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Schwester Lise

Schwester Lise

Titel: Schwester Lise
Autoren: Berte Bratt
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werden wir nicht gefragt, was wir verlassen wollen und was nicht. Wenn ich abtreten soll, dann gehe ich eben - aber es wäre mir ein Trost zu wissen, daß meine Arbeit von jemandem fortgesetzt wird, der - nun ja, der würdig ist, sie nach mir zu übernehmen. Sie werden zugeben, Hoek, daß ich ein guter Chirurg bin, nicht wahr? Nun also, wenn ich wüßte, daß Sie und das verflixte Mädel da wollen - “ Brattholms Augen wanderten fragend von Halfdan zu Eirin und wieder zurück.
    „Sie dürfen überzeugt sein“, begann Halfdan, und seine Stimme klang etwas gequält, „daß ich mich freuen würde, wieder ordentliche Arbeitsverhältnisse zu finden und mich der Chirurgie zu widmen. Und hier Oberarzt zu sein scheint mir geradezu ideal. Aber da ist nur das eine, Herr Kollege - ich habe jetzt vier Jahre auf dieses eigensinnige Ding gewartet, und nun will ich heiraten, ehe ich wieder in den Norden fahre - doch, doch, ich muß noch mal hinauf, denn ich habe nur für einen Monat eine Vertretung genommen, und meine Frau will ich mitnehmen.“
    „Das begreife ich als Mensch. Als Arzt bin ich schwer enttäuscht, daß Sie mir meine Operationsschwester wegnehmen wollen. Sie haben ja selbst erlebt, Hoek, wie tüchtig sie ist. Sie hat nicht mit der Wimper gezuckt, als ich schlappmachte, und Ihnen sofort assistiert, hörte ich.“
    Halfdan nickte lächelnd, wurde aber gleich wieder ernst:
    „Stimmt, Herr Dr. Brattholm! Sie ist tüchtig. Deshalb paßt sie auch ausgezeichnet zu mir.“
    „Aber so verstehen Sie doch, daß wir die Sache regeln müssen! Oder wie ist es, Schwester Lise - wollen Sie auf Biegen und Brechen nach Frostviken zurück?“
    „Sie werden es schwerlich nachempfinden können, Herr Oberarzt, aber das möchte ich gern! Ich habe da oben zu viel wiedergutzumachen, denn ich war ein riesengroßer Schafskopf, als ich mich in Frostviken als Sprechstundenhilfe versuchte. Natürlich möchte ich am allerliebsten hierbleiben, zumal wenn ich in meinem Beruf bleiben könnte, auch wenn ich verheiratet bin.“
    „Gut! Es geht also nur darum, eine Vertretung zu beschaffen, bis Ihre Kündigung in Kraft tritt, Hoek. Jetzt gehen Sie mal in mein Sprechzimmer, da finden Sie Papier und Umschläge und Tinte und Feder. Sie kündigen auf der Stelle Ihr Amt da oben in Frostviken, und dann strengen wir unsere weisen Häupter ein bißchen an, um eine Vertretung für Sie zu finden. Wäre doch gelacht, wenn wir nicht einen frischen jungen Arzt auftreiben könnten, der gewillt ist, drei Monate seines Lebens für Geld und gute Worte in Frostviken zu verbringen!“
    Wenn Eirin an diese Wochen zurückdachte, meinte sie, das Glück habe sich plötzlich nur ihr und Halfdan zugewandt.
    Sie entsann sich des langen Gespräches, das sie beide gleich am ersten Abend nach der Operation im Sprechzimmer des Chefs geführt hatten.
    Wie war es nur zugegangen, daß die Gerüchte von der „verdammt hübschen Sprechstundenschwester“ bis zu ihr gedrungen waren? Weshalb hatte Randers nach seiner Frau gefragt? Das waren die Fragen, auf die Eirin zuerst eine Antwort haben wollte. Halfdan lachte.
    „Dir fehlt wahrlich jede Phantasie, liebes Mädchen! Kam es dir denn nicht einen Augenblick in den Sinn, daß du mit der ,verdammt hübschen Sprechstundenschwester’ gemeint sein konntest? Ich war doch stolz auf dich, und wenn ich Briefe schrieb, damals, als du noch in Frostviken warst, dann kann es schon sein, daß ich gern erwähnte, welch eine ausgezeichnete Sprechstundenschwester ich hätte - “
    „Da hast du’s - die Liebe macht blind! Und dabei war ich so ein Dummkopf!“
    „Nicht immer, mein Kind! Du warst manchmal sehr tüchtig. Aber du wirst verstehen, daß ich keine Lust hatte, unsere Unstimmigkeiten in alle Welt hinauszuposaunen: Also habe ich auch nichts Gegenteiliges über meine Sprechstundenhilfe ausgesprochen, nachdem du uns verließest. Und das mit der Heirat, mein Gutes, alle meine Kollegen wußten doch, daß ich mit einem jungen Mädchen zusammen auszog, das ich heiraten wollte! Also lag es doch nahe, daß man annahm, ich sei längst verheiratet. Nicht wahr?“
    Eirin mußte zugeben, daß das alles sehr einleuchtend war.
    „Aber du, Halfdan - erzähl mir nun ein bißchen über - über Schwester Vera.“
    Als Halfdan ihre fragenden Augen und den gespannten Ausdruck in ihrem Gesicht bemerkte, ging ihm plötzlich ein großes Licht auf.
    „Eirin! Eirin! Weißt du noch, was ich an dich schrieb, als du in Trondheim warst?“
    „Ja“, flüsterte
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