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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Autoren: Ju Honisch
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zitternd ihr schamrotes Gesicht in Konstanzes Schulter. Diese legte schützend einen Arm um sie.
    „Alles in Ordnung, Clärchen. Beruhige dich.“
    Der Mann verschwand hinter der Tür.
    „Setz dich erst mal wieder. Du bist in Sicherheit.“
    Clarissa fasste nach Konstanzes Hand, die diese aufmunternd drückte.
    „Wer war der Herr?“, fragte sie leise.
    „Ich kenne ihn nicht. Er hat uns geholfen gegen einen … anderen Herrn.“
    „Der andere Herr – der war nicht nett?“
    „Nein. Gar nicht nett. Doch er ist fort und reist nun draußen.“
    „Wohin fahren wir?“
    Gute Frage. Konstanze plante, Passau mit dem Dampfboot zu erreichen. Von dort konnte man die neue Eisenbahn über Straubing nach München nehmen. Dort lebte angeblich Clarissas Tante Maria Therese Hofer. Konstanze war zuversichtlich, dass es ihr gelingen mochte, sie ausfindig zu machen und zu überreden, Clarissa gegen Heribert Thernow zu verteidigen.
    „Wir besuchen deine Tante.“
    „Ich habe sie nie kennengelernt. Ist sie nett?“
    „Ich weiß nicht. Ich kenne sie auch nicht. Aber ich denke, sie ist netter als dein Onkel.“
    Clarissa nickte weise.
    „Das wäre nicht sehr schwierig, Fräulein Vanholst.“
    Konstanze schmunzelte. Clarissa war weder schwachsinnig noch dumm. Zu behaupten, sie wäre besessen, war nur eine besonders ekelhafte Intrige. Sie war nicht besessen. Sie hatte nur ein kleines Konzentrationsproblem.
    Nur war ihr kleines Problem nun zu einem großen geworden. Wäre Clarissas Vater nicht gestorben, ehe er seine Angelegenheiten in Ordnung gebracht hatte, hätte sein Bruder die Erbschaft nicht für sich beanspruchen können, weil seine Nichte nicht nur unmündig, sondern auch beschränkt war. Wäre Clarissas Mutter nicht zwei Tage nach Konstanzes Dienstantritt verschieden, hätte sie ihr mehr über die Familie erzählen können. Versucht hatte sie es. Ihre Worte hatten keinen Sinn ergeben, doch die Intensität und Verzweiflung, mit der sie gesprochen hatte, hatten der neuen Gouvernante klargemacht, dass es etwas Wichtiges gab, das die Mutter ihr unbedingt noch anvertrauen wollte.
    Nur konnte Konstanze mit den Worten „Finden Sie die Vögel“ wirklich nichts anfangen.

Kapitel 2

    D er Großmeister der Münchner Loge Aroria blickte erneut auf den Brief, und ein säuerliches Lächeln glitt über seine Züge. Es war ein alter Brief, aus dem Jahre 1745. Unterschrieben hatte ein „Bruder Georg Thimotheus“. Doch in den Archiven gab es keinen Logenbruder dieses Namens, was bedeutete, dass entweder der Name falsch war oder jener Bruder Georg nie Akolyth, Adept oder Meister des Arkanen der Aroria-Loge gewesen war.
    „Der Briefschreiber könnte raffiniert seine Spuren verwischt haben“, schlug Bruder Valerios vor. Er neigte dazu, die Welt mit saurem Argwohn zu betrachten.
    „Indem er uns einen Brief als Hinweis hinterließ? Wie bei einer Schnitzeljagd?“
    „Hältst du das für unmöglich?“
    „Ein Hinweis, den man über hundert Jahre zu spät findet, ist nicht unbedingt hilfreich.“
    Aroria war als Loge schon seit Jahrhunderten Machtsitz außerordentlich fähiger Magier und Alma Mater für die wenigen, arkan begabten jungen Männer, die dieser Berufung ebenfalls folgen wollten. Geheimhaltung nach außen war dabei oberstes Gebot. Von Heimlichkeiten untereinander hielt man nichts.
    Der Großmeister goss goldbraune Flüssigkeit aus einer Karaffe in zwei Gläser, und ein sanfter Torfduft machte sich in seinem Büro breit.
    „Also wollen wir gar nichts unternehmen?“ Das war eher eine Stichelei.
    „Natürlich unternehmen wir etwas!“, antwortete der Großmeister. „Zumindest müssen wir versuchen, mehr in Erfahrung zu bringen. Das Sammeln von Wissen ist Zielpunkt unseres Wollens.“
    „Schön gesagt. Also – schicken wir jemanden los?“
    „Da ist unser Bruder, den wir eben erst in den ruhmreichen Stand eines Meisters des Arkanen befördert haben. Das wäre doch etwas für ihn!“
    „Doch nicht den jungen Sutton?“ Valerios klang ungehalten wie meist, und der „junge“ Sutton war dem vierzigsten Geburtstag näher als dem dreißigsten.
    „Er scharrt schon mit den Hufen.“
    „Ich würde ihn erst einmal an die Kandare nehmen. Überschwang muss man zügeln, nicht unterstützen.“
    „Ich denke eher, wenn man die Zügel locker lässt, wird er gute Resultate bringen, und hier langweilt er sich zu Tode.“
    „Es heißt, er trinkt zu viel und verlustiert sich mit Weibsvolk.“ Für einen Meister des Arkanen war weder
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