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0434 - Die Mörderspinne

0434 - Die Mörderspinne

Titel: 0434 - Die Mörderspinne
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Ein wütender russischer Fluch ertönte. Zwei Männer schlugen wild um sich. Ein Kamerastativ stürzte mitsamt laufender Filmkamera um. Überall summte und sirrte es, schlugen Tausende kleiner Flügel. Das Brummen und Summen wurde ohrenbetäubend, und es war überall im gesamten Laborraum.
    Fliegen!
    Ein riesiger Schwarm. Mindestens ein halbes Tausend mußte es sein, die von einem Augenblick zum anderen aufgetaucht waren und in dem relativ kleinen Raum umherschwirrten. Sie waren nervös, versuchten hinauszukommen. Aber es gab keinen Ausgang.
    Und Marina lachte!
    »Die findet das auch noch komisch!« brüllte Fedor Martinowitsch Dembowsky wütend. »Die lacht! Job twoju matj!«
    »In Gegenwart junger Damen flucht man nicht«, knurrte Professor Boris Iljitsch Saranow und schlug nach den Fliegen, die sich sein Gesicht als Landeplatz aussuchten. »Und schon gar nicht mit so bösen Ausdrücken. Tschort wos mi!« Marina hatte sich die Elektroden von den Handgelenken und den Kopfring abgezogen und schüttelte sich vor Lachen. Sie schloß die Augen, und als sie sie wieder öffnete, war der Fliegenschwarm verschwunden.
    Nur der Dolch lag noch auf dem Labortisch.
    Die Hände der beiden Männer sanken herab. Finster starrten sie das Medium an; der untersetzte, blonde Dembowsky, den normalerweise kaum etwas aus der Ruhe bringen konnte und den Saranow heute zum erstenmal erlebt hatte, wie er aus der Haut fuhr, und der Zweizentner-Riese, der Dembowsky noch um Kopfeslänge überragte und damit wie ein Koloß wirkte.
    »Ich könnte dieses Biest erwürgen«, murmelte Dembowsky.
    Saranow winkte ab. »Bleiben Sie ruhig, Genosse. Marina, Sie haben zum ersten und zum letzten Mal ein Experiment eigenmächtig verändert, und Sie werden sich auch nicht noch einmal einen solchen Scherz erlauben, den wir beide schon nicht mehr als Scherz empfinden können.« Er deutete auf die umgestürzte Kamera. »Das waren rund zwanzigtausend US-Dollar, die wir jetzt auf den Schrott werfen können. Was glauben Sie eigentlich, wer das alles bezahlen soll?«
    Marina lachte nicht mehr.
    »Tut mir leid, meine Herren«, sagte sie wenig schuldbewußt. »Aber Sie gehen mit einem solchen tierischen Ernst an diese Sache heran, daß ich das Experiment ein wenig auflockern wollte. Himmel, kann denn keiner von Ihnen zwischendurch auch mal lachen oder wenigstens lächeln? Das ist ja alles kaum noch zu ertragen!«
    »Ich verstehe das zwar«, gestand Saranow, »aber Sie sollten nicht vergessen, daß es sich hierbei um ein ernsthaftes Forschungsprojekt handelt. Gut, Sie sind im Streß. Für Sie ist Ihre Fähigkeit völlig normal, weil Sie schon jahrelang damit arbeiten. Für uns aber ist sie absolut neu und unerforscht. Und Sie sollten auch nicht vergessen, daß Ihre Fähigkeit zu einer unendlich großen Gefahr werden kann, falls Sie einmal die Kontrolle über sich verlieren sollten oder jemand Sie unter Druck setzt und Sie zwingt, Ihr Können zu verbrecherischen Zwecken einzusetzen…«
    Sie lächelte. »Wer sollte mich zwingen? Einen Verbrecher, der mich erpressen will, könnte ich doch spielend fortschicken…«
    »…um damit an ihm zur Mörderin zu werden!« platzte es aus Dembowsky heraus.
    »Aber nein!« erwiderte sie verblüfft. »Ich würde ihn doch nur fortschicken! An einen anderen Ort…«
    »Von dem wir nicht wissen, ob es ihn überhaupt gibt! Marina, werden Sie nicht leichtsinnig! Was glauben Sie, warum wir Ihnen nur tote Gegenstände zum Verschwindenlassen geben und keine Versuchstiere, wie es eigentlich von uns verlangt wurde?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe gerade einen Fliegenschwarm auftauchen lassen, nicht wahr? Was glauben Sie wohl, Professor, woher der kam? Aus dem Nichts? Ich kann keine Materie entstehen lassen, die es nicht gibt. Ich kann nur herbeiholen und fortschicken, mehr nicht. Und so, wie ich die Fliegen nicht aus dem Nichts geschaffen habe, sondern von anderswo her holte, wird das, was ich fortschicke, auch nicht vernichtet!«
    »Aber woher kam der Schwarm? Woher der Dolch? Wohin haben Sie die Schale mit den Früchten versetzt?«
    »Ich weiß es doch nicht«, gestand sie. »Sie sind doch die Wissenschaftler. Finden Sie es heraus!«
    Dembowsky seufzte. »Aber das geht nicht, wenn Sie unsere Versuche auf diese Weise sabotieren!«
    »Für heute ist es ohnehin genug«, entschied Saranow. »Feierabend. Sie können sich zurückziehen, Marina. Für den Rest des Tages haben Sie frei und wir das zweifelhafte Vergnügen, eine Erklärung
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