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Sebastian

Sebastian

Titel: Sebastian
Autoren: Anne Bishop
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unter:  www.annebishop.com
    Titel der amerikanischen Originalausgabe SEBASTIAN
    Deutsche Übersetzung von Kristina Euler
     

SEBASTION

Kapitel Eins
Gegenwart
    Sebastian stand an der Anrichte, schloss die Augen und atmete langsam und tief ein, um den Duft der frisch gemahlenen Kaffeebohnen auszukosten. Besser als eine Frau. Zumindest eine sinnlichere Erfahrung als die letzten Zwei, mit denen er zusammen gewesen war.
    Wenn ein Inkubus sich beim Sex langweilte, war es an der Zeit eine Pause einzulegen - oder über eine andere Art der Arbeit nachzudenken.
    Er schob den Gedanken in jene Ecke seines Geistes, in die er schon so viele unangenehme Erinnerungen gestopft hatte, und konzentrierte sich wieder auf die Anweisungen zum Aufbrühen von Kaffee.
    Wie es wohl wäre, im ersten Licht der Morgendämmerung aufzustehen und in die Küche zu gehen, um Kaffee zu mahlen, während jemand, der einem wirklich etwas bedeutete, sich in die Kissen kuschelte und darauf wartete, mit einer Liebkosung und einem Kuss geweckt zu werden - und mit einer Tasse frisch gebrühtem Kaffee? Wie es wohl wäre, draußen zu stehen und mit einer Tasse in der Hand den Tag erwachen zu sehen?
    Sebastian schüttelte den Kopf. Warum sich selbst Salz in die Wunde reiben, indem man über Dinge nachdachte, die nicht sein konnten? Er lebte im Sündenpfuhl, der aus ein paar überfüllten Wohnblocks und gepflasterten Straßen bestand - ein Ort, der höchstwahrscheinlich einst ein zwielichtiger Teil irgendeiner großen Stadt gewesen war, nichts weiter als ein dunkler Fleck in einer Landschaft des Tageslichts. Doch dann hatte eine Landschafferin die Welt verändert, indem sie diesen Straßenzug zu einer eigenen Landschaft werden ließ, und dies hatte eine andere Lebensart auf den Straßen geweckt, hatte die Tavernen, die Spielhöllen und Bordelle in Orte festlicher Sinnlichkeit verwandelt.
    Aber der Pfuhl war mehr als ein Ort, an dem man menschliche Laster offen genoss, mehr als ein Ort, an dem Menschen, die nicht in die Landschaften des Tageslichts passten und Dämonen wie Inkuben und Sukkuben leben konnten. Er war das Zentrum einer Gruppe dunkler Landschaften, die einige der Dämonenrassen Ephemeras als ihr Eigen beanspruchten. Er war ein Ort, an dem Dämonen einkaufen oder in einer Taverne etwas trinken konnten, ohne angefeindet oder vertrieben zu werden, weil sie nicht menschlich waren.
    Und ebenso war er ein Ort, der in der dunkleren Seite des menschlichen Herzens wurzelte, ein Ort, an dem die Sonne niemals aufging.
    Als er in den Pfuhl kam, war er ein verbitterter Fünfzehnjähriger gewesen. Nachdem er es zwei Jahre zuvor geschafft hatte, der Kontrolle seines Vaters zu entkommen, war er in den Landschaften untergetaucht und hatte ums nackte Überleben gekämpft. Die dunklen menschlichen Landschaften waren sogar für einen Jungen, dessen Dämonennatur das menschliche Blut, das vielleicht noch in seinen Adern floss, überschattete, zu hoffnungslos und Furcht einflößend, aber die Menschen in den Landschaften des Tageslichts wollten nicht, dass etwas wie er unter ihnen lebte und hatten ihn aus einem Dorf nach dem anderen vertrieben, sobald sie herausfanden, dass er ein Inkubus war - und der Hunger nach den Gefühlen, die beim Sex entstanden, war etwas, das sich nicht lange unterdrücken oder verstecken ließ.
    Und so hatte er sich den Pfuhl, als er ihn gefunden, und die dunkle, nervöse, sinnliche Stimmung dieses Ortes gespürt hatte, mit ganzem Herzen zu eigen gemacht.  Endlich hatte er einen Platz gefunden, an dem es ihn nicht zum Außenseiter machte, ein Inkubus zu sein, an dem die nie endende Nacht zu dem passte, wer und was er war - einen Platz, an dem er dazugehören konnte.
    Und er gehörte noch immer hier her. Der Pfuhl war sein Zuhause. Aber jetzt, als Mann, der gerade dreißig geworden war …
    Ich bin der Nacht so überdrüssig.
    Eine plötzliche Sehnsucht nach irgendetwas durchfuhr ihn, erfüllte sein Herz mit Schmerzen und ihn mit einer Not und einem Verlangen von solcher Stärke, dass es ihn taumeln ließ. Er stützte sich auf die Anrichte und wartete darauf, dass das Gefühl vorbeiging. Es ging immer vorbei.
    Aber die Sehnsucht war vorher noch nie so stark gewesen und hatte ihn nie so vollständig erfasst. Egal. Solche Gefühle kamen und gingen - und veränderten nichts.
    Angewidert von sich selbst, weil er nicht mit dem zufrieden war, was er hatte, nahm er eine Tasse vom Holztisch - und ließ sie beinahe fallen, als jemand an die Tür seines
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