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Schwerter-Zylus 01 - Schwerter gegen den Tod

Schwerter-Zylus 01 - Schwerter gegen den Tod

Titel: Schwerter-Zylus 01 - Schwerter gegen den Tod
Autoren: Fritz Leiber
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der Hand. Die purpurne Farbe der Flüssigkeit entsprach dem Schimmer des getrockneten Rinnsals an Fafhrds Mundwinkel. Wie betäubt zog er den Korken heraus, hob das Gefäß an die Lippen, hielt inne.
    »Schnell! Schnell!« drängte der alte Mann, der vor Ungeduld fast auf der Stelle hüpfte. »Die Hälfte genügt, um dich zu deinem Freund zu bringen. Die Zeit ist knapp. Trink. Trink!«
    Doch der Mausling trank nicht. Plötzlich war eine Ahnung in ihm aufgestiegen, und er starrte den alten Mann über seine erhobene Hand hinweg an. Und der Alte schien diesen Blick sofort richtig zu deuten, denn er griff sich den Dolch vom Buch und stürzte sich mit überraschender Schnelligkeit auf den Mausling.
    Fast fand sein Stoß sein Ziel, doch im letzten Augenblick kam der Mausling wieder zu sich und hieb mit der freien Faust von der Seite gegen die Hand des alten Mannes, so daß der Dolch zu Boden polterte. Mit schneller, vorsichtiger Bewegung setzte der Mausling das Röhrchen auf den Tisch. Der alte Mann huschte hinter ihm her, griff danach, wollte es umstürzen, doch der Mausling umfing mit eisernem Griff sein Handgelenk, zwang ihn zu Boden, riß ihm den Kopf zurück.
    »Ja«, sagte der Mausling. »Ich werde trinken – darum brauchst du keine Angst zu haben. Aber du wirst es mir gleichtun.«
    Der alte Mann stieß einen erstickten Schrei aus und bäumte sich auf. »Nein!« schrie er. »Töte mich! Erstich mich! Aber nicht das Zeug! Nicht das Zeug!« Der Mausling kniete sich auf die Arme des alten Mannes, um sie festzuhalten, und versuchte ihm den Mund zu öffnen. Plötzlich wurde der Alte still und starrte nach oben, eine seltsame Klarheit in den verdrehten Augen mit den stecknadelkopfgroßen Pupillen. »Es ist sinnlos«, sagte er. »Ich wollte dich hereinlegen. Dein Freund hat den letzten Rest des Mittels bekommen. Was du da hast, ist Gift. Wir werden beide elend sterben, und dein Freund wird unwiderruflich verloren sein.«
    Doch als er sah, daß der Mausling sich nicht um seinen Einwand kümmerte, begann er sich wieder wie ein Verrückter zu wehren. Und der Mausling ließ sich nicht beirren. Obwohl er einen tiefen Biß in den Daumen hinnehmen mußte, zwang er den Mund des alten Mannes auf, hielt ihm die Nase zu und schüttete die dicke purpurne Flüssigkeit hinein. Das Gesicht des Alten wurde rot, und die Adern auf seiner Stirn traten hervor. Als er schließlich schlucken mußte, klang es wie ein Todesröcheln. Nun trank der Mausling den Rest – die Flüssigkeit schmeckte salzig wie Blut und hatte einen unangenehmen süßen Geruch – und wartete.
    Widerwille erfüllte ihn. Noch nie hatte er einem Menschen so etwas antun müssen. Fast wäre es ihm lieber gewesen, den alten Mann töten zu können. Sein Gesichtsausdruck hatte eine groteske Ähnlichkeit mit dem Entsetzen eines gefolterten Kindes. Nur dieser Greis, dachte der Mausling, kannte die volle Bedeutung des Heulens, das ihnen noch immer drohend in den Ohren schrillte. Der Mausling ließ ihn fast den Dolch erreichen, auf den er sich mit schwacher Bewegung zuwand. Doch mit dem Gedanken an Fafhrd hielt er den alten Mann schließlich fest.
    Langsam füllte sich der Raum mit einem seltsamen Dunst und begann zu schwanken und gemächlich zu kreisen. Dem Mausling wurde schwindlig. Es war, als ob der Heulton nach und nach die Wände zur Auflösung brächte. Etwas griff nach seinem Körper, versuchte seinen Geist anzutasten. Dann folgte absolute Schwärze, durch ein Pandämonium des Heulens erschüttert.
    Doch dann war überhaupt kein Laut zu hören auf der weiten, fremdartigen Ebene, die plötzlich aus der Schwärze auftauchte. Nur sehen konnte er. Und er spürte eine seltsam durchdringende Kälte. Ein wolkenloses Dämmerlicht ohne ersichtliche Quelle enthüllte in endlosen Erhebungen glattes schwarzes Felsgestein und einen deutlichen Horizont.
    Er war sich eines Wesens bewußt, das neben ihm stand und sich offenbar hinter ihm verstecken wollte. Dann nahm er in einiger Entfernung eine bleiche Gestalt wahr, in der er instinktiv Fafhrd erkannte. Und rings um die schattenhafte Gestalt wirbelte eine Horde schwarzer, schattenhafter Tiere, die vorsprangen und wieder zurückwichen, die die bleiche Menschengestalt bedrängten. Ihre Augen schimmerten heller als das Mondlicht, sie knurrten, ohne daß etwas zu hören war. Das Wesen neben ihm schien sich noch näher heranzuducken. Und schon hastete der Mausling auf seinen Freund zu.
    Das Schattenrudel wandte sich um, und er bereitete sich
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