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Sebastian

Sebastian

Titel: Sebastian
Autoren: Anne Bishop
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Mann, der in dem verschlossenen Gefängniswagen saß. Zu spät.
    Sein Herz machte einen Sprung.
    »Wir reiten besser weiter, Hauptmann«, sagte Addison.
    Aber er konnte den Blick nicht abwenden. Er sah zu, wie die Kutschen zum Stehen kamen, sah zu, wie der Rat der Zauberer ausstieg, um gegenüber der Landschafferin eine Linie zu bilden, sah zu, wie … War das Koltak, dem jemand von einem Ponywagen half? Das war zu erwarten. Dieses Spektakel hätte sich der Bastard nicht entgehen lassen, selbst wenn er den ganzen Weg von der Halle der Zauberer aus hätte kriechen müssen.
    Der Gefängniswagen fuhr noch ein Stück weiter, bevor er stehen blieb. Eine der Wachen entriegelte die Tür und öffnete sie. Der Mann, bei dessen Gefangennahme er Koltak geholfen hatte, stieg vom Wagen und entfernte sich von Wachen und Zauberern.
    Niemand entkam dem Urteil des Herzens. Jeder wusste das. Man konnte nicht schnell genug laufen, um sich dem Griff einer Landschafferin zu entziehen, die das Urteil des Herzens gesprochen hatte.
    Trotzdem bewunderte er den Mann dafür, dass er aufrecht dastand und der Landschafferin in die Augen sah.
    Und ein ums andere Mal wünschte er sich, er hätte eine andere Entscheidung getroffen.
     Lynnea rang die Hände, bis sie schmerzten. Etwas stimmte nicht mit Sebastian. Stimmte ganz und gar nicht. Sein Gesicht schien wie aus Holz geschnitzt, und in seinen wundervollen grünen Augen lag nichts als Leere. Was hatten diese niederträchtigen Männer ihm angetan?
    Er schien nicht zu bemerken - oder es kümmerte ihn nicht -, dass sie gekommen war, um ihm zu helfen.
    Vielleicht war es ihm egal. Vielleicht hatte er sie nie geliebt. Vielleicht war es falsch gewesen, hierher zu kommen.
    Ihr Mut geriet ins Wanken. Sie schwankte plötzlich, als hätte sich der Boden unter ihren Füßen bewegt. Lee ergriff ihren Arm, um sie zu stützen.
    Sebastian, dachte sie und fühlte einen Stich im Herzen. Sebastian.
     Was hatten sie Sebastian angetan, um sein Herz in so kurzer Zeit in eine Wüste zu verwandeln? Diese Frage stellte sich Glorianna, als sie in seine leeren Augen sah.
    Dann fühlte sie eine Hitzewelle, die geradewegs aus seinem Herz in das ihre fuhr. Ein Herzenswunsch, der so stark war, dass der Boden um sie herum von seiner Macht erzitterte.
    Sie wandte Sebastian und den Zauberern den Rücken zu und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Lynnea.
    »Sein Herz ist düster, verlassen, kalt«, sagte sie und verbannte jegliches Gefühl aus ihrer Stimme. »Wenn das Urteil des Herzens vollstreckt wird, wird er in einer Landschaft enden, die düster, verlassen und kalt ist.«
    »Es ist nicht gerecht«, flüsterte Lynnea. »So ist er nicht. Er verdient mehr als das.«
    »Ephemera wird ihn an den Ort schicken, der die Resonanz seines Herzens trägt. Das kann ich nicht ändern.«  Glorianna wartete, hoffte auf ein Zeichen des Widerstandes, aber Lynnea verließ der Mut. »Doch sein letzter Herzenswunsch galt dir. Er möchte, dass du eine Landschaft findest, in der du dich wirklich zu Hause fühlst. Dass du erhältst, wonach es dein Herz am meisten verlangt. Diesen Wunsch werde ich erfüllen, Lynnea. Ich und Ephemera schenken dir, wonach du dich am meisten sehnst.«
    »Wie soll ich das entscheiden?«, rief Lynnea.
    »Folge deinem Herzen.«
    Bevor Lynnea den Blick senkte und zu Boden schaute, sah Glorianna kurz die Stärke in ihren Augen aufblitzen.
    Glorianna wandte Lynnea und Lee den Rücken zu, ignorierte Lees Protest und entfernte sich ein paar Schritte.
    Höre mich an, Ephemera. Spüre dieses Herz. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf Lynnea, auf die Resonanz, die mit jedem Moment stärker und entschlossener wurde. Schenke diesem Herzen, wonach es sich am meisten sehnt. Und diesem hier ebenso. Jetzt konzentrierte sie sich auf die Resonanz, die Sebastian aussandte. Lass ihn seinem Herzen folgen. Höre auf nichts, außer auf das Innerste seines Herzens.
    Die Resonanz der Macht, die sie in sich trug, wurde stärker, beinahe zu stark, um sie zu kontrollieren.
    Sie blickte den Rat der Zauberer an. Sie starrten zurück, nicht ganz in der Lage, ihre hämische Freude darüber, dass sie sie endlich in Reichweite hatten, zu verbergen.
    Was sie nicht bedacht hatten, war dass sie sich ebenfalls in Reichweite befanden. Denn keine Landschafferin hatte jemals versucht, das Urteil des Herzens über mehr als eine Person gleichzeitig zu sprechen.
    Höre auf alle, die sich in dieser Landschaft befinden,  gebot sie. Finde die Landschaften, die die
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