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Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi

Titel: Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
Autoren: Anni Buerkl
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werden. Einfach so. Bedingungslos. Sein zu dürfen. Wie man ist.
    Mit Mitleid und Verständnis komme ich hier nicht raus. Nicht
heil. Nicht lebend.
    Es galt zu kämpfen für das Überleben.
    Er oder ich.
    »Sie haben keinerlei Beweise – oder doch?« Lahn stieß
die Frage zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Sein Grinsen war, Berenike
konnte es nicht anders nennen, diabolisch. So verheizte er sein Fußvolk, die
Fangemeinde. Er saugte die Menschen aus, lebte von ihrer Energie.
    Schlagen, sie wollte zuschlagen. Diesen Mund zum Schweigen
bringen. Schmerzhaft spürte sie die Grenzen ihres Körpers.
    »Ich …« Beweise! Man hatte sie im Glauben an den
österreichischen Rechtsstaat erzogen. Die Unschuldsvermutung, die für alle
galt. Auch für Mörder. Ein guter Witz. Davon hatten die Millionen Ermordeten
des Dritten Reichs nichts, ebenso wenig wie die Überlebenden. Ihr Vater, ihr
Großvater, der sich dem Alkohol ergeben hatte. Es gibt kein Happy End, keinen
Ausweg. Auch nicht für Lahn.
    Die Wut kochte neuerlich hoch. Brodelte und drohte
auszubrechen wie ein Vulkan. Sie musste etwas tun. Alles war immer schon auf
diesen Moment hinausgelaufen. Ihr Leben lang. Die Angst im Tunnel und Donners
Attacke damals. Tot sollte er sein, dieser Verführer. Sie musste ein Ende
machen, bevor es einen Anfang gab. Sie spannte jeden Muskel ihres Körpers an
und sprang. Ihre Hände waren Waffen, ihre Stimme Sirenengesang.
    Jetzt gehst du unter. Du. Tot sollst du sein.
    Sie kämpften, verbissen, Blut im Mund, seines, ihres, egal.
Ein Zahn, sie spuckte, darum konnte sie sich später kümmern. Knochen auf
Knochen. Die Welt bestand aus ihr und Lahn. Sie stieß, stieß Lahn immer wieder,
dieses dreckige Bündel Mensch, widerliches Subjekt.
    Kämpfen, töten.
    Er oder ich.
    Sie sprang. Sprang ihm wie eine Katze ins Gesicht, warf sich
auf ihn, ein todbringender Jaguar. Kämpfen, Berenike! Sie kratzte, biss,
schrie.

40
    Lupitscher Tee
    Endlich das
Wasser. Kühle, Schock. Tempo, Berenike! Schneller! Wie gut, dass sie eine
geübte Wassersportlerin war. Ihr machte der See keine Angst. Sie hatte ihn
sogar einmal schwimmend zur Länge durchquert, nicht so schnell wie andere, aber
sie hatte es geschafft. Nur das zählte jetzt. Damals hatte sie allerdings
schützende Neoprenkleidung getragen, keinen meterlang um den Körper gewickelten
Sari.
    Vom Ufer war Blasmusik zu hören, weit weg sah sie Boote mit
Narzissenmotiven. Die Wellen erinnerten sie an die Jacht, von der sie gerade
entkommen war. Sie sah die Bordwand hinter sich. Drehte sich um ihre eigene
Achse. Dann fiel ihr das zweite Geräusch ein, das sie beim Aufkommen im Wasser
gehört hatte. Als ob noch jemand gesprungen war.
    Schwimmen, Berenike! Am besten Richtung Badeplatz am
Kahlseneck, dort konnte sie Hilfe holen. Allerdings musste sie dazu an der
Jacht vorbei. Wieso hatte sie die Falle nicht geahnt? Später, sagte sie sich.
Nachdenken konnte sie später.
    Ungeduldig zerrte Berenike an dem Saristoff, der sie im
Wasser nach unten zog. Sie schälte sich aus dem Kleidungsstück, das rote Textil
trieb wie eine Blüte auf dem Wasser. Ein Anblick, den sie leider nicht genießen
konnte. In kurzer Hose und engem T-Shirt konnte sie sich besser bewegen. Sie
sorgte sich um Ragnhild und Herrn Simon. Der arme Kapitän hatte nicht ahnen
können, worauf er sich einließ. Steckte er gar mit den Kriminellen unter einer
Decke? Und Ragnhild?
    Ein Aufheulen. Der Motor der Jacht. Untertauchen, Berenike,
schnell! Als sie hochkommen musste, um Luft zu holen, drehte das Boot gerade
ab. Schwimmen! Rasch! Sie erkannte ein anderes Wasserfahrzeug, das auf sie
zukam. Vielleicht half ihr dessen Besatzung. Die Jacht zog tatsächlich von
dannen. Vor Erleichterung verlangsamte Berenike ihr Tempo. Plötzlich spürte sie
eine Berührung an ihrem Knöchel. Sie unterdrückte das hochsteigende Kreischen.
Hoffentlich nur eine Schlingpflanze. Doch da war auch ein platschendes Geräusch
hinter ihr. Ihr Bein wurde nach unten gezogen. Sie trat heftig. Es nutzte
nichts. Den Arm hochreißen. Das Boot! Vielleicht bemerkte jemand ihre Not.
Schon tauchte sie unter, Wasser drang in Mund und Nase. Sie strampelte. Trat um
sich. Dann war sie unerwartet frei. Prustend tauchte sie auf. Ein
Wasserschleier vor den Augen. Enten beobachteten sie. Die Wasseroberfläche sah
unbewegt aus. Was versteckte sich nur in diesem Schwarzgrün?
    Stop it, Berenike. Nur keine Panik mitten im See.
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