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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang
Autoren: Bernard Cornwell
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griff an. Er hätte es nicht tun müssen. Sigefrids Männer konnten Aethelflaed unmöglich an Land bringen, denn der Drachenfahrer von der hereinkommenden Flut an dem halb gesunkenen Seeadler auf Haestens andere Schiffe zugetrieben worden, und ich befürchtete, Haestens Männer würden jeden Augenblick zu uns herüberspringen. Ralla hatte denselben Gedanken und schickte einige meiner Männer zu den vorderen Ruderbänken. » Rudert!«, rief er. » Rudert!« Und Erik griff an. Er wollte die Männer niedermachen, die Aethelflaed jetzt festhielten, und er musste an seinem Bruder vorbei, der düster und zornig auf dem blutbeschmierten Deck hockte. Und ich sah Sigefrid sein Schwert heben und sah Eriks erstaunten Blick, weil sein eigener Bruder die Klinge gegen ihn erhob, und ich hörte Æthelflaeds Schrei, als ihr Geliebter in den Schreckenspender rannte. Sigefrids Miene zeigte keine Regung, weder Wut noch Bedauern. Er hielt das Schwert, während sein Bruder über der Klinge zusammenbrach, und dann, ohne einen Befehl, griffen wir anderen an. Eriks Männer und meine Männer, Schulter an Schulter, begannen wieder mit dem Töten, und ich hielt nur inne, um einen meiner Kämpfer am Arm zu packen. »Lasst Sigefrid am Leben«, befahl ich und wusste nicht einmal, zu wem ich das gesagt hatte. Und dann trug ich Schlangenhauch zum letzten Gemetzel dieses blutigen Morgens.
    Sigefrids Männer starben schnell. Sie waren wenige und wir waren viele. Sie hielten uns kurz stand, begegneten unserem Angriff mit einem geschlossenen Schildwall, doch wir stürmten mit einem Zorn auf sie ein, der aus bitterem Hass geboren war, und Schlangenhauch sang wie eine kreischende Möwe. Ich hatte meinen Schild weggeworfen, wollte nur auf diese Männer einhacken, und mein erster Hieb riss einen Schild herunter und zerschlug einem Mann den Kiefer, und als er schreien wollte, spuckte er nur Blut, und Sihtric trieb ihm eine Klinge in seinen aufgerissenen roten Rachen. Unter unserem Ansturm brach der Schildwall auseinander. Eriks Männer kämpften, um ihren Herrn zu rächen, und meine Männer kämpften um Aethelflaed, die mit über dem Kopf gekreuzten Armen auf dem Boden kauerte, während um sie herum Sigefrids Männer starben. Sie kreischte, schrie so wild und untröstlich wie eine Frau bei der Beerdigung, und vielleicht war es das, was sie überleben ließ, denn bei dieser Schlacht im Heck des Drachenfahrers ürchteten sich die Männer vor ihren grauenvollen Schreien. Das Geräusch war unheimlich, überwältigend, eine Traurigkeit, mit der man die ganze Welt hätte ausfüllen können, und es hielt an, selbst als die Letzten von Sigefrids Männern über Bord gesprungen waren, um unseren Schwertern und Äxten zu entkommen.
    Nur Sigefrid blieb zurück, und der Drachenfahrer auf dem Weg, wurde mit einigen wenigen Rudern gegen die Flut aus dem Flussarm herausgebracht. Ich legte Aethelflaed meinen bluttriefenden Umhang um die Schultern. Das Schiff wurde schneller, als Railas Ruderer ihren Takt gefunden hatten, und als mehr Männer ihre Schilde und Waffen ablegten, die langen Ruder vom Seeadler , sie durch die Ruderlöcher an den Seiten des Drachenfahrers und sich auf die Bänke setzten. »Rudert!«, rief Ralla, als er das in Blut schwimmende Deck entlang zum Steuerruder ging. »Rudert!« Sigefrid blieb zurück, und Sigefrid lebte. Er war auf dem Deck, die nutzlosen Beine unter den Körper gezogen, die Schwerthand leer und mit einer Klinge an der Kehle. Es war Osferth, Alfreds Sohn, der dieses Schwert hielt, und er sah mich unruhig an.
    Sigefrid fluchte und wütete. Der Körper seines Bruders, immer noch die Klinge im Bauch, lag neben ihm. Niedrige Wellen brachen sich an der Spitze Ganingas, als die Flut über den breiten Schlickgürtel rollte.
    Ich baute mich vor Sigefrid auf. Ich starrte auf ihn hinunter, taub für seine Beleidigungen. Ich betrachtete Eriks Leichnam. Er war ein Mann, den ich hätte lieben können, an dessen Seite ich hätte kämpfen können, dem ich wie einem Bruder hätte nahekommen können, und dann sah ich Osferth ins Gesicht, das dem seines Vaters so ähnlich sah. »Ich habe dir einmal erklärt«, sagte ich, »dass man sich kein Ansehen erwirbt, indem man einen Krüppel tötet.«
    »Ja, Herr«, sagte er.
    »Ich habe mich getäuscht«, knurrte ich, »töte ihn.« »Gib mir mein Schwert«, verlangte Sigefrid. Osferth zögerte, während ich meinen Blick wieder auf den Norweger richtete. »Ich werde mein Leben nach dem Tod«, verkündete ich,
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