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Science Fiction aus Deutschland

Science Fiction aus Deutschland

Titel: Science Fiction aus Deutschland
Autoren: Hans Joachim Alpers und Ronald M. Hahn Hrsg.
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Ist ihm denn sein Schicksal so gleichgültig?«
    »Er weiß, was ihn erwartet. Und was ihn erwartet, ist erwünscht. Es wird nebenbei gezeigt, wie er etwas mit einem Unbekannten abspricht. Die Orgonauten werden ihn aus der Klinik holen. Die Eltern und wohl neunundneunzig Prozent des Klinikpersonals wissen das nicht. Das ist der utopische Ausgang der Story, der letztlich denselben Effekt hat, wie ein unkompliziertes Begreiflichmachen der Ansicht, daß kein Fall hoffnungslos ist oder als hoffnungslos angesehen werden soll. Auf diesem Wege bin ich plumpem Moralisieren aus dem Weg gegangen. Spielerisch wird dem Zuschauer begreiflich, daß eine Wiedereingliederung in die bestehende Gesellschaft die einzige Möglichkeit ist zu überleben, nicht an der eigenen Unzufriedenheit zugrunde zu gehen. Denn es existiert nun mal kein Australien der Orgonauten, wohin man fliehen könnte, um dort in Freiheit und Überfluß zu leben. Das weiß am Schluß jeder …«
    »Es gibt aber Länder anderer Gesellschaftsordnung, die Sie dem Publikum dadurch möglicherweise als Alternativen denkbar machen. Nicht wahr, wir verstehen uns doch?«
    »Ich habe daran gedacht. Ich ignoriere ihre Existenz deshalb in dieser Story. Ich vermeide auch sämtliche Voraussetzungen, die zu der Idee führen, diese Staaten könnten die vorhandenen Orgon-Bedürfnisse befriedigen, wie sie ein Teil der Jugend artikuliert.«
    »Nicht wahr? Nur ein Teil der Jugend denkt so metaphysisch orientiert wie Ihr Storyheld. Der andere Teil sieht das Problem ökonomisch. Dem kommen wir so nicht bei. Der will kein Orgon oder so was Ähnliches, der will unsere Wirtschaftsordnung umkrempeln. Aber … wenn der die Story als Aufforderung begreift, rüber zu gehen, dann kann uns das ja nur recht sein, nicht wahr? – Machen Sie weiter.«
     
    »Vater! Till … hat geschrieben.«
    »Ein Brief? Von Till? Gib ihn doch her!
     
    Liebe Eltern.
    Inzwischen ist es ein paar Monate her, seit ich aus der Isolier-Station der O-Klinik verschwunden bin. Ich werde Euch nicht sagen, wie es möglich war und wer mir dabei geholfen hat. Sicher habt Ihr es Euch schon gedacht, daß ich irgendwo untergetaucht bin. Ich bin an einem Ort, wo alles anders ist. Ich bin in Australien. Ich bin bei Freunden, die für mich sorgen. Es geht mir gut. Ich habe soviel Orgon, wie ich haben möchte. Ich habe keinen Orgon-»koller« mehr!
    Ich kehre nicht mehr zurück. Wollt Ihr wissen, weshalb? Elf Wochen bei meinen Freunden haben mich restlos zu ihrer Gemeinschaft, ihren Ansichten, Zielen und Taten bekehrt. Früher war ich ein Einzelgänger. Ich war verklemmt und nicht fähig, mit fremden Leuten in Kontakt zu kommen. Heute hat mich das Leben bei meinen Freunden nicht nur glücklich gemacht, sondern auch befähigt, mit anderen Menschen umzugehen. Ich brauche die Diskussion und Behandlung meiner Probleme in der Gemeinschaft sowie die Aktionen Gleichgesinnter, sich zu befreien suchender Menschen. Ich habe wieder lieben gelernt. Trotz existierender Negativitäten. Denn ich habe erkannt, daß diese Negativitäten ihre Ursachen in der unbewältigten Vergangenheit und Gegenwart haben. Mit Wissen, Zeit, Willen und Tat bewältigt man die Zukunft. Das ist eine Lebensaufgabe. Und das war es, was mir fehlte. Bisher habe ich mehr oder weniger zufrieden dahingelebt, fetzt, nach meinen neuen Erfahrungen und Erkenntnissen, brauche ich eine solche Aufgabe als Lebenszweck, denn sie betrifft mich selbst. Und da uns allen diese Aufgabe vorliegt, ist diese egoistische Angelegenheit eine altruistische. Die Befreiung von persönlichen Übeln ist ein Problem aller, die Lösung dieses Problems ist ein Muß für alle, ist eine Gemeinschaftsaufgabe.
    Früher hatte ich viele phantastische Ideen, fetzt brauche ich sie nicht mehr, jetzt tue ich phantastische Dinge: All das, was ich bisher nicht tun konnte oder durfte. Mein Geist ist durchdrungen von der Philosophie der Revolution, verdorben vom Gedanken an Gewalt, Rache und Zerstörung. Denn ich hasse. Ihr habt mich das Hassen gelehrt. Aber hier habe ich lieben gelernt und Freiheit bekommen. Ich hasse die Heuchler Eurer Welt, die schon die Betten ihrer Kinder zu Gräbern machen. Mein Geist wird hier wieder gesunden, aber den Haß gegen die unmenschlichen Machenschaften einer unmenschlichen Klasse werde ich bewahren. Denn nicht Gott wird sie dafür zur Verantwortung ziehen, sondern ich werde es tun. Wir werden es tun!
    Ihr glaubt, dies ist wieder nur so eine Geschichte? Aber Ihr seid es doch, die
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