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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman
Autoren: Petra Busch
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Tagen, am Montagabend, war das. Wollte ihre alten Freunde und die Familie treffen. Ich habe zuerst meinen Augen nicht getraut. Dann haben wir uns einfach in den Arm genommen.« Hermann Sommer schluchzte.
    »Wo hat sie die letzten Jahre verbracht?« Aus dem Stall drang das Muhen der Kühe.
    »Sie wohnt in Berlin. Seit damals. Das haben wir erst jetzt erfahren.« Er schluckte. »Wohnte«, flüsterte er.
    »Was hatten Sie jetzt für einen Eindruck von ihr?« Kälte kroch in Ehrlinspiels Ärmel und Kragen.
    »Sie war lebenslustig. Früher jedenfalls. Wir haben gestern Abend noch zusammen gegessen. Da hat sie dann von ihrem neuen Leben erzählt. Jetzt schien sie stiller, aber glücklich.« Sommer liefen Tränen über die Wangen. In der Ferne kläffte ein Hund.
    »Haben Sie sie bei diesem Essen zuletzt gesehen?«
    »Gegen sieben, ja. Ich bin danach gleich nach Hause gegangen. Wir wollten uns ja heute wiedersehen.«
    »Nach Hause? War Elisabeth denn nicht hier bei ihrer Familie, auf dem Hof?«
    Hermann Sommer hob den Blick. Seine Augen glänzten feucht. »Nein, wir haben uns im Gasthaus getroffen. Sie hat in der
Heugabel
gewohnt.«

[home]
3
    A ls er in die Gaststube trat, schlugen ihm dumpfe Wärme und verhaltenes Stimmengewirr entgegen. Jeder Tisch war besetzt, und wie auf Kommando drehten sich all die Köpfe zu ihm um, die eben noch über den Bierkrügen zusammengesteckt hatten. Zahllose Augenpaare fixierten ihn. Es wurde mucksmäuschenstill.
    Da sind sie also, dachte Ehrlinspiel. Aufgescheucht aus ihrer Ruhe. Tuscheln beim Bier über Gerüchte und die Tote und lassen derweil das Vieh vor Hunger auf den Höfen schreien.
    Der Hauptkommissar grüßte in die Runde. Niemand rührte sich.
    Er schlenderte Richtung Tresen, wo ein fetter Mann scheinbar unbeteiligt ein Glas nach dem anderen abtrocknete und über dem Spülbecken auf einem langen Holzregal aufreihte. »Guten Abend, Herr Wirt.«
    Gemurmel erhob sich hinter ihm und ebbte wieder ab.
    Polizeiobermeisterin Monika Evers hatte ihn darauf vorbereitet. Im Dorf sah man Fremde nicht gern. Wer nicht hier lebte, wurde mit Argwohn bedacht. Und wessen Familie nicht seit mindestens drei Generationen hier wirtschaftete, blieb ausgegrenzt. Dass jemand zuzog, kam so gut wie nie vor. Und wenn doch, so war er zu einem einsamen Leben am Rande der Gemeinschaft verurteilt. Ehrlinspiel war nicht nur ein Fremder. Er war mehr als das: ein Polizist. Einer, der nicht bloß durch seine Anwesenheit störte, sondern noch dazu in den Angelegenheiten der Leute herumstocherte. Ein gefährlicher Eindringling.
    Evers hatte angeboten, ihn zu begleiten. Doch er hatte sie angewiesen, mit einem zweiten Beamten vom Polizeiposten, der im Nachbarort lag, von Haus zu Haus zu gehen und erste Fragen an die Bewohner zu stellen. Viele würden sie wohl nicht in ihren vier Wänden antreffen.
    »Ich suche die Frau, die heute mit Polizeiobermeisterin Evers zu Ihnen gekommen ist.« Ehrlinspiel stützte die Arme auf den Tresen.
    Der Wirt betrachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen, nahm einen tropfenden Bierkrug und rieb gelassen mit dem Geschirrtuch darüber.
    »Sie hat die Leiche gefunden. Sie wollte hier auf mich warten«, fuhr Ehrlinspiel fort.
    Der Wirt deutete mit dem Kopf auf eine Tür. »Hockt im Nebenzimmer. War ihr nicht fein genug hier drinnen.«
    Jemand lachte.
    »Bringen Sie uns bitte zwei Tassen Kaffee«, sagte Ehrlinspiel und verschwand im Raum nebenan. Sofort erhob sich hinter der Tür ein gedämpftes Durcheinander.
    »Wurde aber auch langsam Zeit«, herrschte ihn im selben Moment eine Frau an, die am einzigen, großen Tisch saß. »Soll ich in dieser Spelunke vielleicht Wurzeln schlagen?«
    Verdutzt blickte er sie an. Er hatte eine verstörte Zeugin erwartet, noch unter Schock vom Anblick der Leiche, still grübelnd oder sogar schluchzend. Stattdessen fand er sich einer forschen Brünetten mit zerzaustem Pferdeschwanz und Kratzern im Gesicht gegenüber, die ihn aus dunklen Augen fixierte und mit pinklackierten Fingernägeln auf den Tisch trommelte. Das konnte ja heiter werden.
    Die Frau sah auf ihre Armbanduhr. »Halb acht!«
    Ehrlinspiel setzte sich ihr gegenüber und schob fünf leere Kaffeetassen beiseite. Geschirr abzuräumen zählte offenbar nicht zum Service der Kneipe.
    »Grauenhafte Brühe«, sagte sie.
    »Frau Brock, Sie haben eine Tote gefunden. Wie ist es dazu gekommen?«
    Außer ihrem Namen, den Evers ihm genannt hatte, wusste er noch nichts über die Zeugin.
    Sie lehnte sich vor. »Das
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