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Schwur des Blutes

Titel: Schwur des Blutes
Autoren: Madea Stephanie
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und streckte nur die Hand aus. „Ich bin Samantha Wolters.“
Sams Körper fing nervös an zu kribbeln. Sie wollte Timothy gern einen Gefallen tun, aber er hätte sie ein wenig vorbereiten können. Sie kam sich vor wie ein unwissender Alien, dem die Gepflogenheiten der Menschen nicht bekannt waren. Absolut fehl am Platze. Ihre Hand begann zu zittern.
Der Mann hob den Kopf. Sein dunkles Haar war von weißen Strähnen durchzogen, die ihm ins Gesicht hingen, die matten Augen jedoch nicht verdeckten. Sam riss sich zusammen, eine freundliche Miene beizubehalten und nicht zurückzuweichen, obwohl sich eine innere Abneigung aufbaute. Das Einzige, was sie an Ort und Stelle hielt, war, dass die fremde Person im Rollstuhl ebensolche Angst vor ihr zu haben schien.
Er räusperte sich. „Tut mir leid. Ich bin Randolf Smith.“
Innerlich seufzte Sam auf, trat vor und schüttelte ihm sanft die Hand. Sein Händedruck war lasch, seine Finger kalt. Rasch ließ er die Hände wieder unter der Wolldecke verschwinden, die seine dürren Beine nur teilweise bedeckte.
„Es tut mir leid, ähm, bitte setzen Sie sich doch.“
„Ich hole noch einen Stuhl“, sagte Timothy und verschwand schneller, als Sam hätte irgendwie unauffällig protestieren können.
„Bitte“, forderte Randolf sie nochmals auf und nickte in Richtung des Holzstuhls, der unter einem viereckigen Tisch stand. Ein dickes Buch lag darauf, eine Brille, sonst nichts.
Sam zog den Stuhl vor. Das schabende Geräusch auf dem Linoleum durchschnitt unangenehm die Stille. Sie setzte sich auf die Kante, so weit vorn wie möglich und sah sich um, unsicher, was sie sagen sollte. Auf dem Metallcontainer neben dem ordentlich gemachten Bett stand kein Foto, nur eine Flasche Wasser. Einsamkeit drang aus jeder Pore des kleinen Zimmers, die sie frösteln ließ. Einzig die Bücher gaben dem kargen Raum einen Hauch Leben. „Woher kennen Sie sich?“
Randolf rollte näher heran, faltete die Hände ungeschickt auf dem Schoß, sah sie nicht an. „Nun ja …“
Sam wartete, dann riss ihr der Geduldsfaden. „Bitte, Mr. Smith. Timothy hat mich bestimmt nicht hierher geführt, weil wir momentan nichts anderes …“ Himmel! Sam stand erschrocken über sich selbst auf. Sie war durcheinander, fühlte sich unbehaglich, wünschte sich, hinausstürmen zu können. Weshalb nur? „Es tut mir leid.“ Sam machte Anstalten, zur Tür zu gehen, doch Randolf griff unbeholfen nach ihrem Arm. Die Berührung war fahrig und er hätte sie niemals festhalten können, dennoch blieb Sam stehen. Eiskalte Schauder überliefen sie. Es kostete sie alle Mühe, ruhig zu bleiben.
„Bitte, Ms. Wolters, bitte warten Sie kurz. Ich denke, wenn ich Ihnen alles erzählt habe, werden Sie mich nicht wiedersehen. Bitte.“
In seiner rauen Stimme lag tiefe Verzweiflung. Kaum hatte sie sich wieder auf die Stuhlkante gesetzt, begann er leise mit gesenktem Kopf zu sprechen.
„Ich bitte Sie nur um eines. Bitte hören Sie mir bis zum Ende zu.“ Randolf blickte unsicher auf und erst, als sie nickte, fuhr er fort. „Ich … Gott, wo fange ich nur an? Also, ich bin 38 und querschnittsgelähmt. Ich arbeitete in einer Bücherei, in der ich meine große Liebe kennenlernte, Maria.“
Sam zuckte zusammen. Sie kannte nur eine Frau namens Maria.
„Es war für mich wie ein Wunder, dass diese wunderschöne und liebevolle Frau auch etwas für mich empfand, obwohl ich ein Krüppel bin.“ Er atmete zittrig ein. „Wir verlobten uns und ich dachte, sie liebt mich, so wie ich sie liebe, aber eines Tages verschwand sie plötzlich. Sie meldete sich nicht auf meine Anrufe und wechselte den Arbeitsplatz.“ Mr. Smith hustete, suchte nach Worten. „Ich war … arglos. Ich dachte, sie hätte irgendein Problem, vor dem sie weglief und glaubte, ich könnte ihr helfen.“
Nun gab es eine längere Pause, in der Sam mit klopfendem Herzen auf den Weitergang der Geschichte wartete.
„Ich … ich spionierte ihr nach.“
Sam spürte, wie Randolf mit sich kämpfte. Der ihr bis eben unbekannte Mann rang mit sich und den Worten, um ihr etwas zu erklären und sie ahnte schon was. „Hat es mit meinem Bruder Chris zu tun?“
Randolf sah auf. In seinen matten Augen schimmerte es. Er nickte und seine Stimme klang wieder fester. „Ich entdeckte, dass Maria schwanger war.“ Randolf zeigte auf seine Beine, was ihr wahrscheinlich sagen sollte, dass er keine Kinder zeugen konnte. „Ich bin als Mensch an den Rollstuhl gefesselt. Deshalb entfloh ich so oft es möglich
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