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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman
Autoren: Petra Busch
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Sektionsärztin und der Präparator waren schon informiert.
    Sie gingen einen zugewachsenen Waldpfad entlang bis zu der Straße, an deren Rand die Polizeifahrzeuge und der Leichenwagen Stoßstange an Stoßstange parkten.
    »Fahren Sie hinter mir her«, sagte die Polizeiobermeisterin, als beide in ihre Dienstwagen stiegen.
    Ehrlinspiels Opel Astra – neuestes Zugeständnis des baden-württembergischen Innenministeriums an seine Kripobeamten – schnurrte leise durch abgeerntete Felder und Weiden. Der Himmel lag wie in Blei gegossen über den Hügeln und schluckte das letzte spärliche Abendlicht. Er schaltete die Freisprechanlage ein und wählte die Nummer der Freiburger Polizeidirektion.
    »Freitag?«, fragte er, als sein Kollege sich meldete.
    »Moritz! Wo steckst du? In einer halben Stunde ist Training.«
    »Am Ende der Welt. Bitte schau doch mal, was du alles über eine Elisabeth Kühn herausfinden kannst. Geburtsname Sommer, wohnhaft in Berlin. Und falls es einen Ehemann gibt, schicke jemanden zu ihm. Sie ist ermordet worden.«
    »Gut.«
    »Nein, überhaupt nicht«, beendete er das Gespräch.
     
    Das Dorf lag in einer Senke, umschlossen von einem weitläufigen Forst auf der einen und Äckern und Obstbaumwiesen auf der anderen Seite. Der Ortskern war wie ausgestorben, und auch zwischen den umliegenden Höfen konnte Ehrlinspiel keine Menschenseele entdecken. Nur ein einsames Mofa knatterte um eine Ecke und verschwand hinter einer Scheune. Merkwürdig, dachte er. Es ist doch genau die Zeit, um geschäftig zwischen Ställen und Heuschobern umherzulaufen, Schweine und Pferde zu füttern und die Kühe zu melken.
    Vor einem großen Bauernhof mit mehreren Gebäuden hielten sie an. Ehrlinspiel hörte das Brüllen des Viehs und sog den vertrauten Geruch von feuchter Ackererde, Kelterobst und Mist ein. Es war eine Ewigkeit her.
    »Der Sommerhof«, erklärte die Polizeiobermeisterin.
    Ehrlinspiel räusperte sich. »Wie heißen Sie gleich noch einmal?«
    »Ich?« Sie lächelte verunsichert. »Monika Evers.«
    »Ist das Ihre erste Leiche?«
    »Ja.«
    »Kennen Sie die Sommers gut?«
    »Die kennt jeder gut. Hermann Sommer, der Bruder der Toten, ist hier Bürgermeister.«
    Noch bevor sie zum Wohnhaus gehen konnten, trat ein muskulöser Mann mit Hakennase aus der Eingangstür. Trotz seines schütteren Haares mochte er höchstens fünfunddreißig sein. Er hatte ein freundliches Gesicht und blaugraue Augen, die ihnen beunruhigt entgegenblickten.
    »Stimmt es?«, fragte er mit erstickter Stimme.
    »Herr Sommer?«
    Der andere nickte.
    »Moritz Ehrlinspiel, Kriminalpolizei Freiburg.« Er zog seinen Dienstausweis hervor.
    »Dann stimmt es also.«
    »Können wir vielleicht reinkommen? Es ist ziemlich kalt hier draußen.«
    »Ich … meine Kinder sind drin und meine Eltern. Und wenn es stimmt …«
    »Wenn was stimmt?«
    »Meine Schwester. Elisabeth. Sie war heute nicht da. Und drüben am Wald ist alles voller Polizei. Die Kinder haben’s mir erzählt. Sie streifen so gern draußen umher. Ich hätte nie gedacht, dass das gefährlich sein könnte. Ich dachte …« Hermann Sommer schien völlig konfus und machte keinerlei Anstalten, die beiden Beamten ins Haus zu bitten.
    »Wann haben Sie Ihre Schwester denn zuletzt gesehen?«
    »Was ist mit ihr? Ist sie verletzt? Oder … ich meine …«
    »Wir haben im Wald die Leiche einer Frau gefunden. Ihr Pass weist sie als Ihre Schwester aus. Auch Doktor Brandt hat sie identifiziert. Es gibt also keinen Zweifel. Es tut mir sehr leid.«
    Hermann Sommer sah erst Ehrlinspiel an, dann Monika Evers. »Nein«, flüsterte er. »Nein.«
    Die Polizeiobermeisterin berührte Hermann Sommers Ellbogen. »Mein Beileid.«
    »Wie … wie ist sie gestorben?«
    Ehrlinspiel zögerte einen Moment lang und fuhr dann fort: »Können Sie mir ein paar erste Fragen beantworten?« Später würde er mit der ganzen Familie reden.
    »Ja … ja sicher. Fragen Sie.«
    »Elisabeth war heute nicht hier?«
    »Unser Vater hat heute Geburtstag. Den Sechzigsten. Wir wollten mit der Familie feiern.«
    Ehrlinspiel musterte den Mann. »Wir wissen, dass Elisabeth vor langer Zeit von hier weggegangen ist. Warum?«
    Hermann Sommer lachte bitter auf. »Ja, warum? Das haben wir uns auch gefragt – jeden verdammten Tag. Fast zehn Jahre lang.«
    »Was wollte sie denn plötzlich wieder hier? Sie ist doch nicht grundlos zurückgekommen?«
    »Sie stand einfach vor der Tür. In der Hand eine Reisetasche. Und hochschwanger. Vor drei
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