gesagt, dass Sebastians Leben in ihren Händen liegt?«
    »Nein. Das muss ihre Entscheidung sein. Und es muss die seine sein.«
    Lee schloss die Augen. »Wir könnten ihn verlieren.«
    »Ich weiß.«
    Er schlug die Augen auf und nickte.
    »Wir sind dabei, einen Krieg zu beginnen«, flüsterte sie.
    »Sorge einfach dafür, dass du die erste Schlacht gewinnst.«
    Sie wandte sich um und trat vom Rand der Insel zurück - und schrie beinahe auf vor Entsetzen.
    Breite Ströme der Dunkelheit durchzogen die ganze Landschaft, aber vom Licht waren nur noch ein paar Fäden geblieben. Nicht mehr. Gerade genug, um anzudeuten, dass das Licht ein paar guten Herzen Kraft schenkte - und von ihnen Kraft bekam, gerade genug, um zu verhindern, dass der ganze Ort in bösartige Dunkelheit stürzte. Aber nicht genug, um ihr die Möglichkeit zur Veränderung zu bieten, um die Stadt wirklich zu einem guten Ort für die Menschen werden zu lassen.
    Die Wächter der Dunkelheit und der Weltenfresser verabscheuten das Licht. Warum also hatten sie diese Strömungen der Macht nicht vollends ausgelöscht?
    Die offensichtliche Antwort lautete: Weil sie diese Lichten Strömungen brauchten. Warum?
    Darüber würde sie später nachdenken. Jetzt musste sie mit leichtem Herzen reisen, dem Urteil des Herzens in sich selbst einen Weg formen.
    Ephemera, höre mich an. Höre auf mein Herz.
    Als sie begann, die Resonanz aufzunehmen und sich den Herzen um sie herum öffnete, fühlte sie in der Nähe das kurze Aufflackern einer Antwort. Sie wandte den Kopf und betrachtete den Wagen und die Reiter, die noch immer die Straße hinunterzogen. Herzen, die sich nach dem Licht sehnten - und Herzen, die es nach einer anderen Art der Dunkelheit verlangte.
    Dann sah sie die Kutschen aus dem Tor fahren und wusste, dass ihr nur noch wenige Minuten blieben, um sich vorzubereiten.
    »Lee«, rief sie leise. »Hol Lynnea. Es ist soweit.«
    Ephemera, höre mich an. Höre auf mein Herz. Heute vollstrecken wir das Urteil des Herzens.
    Sie spürte den Widerstand der Welt und ließ ihre Resonanz stärker werden, passte sie dem Licht an. Ein paar Herzen hinter den Stadtmauern antworteten und nahmen ihre Resonanz auf.
    Diese Herzen gehören nicht hierher.
    Sie fühlte, wie Ephemera langsam reagierte, zu fließen begann, um ihrer Resonanz zu entsprechen, bereit, dem Gestalt zu verleihen, was sie gebot. Als das Licht sie erfüllte, fügte sie ihm ihre Dunkle Resonanz hinzu.
    Und fühlte einige der Dunklen Machtströmungen, die sich bereits in dieser Landschaft befanden, brechen, als die Resonanz ihres Herzens begann, den Ort zu übernehmen.
    Noch etwas, worüber sie nachdenken musste. Aber nicht hier, nicht jetzt.
    Während sie zusah, wie die Kutschen der Zauberer die Straße verließen und über das offene Land auf den Ort zurumpelten, an dem sie wartete, dachte sie an nichts, außer an die schreckliche Macht, die sich das Urteil des Herzens nannte.
    Eine Macht, die sie gleich freisetzen würde.
     Dalton starrte die Frau an, die aus dem Nichts erschien. Das Herz hämmerte in seiner Brust. War das Belladonna?
    Als sie den Kopf drehte und in seine Richtung blickte, fühlte er sich, als sei gerade sein Innerstes entblößt worden. Selbst als sie sich abwandte, fühlte er sich außer Atem und völlig durcheinander.
    »Dalton?«, fragte seine Frau Aldys beunruhigt. »Warum haben wir angehalten?«
    »Wir reiten besser weiter, Hauptmann«, sagte Addison. »Die Kleinen sollten das Urteil des Herzens nicht mit ansehen.«
    »Warum?«, fragte Aldys. »Uns wurde immer erzählt, es sei eine barmherzige Strafe. Und dass niemand erhält, was er nicht verdient.«
    Wenn es wirklich Gerechtigkeit gibt, wird der Mann,  den Koltak betrogen hat, um ihn hierher zu bringen, an den Ort zurückgeschickt, den er Zuhause nennt, dachte Dalton.
    Als er die Zügel aufnahm, sah er plötzlich zwei weitere Personen hinter der Frau auftauchen.
    War der Mann ein Brückenbauer? Waren sie gerade aus einer anderen Landschaft übergetreten? Hatte er genug Zeit, um zu ihnen hinaus zu reiten und sie zu fragen, wohin die Brücke führte?
    »Hauptmann.« Warnend.
    Dalton blickte zurück und sah die Kutschen, die sich über das offene Land bewegten. Zu spät, dachte er bedauernd, nicht sicher, ob er an sich selbst dachte oder an den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher