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Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi

Titel: Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
Autoren: Anni Buerkl
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Schwimmen!
Sie paddelte auf das Boot zu. Es war rot lackiert. Die Wasserrettung, wie
praktisch. Erleichterung. »Können Sie mir helfen, bitte«, stieß sie hervor, als
sie das Wasserfahrzeug erreicht hatte. Sie spuckte und keuchte. Der Hals war
rau.
    Ein blonder Schopf beugte sich zu ihr herunter. »Was ist
passiert?« Eine freundliche männliche Stimme, noch jung. Ein zweiter Mann
lehnte sich über die Bordwand. Vier Arme streckten sich ihr entgegen. Es war
gut, sich anzuhalten. Sie halfen ihr ins Boot. »So, geschafft«, sagte der
Erste. Der Zweite lächelte.
    Berenike ließ sich auf die Sitzfläche an der Seitenwand
fallen. »Danke!« Das Keuchen ließ nach. Die Lungen schmerzten. Wie früher, bei
Schulsportveranstaltungen. An die Grenzen gehen. Immer.
    Einer der Männer reichte ihr eine kratzige graue Decke. Der
andere schraubte an einer Thermoskanne herum. Hielt ihr einen Becher unter die
Nase.
    »Was ist das?« Skeptisch bleiben!
    »Lupitscher. Viel Rum und wenig Tee mit Zucker. Ungefährliche
Droge, wenngleich wirkungsvoll.«
    »Ist Ihnen schlecht geworden?«, wollte sein Kollege wissen.
Er drückte an einem Funkgerät herum. »Habens den See unterschätzt?«
    Berenike rieb sich den Knöchel, eine rote Spur zeichnete
sich auf ihrer Haut ab. Darüber irgendein grünes Zeug, also doch eine
Schlingpflanze. Langsam sickerte das Geschehen auf der Jacht in ihr
Bewusstsein. Sieghard Lahn, in dem arabischen Gewand, wie er sie gewürgt hatte.
»Bringen Sie mich in den Ort, bitte?« Schatten hatten sich über das Wasser
gelegt, ließen es noch dunkler erscheinen. Wolkenberge türmten sich über dem
See, weiß über grau, mehrere Stockwerke hoch. Die Luft bewegte sich nicht, war
feucht, klebrig und heiß. Trotzdem fröstelte Berenike in der nassen Kleidung.
Ein Donnergrollen. Niemand sagte etwas. Einen Moment lang schwieg die
Musikkapelle. Völlige Stille über dem See.

41
    Tee mit Pilzen
    Berenike schlug die Augen auf. Versuchte, die
Augen aufzuschlagen. Es ging nicht. In was für eine Situation war sie jetzt
wieder geraten? Als sie sich mit einer Hand an den Kopf greifen wollte, gelang
auch das nicht. Sie konnte den Arm nicht bewegen. Blind und gefesselt also. Und
keine Ahnung, wo sie war. Damn, das war ja mal wieder super. Die Finsternis war
schwärzer, als sie es je erlebt hatte. Atmen, Berenike, atmen! Nach einer Weile
tauchten Bilder auf. Gerüche. Sieghard Lahn, der sie töten wollte. Die Jacht
mit den angeblichen Rumänen. Die Flucht. Das Wasser. Und dann …
    Jeder Muskel schmerzte, sie zitterte vor Anspannung. Sie riss
an den Fesseln, erfolglos. Sie saß irgendwo, ein Holzsessel knarrte unter ihren
sinnlosen Bewegungen. Die Erinnerung wie Wahnsinn. Ihre Fassungslosigkeit, dass
das Narzissenfest einfach weiterging. Dass der Mann, der ihr das Leben nehmen
wollte, womöglich entkommen hatte können. Dass die Musik weiterspielte und die
Leute sich gut unterhielten. Ohne zu ahnen …
    Ihr schwindelte. Sie musste aufwachen, aufstehen. Wieder
wollte sie blinzeln. Aber alles blieb schwarz. Sie horchte in sich hinein. Man
hatte sie hoffentlich nicht betäubt …
    Ein Geruch nach moderndem Holz kitzelte ihre Nase. Sie hatte
das Bedürfnis, sich zu schnäuzen. Schniefte. Hasste den Rotz in der Nase.
Hasste den, der sie so hier sitzen ließ. Hilflos, blicklos, blind. Wo war jetzt
die Göttin? Zornig suchte sie nach einer Yoga-Übung, die ihr in dieser
Situation helfen konnte. Doch sie fand nur Schwärze im Kopf.
    Immer wieder liefen die Szenen wie ein Film vor ihr ab. Der
Sprung von der Jacht, im roten Sari. Arglos war sie auf das vermeintliche
Rettungsboot zugeschwommen. An einem einsamen Uferstück hatte man sie in ein
Auto gedrängt. Eine alte Kiste, weiß – vielleicht. Sie musste sich
erinnern. Für eine Aussage bei der Polizei, später. Später? Nicht daran denken.
Auf dem Weg vom Boot zu dem Auto hatte jemand sie gestützt. Als wäre sie krank.
Sie hatte die zwei jungen Männer auf dem roten Boot nie zuvor gesehen. Schon im
Wagen hatte ihr einer von ihnen die Augen verbunden. Blind und gefangen hatte
sie den Motor unter ihrem Körper vibrieren gespürt. Hatte die Kurven, die das
Auto nahm, mit jeder Faser gespürt. Hatte Geräusche wahrgenommen und die
Gerüche mehrerer Menschen. Und eine Stimme, eine fremde Stimme. »Schsch, wenn
der Meister …« Geisterstimmen, sphärisch fast.
    Sie war zwischen zwei anderen Körpern auf der Rückbank
gesessen. Hatte
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