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Schwarzes Eis: Der Lebensroman meines Vaters

Schwarzes Eis: Der Lebensroman meines Vaters

Titel: Schwarzes Eis: Der Lebensroman meines Vaters
Autoren: Sergej Lochthofen
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Erzeugnisse. Maschinen, die nicht von vorgestern, sondern von übermorgen sind. Und da kommen Sie ins Spiel: Können Sie das?»
    «Wir schon.»
    «Und was hindert Sie daran?»
    «Alles.»
    «Alles?»
    «Ja, alles.»
    «Klingt verschwommen. Geht es genauer?»
    «Ist das jetzt eine Produktionsberatung?»
    «Nein. Das ist die Kantine, und wir trinken gemeinsam ein Bier. Ganz entspannt. Darf ich Ihnen eine Runde ausgeben? Gut. Also, warum so mutlos?»
    «Mit mutlos hat das nichts zu tun. Wir sind es nur leid, verarscht zu werden. Auf dem Papier ist alles bestens. Ständig werden Beschlüsse gefasst, die das Blaue vom Himmel verkünden. Wissenschaftlich-technischer Fortschritt, Weltniveau, den Westen überholen, ohne einzuholen. Alles Phrasen. Seit Jahren tut sich nichts.»
    «Na, den Westen überholen, das glaubst du doch selbst nicht.»
    «Wieso? Die schlafen doch auch, wenn es um Elektronik geht. Die Amerikaner machen Druck, die Japaner auch, aber die drüben verpassen auch gerade die nächste Entwicklung.»
    «Elektronik? Was ist damit?»
    «Das ist Zukunft. Transistoren, Dioden, künstliche Intelligenz. Automaten statt unserer klapprigen Maschinen. Aber was sage ich, diese ‹Schraubendreher› um uns herum, die begreifen das nie. Da draußen ist gerade etwas im Gange, und wenn wir das nicht packen, können wir bald einpacken. In drei Jahren ist alles vorbei. Erst bleiben die Kunden im Westen aus, später auch die im Osten.»
    «Und Sie sagen, Sie könnten, wenn Sie dürften? Einen neuen elektronischen Fakturierautomaten bauen?»
    «Sicher.»
    «Dann bin ich ja gerade rechtzeitig gekommen.»
    Die fünf schauten den Mann an. Wusste der tatsächlich, wovon er sprach? Oder war er nur einer dieser Funktionäre, die da meinten, auf Parteibeschluss ginge alles? Waggons zusammenschweißen war etwas anderes, als eine Rechenmaschine oder einen Fakturierautomaten zu bauen. Vieles sprach dafür, dass er einer dieser hirnlosen «Politniks» war, ohne einen Funken Sachkenntnis.
    «Wie lange brauchen Sie, bis der erste Automat läuft?»
    «Mindestens ein Jahr.»
    «Ein Jahr? Zu lange. Sechs Monate. Das ist das höchste der Gefühle. Sie sagen doch, Sie hätten schon einiges im Schreibtisch?»
    «Sechs Monate? Das geht auf keinen Fall. Da müssten wir ja Tag und Nacht arbeiten.»
    «Das ist eine gute Idee. Sagen Sie mir, was Sie brauchen, ich garantiere, dass Sie es bekommen. Es soll nicht Ihr Nachteil sein. Wir müssen damit als Erste auf den Markt.»
    «Als Erste? Das wird wohl nichts. Die Partei und der Generaldirektor wollen die Elrema in Karl-Marx-Stadt vorne sehen. Wenn überhaupt Geld da ist, fließt es dorthin. Wir können vielleicht dann ein paar Zusatzgeräte produzieren. Wenn die mitbekommen, dass wir die Ersten sein wollen, machen die Rabatz bis ins Politbüro. Keine Chance.»
    «Das lassen Sie meine Sorge sein. Ich kenne auch den einen oder anderen. Elrema ist an der Sache dran, sagen Sie?»
    «Ja. Das sind zwar ziemliche Pfeifen, aber die kriegen Puderzucker hinten reingeblasen.»
    «Dann haben wir das halbe Jahr nicht.»
    Lorenz schaute in die Runde:
    «Drei Monate müssen genügen!»
    «Das ist unmöglich!»
    Alle am Tisch redeten jetzt durcheinander. Jeder suchte den Werkleiter davon zu überzeugen, dass eine solche Frist völlig absurd sei. Immerhin, der Mann hörte zu, auch wenn die Worte auf ihn offensichtlich keine Wirkung hatten.
    «Es geht nicht!»
    Der Leiter der Entwicklergruppe schob sich mit beiden Händen samt Stuhl vom Tisch weg und starrte den Werkleiter an:
    «Das geht nicht!»
    «Wenn alles klappt, wie Sie es möchten, was für ein Termin wäre dann möglich? Ist ein halbes Jahr Entwicklungszeit denkbar?»
    «Wenn alles gut läuft, ja.»
    «Dann bekommen Sie das auch in drei Monaten hin.»
    Der Werkleiter schaute zufrieden auf die erhitzten Gesichter.
    «Ab sofort sind Sie nur noch mit dem elektronischen Fakturierautomaten betraut, für EFA können Sie kommen und gehen, wann Sie wollen.»
    «Das lässt hier doch keiner zu.»
    «Keine Angst, ich sorge dafür. Wenn Sie lieber in der Nacht arbeiten, weil es ruhiger ist, Ihre Sache.»
    «Da rückt Ihnen die Gewerkschaft auf den Pelz!»
    «Glaub ich nicht. Sehen Sie, dort sitzt der Gewerkschaftsboss. Der weiß, worüber wir reden, und weiß auch, was davon abhängt. Der macht das Wasser nicht trüb.»
    Mit der Flasche prostete Lorenz ihnen zu.
    «Was an zusätzlichen Leuten gebraucht wird, bekommen Sie.»
    «So viele Ingenieure, die sich mit Elektronik
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