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Schwingen der Lust

Schwingen der Lust

Titel: Schwingen der Lust
Autoren: Riccarda Blake
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Bürobotin spielen oder auch Putzfrau.
    Alles, nur nicht Aurora, Missouri.
    „Einverstanden.“ Sie holte ihre Handtasche vom Beifahrersitz, zog den Schlüssel aus der Zündung und schloss den Wagen ab, obwohl sich außer den Büchern im Kofferraum nichts Wertvolles mehr darin befand.
    „Gehen Sie vor“, sagte sie. Kein Grund, ihre Vorsicht abzulegen. Das hier war eine verdammt verlassene Ecke. Er konnte alles Mögliche im Schilde führen. Vielleicht war er gar nicht mal an ihrem Wagen interessiert oder dem Geld, das sie nicht hatte. Vielleicht hatte er es ja auf sie selbst abgesehen.
    Doch er nickte nur freundlich und ging voran.
    Wieder fiel Maggie auf, wie groß und breitschultrig er war - und wie geschmeidig er sich bewegte. Aber sie beschloss, sich davon jetzt nicht ablenken zu lassen.
    Nach einigen Dutzend Metern bogen sie in eine Straße, die nicht sehr viel einladender aussah als die, aus der sie gerade kamen. Wenigstens funktionierte hier mehr als nur eine Straßenlaterne, und Maggie gestattete es sich, sich ein wenig zu entspannen. Dann endlich sah sie in einiger Entfernung den Pawnshop, die Pfandleihe. Ein kleiner Laden im Erdgeschoss eines heruntergekommenen Fünfstöckers. Die Leuchtreklame flackerte unstet. Die Tür und das einzige Schaufenster waren mit schweren Gittern geschützt.
    „Wie sind Sie mir eigentlich aufs Auto gefallen?“, fragte Maggie.
    „Tollpatschigkeit“, sagte er. „Wäre ihr Wagen nicht gewesen, ich weiß nicht, ob ich den Sturz überlebt hätte. Wohl eher nicht.“
    „Das beantwortet meine Frage nicht“, stellte sie klar.
    „Ich habe eine Immobilie besichtigt, die ich zu kaufen plane“, sagte er. „Und mich dabei dummerweise gegen ein morsches Brett gelehnt, das das Fenster sichern sollte.“
    „Sie haben so spät am Abend noch eine Immobilie besichtigt?“ Sie machte mit ihrem Ton deutlich, dass sie das doch für eher unwahrscheinlich hielt.
    „Ich arbeite am liebsten nachts“, sagte er.
    Irgendetwas stimmte hier nicht. „Ein Wunder, dass Sie nicht verletzt sind.“
    „Ja“, erwiderte er. „Ein Wunder. Wir sind da.“ Er ging voran und hielt ihr die Tür des Ladens auf.
    Der Tresen war ebenfalls noch einmal mit einem Gitter abgesichert. Dahinter stand ein kleiner, hagerer Mann mit dem Gesicht einer Makrele und betrachtete sie argwöhnisch. Maggie würde sich nicht wundern, wenn er unter seinem Verschlag gerade mit einer Schrotflinte oder gar größerem Kaliber auf sie zielte, und ihr wurde ganz flau im Magen. Wo war sie hier nur hineingeraten?
    Der große Fremde grüßte freundlich und legte die fünf Steine auf die Theke vor das kleine Loch im Gitter.
    „Wie viel?“, fragte er den Pfandleiher.
    „Gestohlen?“, fragte der misstrauisch.
    „Nein“, antwortete der Fremde gelassen und schaute seinem Gegenüber fest in die Augen. „Sie gehören mir.“
    Erst dann ließ sich das Makrelengesicht dazu herab, die Steine anzuschauen. Er klemmte sich eine Augenlupe unter die Braue und betrachtete sich einen nach dem anderen im Gegenlicht der Glühbirne, die schräg über ihm hing. Sein Gesicht wurde schlagartig freundlicher. Dann holte er eine winzige Waage hervor und wog sie einzeln.
    „Das sind sehr schöne Stücke“, sagte er dann - jetzt sogar schon beinahe höflich. „Ich zahle Ihnen zwanzig.“
    „Zwanzigtausend?“, fragte der Fremde skeptisch, und Maggie blieb die Puste weg. Die Dinger waren echt - und auch noch so viel wert. Das war mehr als zehnmal so viel wie ihr Wagen gekostet hatte.
    Der Fremde hielt die Hand auf - als Zeichen dafür, dass er die Steine wiederhaben wollte.
    „Zweiundzwanzig“, beeilte sich der Pfandleiher zu sagen.
    Doch der Fremde bewegte sich nicht.
    „Fünfundzwanzig.“
    Maggie hätte beinahe laut gerufen Abgemacht!, aber der Fremde blieb eisern.
    Mit einem nun ganz und gar nicht mehr freundlichen Grummeln und einem beinahe schon feindseligen Blick schob der Pfandleiher die fünf Steine wieder zurück durch das Loch im Gitter.
    Der Fremde nahm sie auf und hielt sie Maggie hin.
    „Bei einem ordentlichen Diamantenhändler erhalten Sie wesentlich mehr dafür.“
    „Verschwinden Sie“, keifte der Pfandleiher. „Ich bin kein verdammter Gutachter. Wenn Sie was verkaufen wollen, verkaufen Sie was. Ansonsten scheren Sie sich zum Teufel.“
    Maggie holte ein Taschentuch hervor, wickelte die Steine ein und steckte sie in die Handtasche.
    „Gehen wir“, sagte der Fremde und hielt ihr die Tür wieder auf.
    Sie betraten die Straße,
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