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Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente

Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente

Titel: Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente
Autoren: Rita Falk
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rein. Aber nicht etwa wegen dem ganzen Faschingstamtam, |22| sondern vielmehr, weil ich diese Pfefferminz-Orgie aus meinem Hals spülen muss. Ich bestell mir ein Bier.
    »Du bist früh dran. Aber originelle Verkleidung, wirklich, ausgesprochen originell, Franz«, sagt der Wirt, langt mir mein Glas her und fährt dann fort, kilometerlange Luftschlangen im Lokal zu verteilen. Das Bier schmeckt nach Minze. Ich geb’s auf.
    Daheim schnapp ich mir den Ludwig, und wir drehen unsere Runde. Er läuft heute weit vor mir her. Wahrscheinlich kann er mich auch nicht recht riechen. Wegen dem Wahnsinnstempo, das er vorgibt, brauchen wir nur einssechzehn dafür. Das ist eine unserer Bestzeiten. Und das stimmt mich fröhlich.
     
    Wie wir heimkommen, raufen der Papa und die Oma grad um eine Tube Schuhcreme. Weil der Papa nämlich jetzt zum Wolfi will wegen Fasching und darum halt verkleidet ist. Als Bob Marley, wie jedes Jahr. Und die Oma es beim besten Willen nicht einsieht, schon wieder eine Bettwäschegarnitur wegschmeißen zu müssen.
    »Franz, jetzt sag doch du auch einmal was! Er soll sich sein Gesicht nicht wieder so anschmieren, verdammt. Weil er mir jedes Mal mit dem Schmarrn die ganze Wäsche versaut!«
    Ich nehm den beiden die Tube aus den Händen. Die ist quasi beschlagnahmt. Der Papa schüttelt verständnislos seinen Kopf, dass die Rasta-Locken nur so fliegen.
    »Ja, sag einmal, hab ich denn da herinnen gar nix mehr zu sagen? Nimmt mich eigentlich überhaupt noch irgendwer für voll?«
    »Schau dich im Spiegel an. Vielleicht beantwortet das deine Frage«, sag ich und geh dann zum Kühlschrank. Ein neues Bier, ein neuer Versuch. Diesmal schmeckt es schon |23| besser. Deutlich besser. Die Minze auf dem Rückzug, quasi. Ein Segen.
    Der Papa steht jetzt vorm Spiegel.
    Er hat eine Jeans an und ein T-Shirt mit Jamaikaflagge. Und natürlich Rasta-Zöpfe. Bis runter zum Arsch.
    Großartige Verkleidung, wirklich.
    »Großartige Verkleidung, wirklich«, sag ich.
    »Es schaut Scheiße aus mit dem weißen Gesicht«, sagt er brummig.
    »Es schaut wunderbar aus«, sag ich. »Viel besser als mit Schuhcreme. Und der Marley, der war ja auch gar nicht richtig schwarz. Mehr so Mulatt, weißt du. Schmier dich lieber mit Schokolade ein, vielleicht lutschen’s dir dann später die Weiber runter.«
    Jetzt muss ich grinsen.
    Er grinst nicht. Vielmehr macht er ein finsteres Gesicht.
    Ein finsteres weißes Gesicht. Dann schreitet er von dannen.
    »Was ist denn mit dir los? Gehst du nicht rüber zum Wolfi?«, will die Oma jetzt wissen. Ich mach mit Hilfe meiner Hände und dem Kopf das Ich-bin-müde-Zeichen und zieh mich dann in meinen Saustall zurück.
    Der Umbau ist jetzt fast fertig. Vielleicht ein paar Feinheiten noch. So was wie Wände verputzen oder Fenster streichen. Aber das Wesentliche ist getan. Eine Heizung ist drin und ein großartiges Bad. Gut, die Fliesen sind gewöhnungsbedürftig. Erbsengrün und senfgelb im Schachbrettmuster. Ich hab sie jetzt seit einem Jahr, und bisher hab ich mich noch nicht so recht dran gewöhnt. Dafür waren sie billig. Sehr billig sogar. Sie waren so dermaßen billig, dass die Oma den ganzen Restbestand aufgekauft hat. Und damit wurde dann halt mein Bad gefliest. Und der Eingangsbereich. Und die Küche natürlich.
     
    |24| Um drei Uhr in der Früh tönen vom Wohnhaus rüber die Beatles in anzeigepflichtiger Lautstärke. Es ist so unerträglich, dass sogar der Ludwig das Jaulen kriegt. Also muss ich da rüber mitsamt meiner Waffe. Mr.   Rastaman hockt im Kerzenschein auf dem Boden und säuft Rotwein direkt aus der Flasche. ›A hard day’s night‹ tobt aus den Boxen. Zuerst schieß ich ihm die Kerze aus. Dadurch wird es dunkel, aber nicht leiser. Sein Feuerzeug klickt. Er steht jetzt vor mir und schreit mich an. Ich kann ihn aber leider nicht verstehen und zuck mit den Schultern. Er macht das Licht an und stellt die Musik ab. Und jetzt ist es wie im freien Fall. Der Körper kann so schnell gar nicht reagieren. Dem Papa geht es genauso wie mir. Wir schwanken ein bisschen.
    »Wenn du hier noch ein einziges Mal rumschießt, dann werd ich das deinem Vorgesetzten melden«, sagt der Papa und dreht sich einen Joint. Das passt ganz großartig zu seinem Outfit.
    »Und wenn du hier noch ein einziges Mal rumkiffst, dann werd ich das auch meinem Vorgesetzten melden«, sag ich, steck meine Pistole ein und geh wieder rüber.
    Jeden Rosenmontag dasselbe. Immer diese dämlichen Faschingsdepressionen. Weil er nämlich
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