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Schwerter-Zylus 01 - Schwerter gegen den Tod

Schwerter-Zylus 01 - Schwerter gegen den Tod

Titel: Schwerter-Zylus 01 - Schwerter gegen den Tod
Autoren: Fritz Leiber
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Fellen, die an ein niedriges Holzgestell gebunden waren. Er war bleich und atmete schwer; er schien unter Betäubung zu stehen. Er reagierte nicht, als der Mausling ihn sanft schüttelte und seinen Namen flüsterte, auch nicht, als er wild an der Schulter gerüttelt und angebrüllt wurde. Was den Mausling jedoch am meisten erstaunte, waren die Stoffbandagen, die Fafhrd um Beine, Arme und Brust und Hals gewickelt waren. Sie waren sauber, und als er sie ein Stück abwickelte, zeigten sich keine Wunden darunter. Als Fesseln waren sie anscheinend auch nicht gedacht.
    Und ganz dicht neben Fafhrd – so dicht, daß seine Hand den Griff berührte – lag sein großes Schwert, ohne Scheide.
    Erst in diesem Augenblick entdeckte der Mausling den Führer, der in einer dunklen Ecke hinter der Couch hockte. Er war auf ähnliche Weise bandagiert, doch seine Bandagen waren verhärtet und voller rostroter Flecken, und es ließ sich erkennen, daß er nicht mehr lebte.
    Der Mausling versuchte erneut, Fafhrd zu wecken, doch das Gesicht des großen Mannes blieb eine Marmormaske. Der Mausling hatte das Gefühl, daß Fafhrd gar nicht wirklich anwesend war, und dieses Gefühl machte ihm Angst und ärgerte ihn zugleich.
    Als er über das Rätsel nachdachte, hörte er plötzlich leise Schritte, die die Steintreppe herabkamen. Langsam wanderten sie um den Turm. Das Geräusch schweren Atmens war zu hören, regelmäßig, keuchend. Der Mausling duckte sich hinter die Tische und richtete den Blick auf das schwarze Loch in der Decke, durch das die Treppe verschwand.
    Der Mann, der dort zum Vorschein kam, war alt und klein und gebeugt und entsprach in seiner äußeren Erscheinung dem Durcheinander und der Muffigkeit des Raumes. Er hatte eine Halbglatze; wirres graues Haar umstand seine großen Ohren. Als der Mausling lossprang und ihn mit gezogenem Dolch bedrohte, versuchte er nicht zu fliehen, sondern schien von Angst übermannt zu werden – er zitterte, plapperte unverständliche Laute und zuckte hilflos mit den Armen.
    Der Mausling stieß eine dicke Kerze in das Feuergestell und hielt sie dem alten Mann vor das Gesicht. In seinem ganzen Leben hatte er noch keine so gefühllos dünnen Lippen und keine so schreckgeweiteten Augen gesehen, die wie kleine weiße Bälle hervorstanden.
    Die ersten verständlichen Worte, die zwischen den Lippen hervorkamen, klangen heiser und erstickt; die Stimme eines Mannes, der lange Zeit nicht gesprochen hatte.
    »Du bist tot. Du bist tot!« krächzte er und zeigte mit zitterndem Finger auf den Mausling. »Du hast hier nichts zu suchen. Ich habe dich umgebracht. Weshalb hätte ich sonst den großen Stein so geschickt in der Balance gehalten, daß er bei der leichtesten Berührung kippen mußte? Ich wußte, daß du nicht gekommen bist, weil das Geräusch dich angelockt hat. Du bist gekommen, um mir weh zu tun und deinem Freund zu helfen. Also habe ich dich getötet. Ich sah den Stein fallen, ich sah dich unter dem Stein. Du konntest ihm unmöglich entkommen. Du bist tot.«
    Und er stolperte auf den Mausling zu und berührte ihn mit weit ausholender Bewegung, als könnte er ihn damit zum Verschwinden bringen. Doch als seine Hände festes Fleisch berührten, kreischte er auf und fuhr zurück.
    Der Mausling folgte ihm und machte eine eindeutige Bewegung mit seinem Messer. »Du weißt also, weshalb ich gekommen bin«, sagte er. »Gib mir meinen Freund zurück. Weck ihn.«
    Zu seiner Überraschung wich der alte Mann nicht weiter aus. Es war noch immer vorhanden, doch etwas Neues war hinzugetreten. Das Staunen schwand und machte etwas anderem Platz. Er ging am Mausling vorbei und setzte sich auf einen Stuhl am Tisch.
    »Ich fürchte mich nicht besonders vor dir«, murmelte er und schaute zur Seite. »Aber es gibt Wesen, vor denen ich große Angst habe. Und ich fürchte dich nur, weil du verhindern willst, daß ich mich vor ihnen schütze und die nötigen Maßnahmen treffe.« Seine Stimme bekam etwas Flehendes. »Du darfst mich nicht daran hindern. Das darfst du nicht.«
    Der Mausling runzelte die Stirn. Der entstellende Ausdruck des Entsetzens – und jenes unbekannte andere – auf dem Gesicht des alten Mannes schien dort festgefroren, doch seine seltsamen Worte klangen ganz real.
    »Trotzdem mußt du meinen Freund wecken.«
    Der alte Mann antwortete nicht. Statt dessen starrte er nach einem kurzen Blick auf den Mausling stur an die Wand, schüttelte den Kopf und begann zu sprechen.
    »Ich fürchte dich nicht. Und doch
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