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Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)

Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarzes Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Wilde , Roger Smith
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hätte dienen können.
    Der Pfleger packte Juniors Bart, steckte einen gewaltigen Finger in seinen Mund, der beißend nach Pisse, Scheiße und Klinikfraß schmeckte, und schob ihm damit die Kapseln auf die Zunge. Junior drückte sie instinktiv zur Seite, um sie später wieder ausspucken zu können. Die sich langsam auflösenden Pillen waren bitter.
    Der große Mann drehte ihm nun einen Rücken zu, der breit wie der eines Profiwrestlers war. Er löste die Bremsen des Rollstuhls und schob ihn zum Bett hinüber. Für einen Augenblick glaubte Junior, entgegen allen Gesetzen der Schwerkraft schweben zu können. Dann wurde er auf das kühle Leder des Stuhls gesetzt.
    Die Gummireifen quietschten wie Ferkel. Er wurde auf einen niedrigen Flur gerollt, der in seiner Enge an ein U-Boot erinnerte. Der Bauch des Pflegers diente Junior als Kopfkissen, während sie an einem Panoptikum aus taumelnden, verwirrten Menschen vorbeifuhren, wobei sich das Personal nur durch die Uniformen von den Insassen unterschied.
    Der Pfleger brummte jeder weiblichen Mitarbeiterin, der sie begegneten, mit seiner tiefen Bassstimme einen Gruß und verschiedene Komplimente zu. Mehr als einmal antworteten süße Lippen, indem sie den Namen »Alfonso« hauchten.
    Mit jedem Quietschen der Räder wurde Junior stärker, wachsamer, seine Sinne schärfer. Aus dem Tröpfeln der Erinnerungen wurde ein stetiger Strom. Jetzt sah er eine Frau und ein Baby und einen Polizisten vor sich. Jenen Polizisten, der Junior Cotton fünf Jahre, drei Monate, zwei Tage, vier Stunden, siebenundzwanzig Minuten und sechsundfünfzig Sekunden seines Lebens genommen hatte.
    Bis dato.

8
    Als der Wecker klingelte, war Skye höchst erstaunt, dass sie überhaupt hatte einschlafen können. Tatsächlich konnte sie sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so tief geschlafen hatte. Während sie langsam wach wurde, hätte sie sich am liebsten weiter unter der Decke verkrochen, um sich vor der Welt und den blutigen Bildern zu verstecken, die in ihrer Erinnerung explodierten.
    Nichtsdestotrotz stand sie schlaftrunken auf, zog sich einen Morgenmantel über das T-Shirt und die Schlafanzughose, glitt in ein Paar Pantoffeln und tastete reflexartig nach der Brille auf dem Nachttisch. Sie war nicht da. Skye erinnerte sich daran, wie der spitze Schuh des kleinen Mannes die Brille in den Sand gedrückt hatte, und geriet einen Augenblick lang in Panik.
    Sie schloss die Augen und versuchte, sich zu beruhigen. Als sie sie wieder öffnete, hatte ihr der Adrenalinschub einen derart klaren Kopf verschafft, dass sie den Raum so deutlich sah wie nie zuvor. Sie bemerkte die Staubflocken, die in einem Strahl heißen Sonnenlichts tanzten, der durch eine Lücke im Vorhang fiel; das schmale Bett, auf dem die Kuscheltiere lagen, für die sie eigentlich viel zu alt war; die wenigen Kleidungsstücke, die auf einer Stange im Schrank hingen. Und dann blickte sie in den Spiegel auf der Innenseite der Schranktür. Sie stand da wie eine der hässlichen überathletischen Schlampen, die sie in der Schule immer beiseiteschubsten – breitbeinig, kerzengerade und mit lässig herunterhängenden Armen. Sie spürte eine unbekannte Kraft in den Rückenmuskeln.
    Skye ließ die Schultern hängen und beugte die Knie, bis sie wieder das altbekannte Bild bot. Sie ging zu Timmy hinüber, rüttelte ihn sanft wach und zog ihn an, indem sie seine noch müden Arme und Beine wie die Glieder einer Puppe bewegte.
    Als Skye und Timmy in die Küche kamen, stand Gene vor dem Bügelbrett und knöpfte sich sein steifes Uniformhemd zu. Sie konnte einen kurzen Blick auf die gezackte Narbe werfen, die sich wie ein Blitz über die Rippen auf seiner linken Seite schlängelte.
    Gene hatte verschlafen. Es war ihm sehr peinlich, dass sie ihn so sahen. Seit Marybeth hatte es keine Frau mehr in seinem Leben gegeben. Wahrscheinlich war die letzte Frau, die er berührt hatte, auch diejenige gewesen, die ihm die Narbe beigebracht hatte. Seine Rache war fürchterlich gewesen. Noch lange danach wurde gemunkelt, dass der Gerichtsmediziner zwei Leichensäcke gebraucht hatte, um ihre Überreste unterzubringen.
    Skye machte Timmy seine Frühstücksflocken. Beim Essen schnatterte er unaufhörlich vor sich hin. Eine wilde Geschichte von einem Jungen aus seiner Klasse, der mit seinen Eltern an den Ozean gefahren, dort mit Fischen geschwommen und von einer Welle untergetaucht worden war. Timmy hatte den Ozean noch nie gesehen.
    Gene schenkte sich eine zweite Tasse

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