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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz
Autoren: Ulrich Ritzel
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hätten. Nun sei wirklich ein Gerichtsschreiber der Erpresser gewesen, wird er fragen, wie war noch einmal der Name? Tut mir Leid, der Name sagt mir nichts, aber dass ein Justizbediensteter sich an solchen Intrigen beteiligt, das sei schon sehr bedauerlich, wird er sagen, kein Wunder, dass die Leute kein Vertrauen mehr zur Justiz haben.«
    »Und das wirst du dir anhören?«
    »Das werde ich mir anhören müssen. Und dann werde ich ihm erzählen, dass dieser Gerichtsschreiber umgebracht worden ist. Dass seine Leiche von seinem, Welfs Bootshaus aus im See versenkt worden ist, und dass wir das beweisen können. Dass Taucher nach der Leiche suchen werden. Und dann werde ich ihn fragen, aus welchem Grund wohl Rodek und Judith diesen Hartmut Schreiber umgebracht haben? Warum sie das
Werkzeug kaputtgemacht haben, mit dem sie ihm die Daumenschrauben hätten anlegen können?«
    »Ich nehme an, das wird er nicht beantworten wollen.«
    »Er wird es nicht beantworten können. Ich weiß nicht, wie die Staatsanwaltschaft das sehen wird. Ich weiß auch nicht, was sich Eisholm einfallen lassen wird. Aber der Einzige, der ein Motiv hatte, Sander umbringen zu lassen, war Jörg Welf.«
     
    Der Morgen war klar, die Sonne stieg ungetrübt über dem Donautal hoch, die jungen Frauen schwebten leicht und luftig und verheißungsvoll durch die Straßen, die Cafetiers stellten Stühle und Tische ins Freie, und im Donaufreibad machten sich Arbeiter daran, den Schlamm und das Schwemmholz des Hochwassers von der Liegewiese zu räumen.
    Kommissar Berndorf zog die Jalousie seines Schlafzimmers hoch und schniefte verdrossen durch die verstopfte Nase.
     
    Im Innenhof des Neuen Baus sammelten sich die Beamten, die für eine Hausdurchsuchung eingeteilt waren, um den Anweisungen von Staatsanwalt Desarts zuzuhören.
     
    In einer kleinen Pension in der Ulmer Neustadt packte Vera Vochezer ihr Gepäck. Sie würde am späten Vormittag mit dem Zug nach Stuttgart fahren und sich beim Landesverband Landwirtschaftlicher Absatzgenossenschaften vorstellen, der eine Kontoristin suchte.
     
    In seiner Mansardenwohnung am Karlsplatz legte Antonio Casaroli behutsam die Verbände über die schmerzenden Hautstellen, ehe er sich langsam und mit Mühe anzog. Der Matchsack mit dem, was ihm ein Landsmann vor einigen Tagen aus Italien gebracht hatte, hing griffbereit in der Garderobe. Gestern hatte der Landsmann angerufen und gesagt, die Sache hätte sich erledigt. Der andere würde zahlen. Aber es gibt Dinge, die man nicht bezahlen kann. Nicht mit Geld. Er würde dafür sorgen, dass es auf die richtige Weise geschah.

    Heute war es so weit. Es war ein guter Tag, um es zu tun.
    Auf dem Gelände der Firma Gföllner schraubten Arbeiter eine provisorische Werkhalle aus Fertigteilen zusammen, und der Juniorchef Mark Gföllner war dabei, mit dem Bagger die letzten verkohlten Reste der alten Halle zusammenzuschieben.
     
    Im Atriumhaus hoch über dem Donautal machte Marie-Luise Welf Frühstück, während Georgie sich an sie drückte. Er war noch müde, nachdem er erst nach Mitternacht von der Polizei nach Hause gebracht worden war. Trotzdem hatte er nicht länger schlafen wollen und schien heute besonders anhänglich. Jörg Welf las die Zeitung und trank eine Tasse Tee. Im Radio kamen Regionalnachrichten.
    »Ein glückliches Ende hat die Entführung eines vierjährigen Buben aus Ulm genommen. Das Kind wurde gestern am späten Abend in Langenargen am Bodensee von Polizeibeamten wohlbehalten in einem Bootshaus gefunden. Nach der Entführerin, der 34-jährigen Judith Norden wird weiter gefahndet. Wie die Polizei mitteilt, hat die Frau ein Boot an sich gebracht und ist trotz eines Föhnsturms in Richtung Friedrichshafen entkommen. Bisher fehlt jede Spur von ihr.«
    Marie-Luise war an die Esszimmertür gekommen und dort stehen geblieben. »Hast du das gehört?«, fragte Welf. »Dass diese Frau verrückt ist, wird jetzt ja wohl endlich auch die Polizei begreifen.«
    »Ja?«, fragte Marie-Luise mechanisch.
    »Ich bitte dich!«, sagte Welf. »Jetzt ist es doch klar, woher diese ganzen irrsinnigen Aktionen kommen. Und was damit bezweckt wurde. Diese Frau wollte alles an sich bringen. Und alles aus dem Weg schaffen, was ihr dabei hinderlich war. Geisteskrank ist die doch. Eine Besessene.«
    »Ich weiß nur, dass du es mit ihr gemacht hast«, stellte Marie-Luise fest. »Im Bootshaus. Und dass sie Georgie nicht mitgenommen hätte, wenn zwischen euch nichts gewesen wäre.«

    »Du tust mir
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