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Schwesterlein, komm tanz mit mir

Schwesterlein, komm tanz mit mir

Titel: Schwesterlein, komm tanz mit mir
Autoren: Mary Higgins Clark
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es nicht. In New York hat er noch eine Wohnung und seine Praxis.»
    Ihr Mann nickte zustimmend. Vince konnte sehen, daß sie die Wahrheit sagten.
    «Sir», sagte Mrs. Hughes schüchtern, «wir arbeiten seit vierzehn Jahren für Dr. Nash. Wenn Miss Scott bei ihm ist, versichere ich Ihnen, daß Sie sich keine Sorgen zu machen brauchen. Dr. Nash kann keiner Fliege etwas zuleide tun.»
    Wie lange hatten sie gesprochen? Darcy wußte es nicht.
    Im Hintergrund spielte leise die Musik.
«Begin the Beguine.»
Wie oft hatte sie ihre Mutter und ihren Vater zu dieser Musik tanzen sehen?
    «Eigentlich waren meine Eltern diejenigen, die mir wirklich das Tanzen beigebracht haben», sagte sie zu Nash.
    «Manchmal legten sie einfach Platten auf und tanzten Foxtrott oder Walzer. Sie können es wirklich gut.»
    Seine Augen schauten noch immer freundlich. Es waren die gleichen Augen, die sie sonst an ihm gesehen hatte.
    Solange er keinen Verdacht schöpfte, daß sie Bescheid wußte, würde er vielleicht mit ihr fortgehen und sie zum Abendessen in sein Haus fahren. Ich muß dafür sorgen, daß er sich weiter mit mir unterhalten will.
    Ihre Mutter hatte immer gesagt: «Darcy, du hast wirklich schauspielerisches Talent. Warum wehrst du dich so dagegen?»
    Wenn ich es habe, dann laß es mich jetzt beweisen, betete sie.
    Ihr ganzes Leben lang hatte sie ihre Eltern darüber diskutieren hören, wie eine Szene zu spielen sei. Sie mußte etwas gelernt haben.
    Ich darf ihn nicht merken lassen, welche Angst ich habe, dachte Darcy. Ich muß meine Nervosität überspielen. Wie würde meine Mutter diese Szene darstellen, eine Frau, die im Haus eines Serienmörders in der Falle sitzt? Mutter würde aufhören, an Erins Ring an ihrem Finger zu denken, und genau das tun, was Darcy auch zu tun versuchte. Sie würde spielen, Michael Nash sei Psychiater und sie eine Patientin, die ihm vertraut.
    Was sagte Michael gerade?
    «Haben Sie bemerkt, Darcy, daß Sie ganz lebhaft werden, wenn Sie sich gestatten, über Ihre Eltern zu sprechen?
    Ich glaube, Sie haben eine erfreulichere Kindheit gehabt, als Ihnen bewußt ist.»
    Immer drängten sich die Leute um sie. Einmal war die Menschenmenge so groß, daß sie die Hand ihrer Mutter verlor.
    «Sagen Sie mir, woran Sie denken, Darcy. Sagen Sie es.
    Lassen Sie es heraus.»
    «Ich hatte solche Angst. Ich konnte sie nicht sehen. In diesem Moment wußte ich, ich haßte …»
    «Was haßten Sie?»
    «Die Menschenmenge. Von ihnen getrennt zu werden …»
    «Das war nicht die Schuld Ihrer Eltern.»
    «Wenn sie nicht so berühmt gewesen wären …»
    «Sie nahmen ihnen diesen Ruhm übel …»
    «Nein.» Es funktionierte. Seine Stimme klang wieder normal. Ich mag nicht darüber reden, dachte sie, aber ich muß. Ich muß aufrichtig zu ihm sein. Das ist meine einzige Chance. Mutter. Vater. Helft mir. Seid für mich hier.
    «Sie sind so weit weg.» Sie wußte nicht, daß sie das laut gesagt hatte.
    «Wer?»
    «Meine Mutter und mein Vater.»
    «Im Augenblick, meinen Sie?»
    «Ja. Sie sind mit ihrem Stück auf Tournee in Australien.»
    «Sie hören sich so verloren an, so verängstigt. Haben Sie Angst, Darcy?»
    Das darf er nicht denken.
«Nein, es tut mir bloß leid, daß ich sie sechs Monate nicht sehen werde.»
    «Glauben Sie, daß Sie sich an dem Tag, an dem Sie damals von ihnen getrennt wurden, zum ersten Mal verlassen fühlten?»
    Am liebsten hätte sie geschrien: «Ich fühle mich jetzt verlassen!» Statt dessen richtete sie ihre Gedanken auf die Vergangenheit. «Ja.»
    «Sie haben gezögert. Warum?»
    «Es gab noch ein anderes Mal. Da war ich sechs. Ich war im Krankenhaus, und sie dachten, ich würde es nicht überleben …» Sie versuchte, ihn nicht anzusehen. Sie hatte Angst, seine Augen würden wieder leer und dunkel werden.
    Sie dachte an die Gestalt aus
«Tausendundeiner Nacht»,
die Geschichten erzählt hatte, um am Leben zu bleiben.
    Ein Gefühl der Hilflosigkeit überschwemmte Chris. Darcy war vor ein paar Tagen in diesem Haus gewesen, und zwar mit dem Mann, der Nan und Erin Kelley und all die anderen Mädchen getötet hatte, und sie würde sein nächstes Opfer sein.
    Sie waren in der Küche, wo Vince offene Telefonleitungen zum FBI und zur Staatspolizei geschaltet hatte. Weitere Helikopter waren unterwegs.
    Nona stand neben Vince und sah aus, als werde sie gleich in Ohnmacht fallen. Die Hughes, verwirrt und erschrocken, saßen Seite an Seite an dem langen Refektoriumstisch. Ein Ortspolizist sprach mit ihnen
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