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Schwarzer, Wolf, Skin

Schwarzer, Wolf, Skin

Titel: Schwarzer, Wolf, Skin
Autoren: Marie Hagemann
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lange. »Zuviel Zirkus drum herum bringt nichts. Und sonst eins in die Fresse.«
    Eigentlich steh ich da auch drauf, daß das so läuft. Aber ich kann’s eben nicht so sagen wie Dolf. Er ist der einzige, der den Kopf nicht rasiert hat. Hat sich seine Haare so wachsen lassen wie Adolf. Dunkel sind sie und hängen lang in die Stirn. Übt auch manchmal vorm Spiegel den entschiedenen Blick. Und die Stimme. Die hat echt Ähnlichkeit! Er hat uns auch unsern Bunker besorgt. Über seinen Vater. Der steht voll hinter uns, besorgt uns sogar Fahnen und so was. Hakenkreuzfahnen mein ich natürlich. Oder Labels und Aufkleber: Türken raus oder Deutschland soll deutsch bleiben.
    »Sollen wir nicht hinter denen her?« fragte Andy.
    »Mir reicht’s für heute.« Mir taten die Knochen schon weh genug. Mein Brustkorb fühlte sich immer noch an, als hätte da eine ganze Kompanie draufgekniet. Ich sagte Andy, daß das heute keinen Zweck hätte. Andy war neu bei uns. Erst seit zwei Wochen oder so. Der wollte natürlich zeigen, daß er was machte. War auch schon toft, wie er gerannt ist und die andern geholt hat.
    Andy sah wohl am besten aus von uns allen. Er hatte lange weiche Haare, als er zu uns kam.
    »Entweder die oder ich«, hatte sein Vater gesagt und ihm kurzerhand den Koffer vor die Tür gestellt. Sein Vater ist was Hohes, Vornehmes. Rechtsanwalt. »Hat nie Zeit«, sagte Andy. Eigentlich mochte er ihn. War auch der einzige, der von seinem Vater sprach. Auch wohl der einzige, der so einen Vater hatte. »Bonze«, »Rechtsanwalt«, »mein Alter« – das wechselte, wie er von ihm sprach. »Der läßt aber nur das gelten, was er meint«, sagte Andy. »Sonst biste ‘ne Null – und er behandelt dich auch so. Bis er auf einmal wieder Schuldgefühle kriegt oder so, und dann kommt er angewinselt. Will sich kümmern – für zwei Wochen. Echt Scheiße!«
    Links angehaucht ist er auch noch, sein Vater. »Allein deswegen bin ich schon rechts, aus Prinzip!« sagte Andy.
    Seine Mutter hatte er schon lange nicht mehr gesehen. Er hat in den letzten Jahren bei seinem Vater gelebt. Mit seinem älteren Bruder. Vorher bei seiner Mutter. Der Bruder war wohl unheimlich gut in der Schule. Andy so Mittelklasse. Da hatte er sich neben dem Bruder immer mies gefühlt.
    Andy wohnte jetzt in unserm Bunker. Waren wir alle mit einverstanden, denn dann hatten wir den Neuen auch besser im Griff.
     
     
    Ausländer. Das ist ein Dauerthema bei uns. Im ganzen Land. Ausverkauf haben wir in Deutschland: Asylanten, Kanaken, Straßenbanden. Ordnung muß wieder her. Neger und all das Gesocks gehören aufgeklatscht. Die sind doch selbst schuld, wenn es ihnen so geht. Wir wollen nur Ordnung! Und wir, die Skins, und natürlich auch die Rechten, wir ziehen halt die Konsequenzen und machen was. Und wenn nicht anders, dann mit Gewalt. Sagt Dolf auch immer. Deutschland soll endlich wieder sauber werden. Deutschland den Deutschen! Da kann ich den Reps nur recht geben. Was sollen wir hier mit Negern und Kanaken und all dem Gesocks? Die sollen sich doch ihre Baströckchen schnappen und in Afrika ihre Humbahumbatänze tanzen. Und die Kanaken sowieso. Da juckt mir die Faust in der Tasche, wenn ich so einen seh. Und die machen unsere deutschen Frauen an.
     
     
    Fried stieß mich an. Er hatte noch ein Bier für mich. Das konnte ich jetzt gebrauchen, half mir über den Schmerz weg.
    Fried ist unser Spaßvogel. Er ist schon 21, der Älteste von uns. Er geht noch ‘zur Schule. »Weil ich so dran hänge«, sagt er immer. Er hat, glaube ich, drei Klassen wiederholt. Er will zur Fachhochschule, sagt er. »Ich will bald Kohle machen. Macht auch Spaß«, sagt er. Alles macht ihm Spaß. Wenn ein Lehrer was erklärt, sagt er: »Seh ich nicht ein.« Einfach so aus Jux, und der arme Vogel erklärt noch mal. »Dann könnt ich mich schieflachen«, sagt er. »Meistens hör ich dann gar nicht mehr zu, aber macht einfach Jux, so das dumme Gesicht zu sehen von dem Lehrer und wie er sich dann abplagt.« So oder so, der macht auch bald seinen Abgang von der Schule.
    Dolf ist mal echt wütend geworden, weil Fried seinen Vater auch so hochgenommen hat. Dolfs Vater ist ein echter Rep. Der tut was für uns.
    Eigentlich ist für uns alle die Politik nicht so wichtig. Auch Reden, Diskutieren und Nachdenken nicht. Aber wenn der uns schon den Bunker besorgt, dann können wir uns ja auch ein bißchen anhören, was er so meint. Und in vielem geb ich ihm recht. Auch wenn ich ihm nicht immer zuhöre. Ich
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