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Schwarzer, Wolf, Skin

Schwarzer, Wolf, Skin

Titel: Schwarzer, Wolf, Skin
Autoren: Marie Hagemann
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zugelegt. Jon hieß einfach Cool Jon, und ich hieß Cool Stephen Dädalus, warum weiß keiner, den Namen hatte ich mal gehört und toft gefunden. Und zack, hieß ich so. Dolf nannte sich La Dolf Foucauld. Unsere Anfangsbuchstaben ritzten wir überall rein. Das war stark!
    Alles war gut. Bis zum Winter. Wir hielten zusammen. Waren Kumpels, Kids. Bis die Polizei uns schnappte. Mal hier, mal da. Immer so kleine Sachen. Aber eines kam zum andern.
    Draußen konnten wir jetzt nicht mehr bleiben. In der Laube, die wir geknackt hatten, auch nicht, weil uns die Besitzer die Bullen auf den Hals gehetzt hatten. Wir kriegten Scherereien. Auch Gerichtsverhandlungen. Das steckten wir aber noch locker weg. Das war eben so.
    Danach ging’s zum Bahnhof, und bald waren wir bei den Skins. Erst wollte ich das nicht, aber dann hat’s mir Spaß gemacht: das Aussehen, die Kumpels, die Blicke der Leute.
    Das war fast wie vorher in der Bande, nur daß wir jetzt stärker und auch für jeden sichtbar zusammengehörten. Skins! Aber wir mußten auch mehr die Schnauze halten als vorher, denn bei den Skins herrschen rauhe Sitten. Wenn du anders denkst, kriegst du eine in die Fresse. Das hab ich schnell gerafft. Bei den Skins lästert jeder über jeden. Dann ist Zoff. Du holst dir ein paar blaue Flecken.
    Und danach läuft wieder alles. Fried war jeden Tag besoffen. Dolf war wohl der Brutalste, war ja auch innen völlig verschrammt. Der sprach nicht viel. Der schlug.
    Wo hätte ich sonst hingehen sollen? Mir tat’s gut. Ich hatte keine als die. Und ich langweilte mich sonst. Ich war mal einen Nachmittag zu Hause geblieben, nachdem der Dolf mir eine über die Rübe gezogen hatte. Aber zu Hause war tote Hose. Und nachts immer das Theater mit dem Alten. Also bin ich wieder hin. Und was sollten wir anders machen als Zoff? Das brachte ein bißchen Bewegung in den Alltag.

5
     
     
     
    Dolfs Vater, der alte Motte, hatte uns eingeladen in seine Wohnung. Fand ich nobel. Ob der mit uns den toten Türken feiern wollte? Aber er hatte was viel Besseres: einen neuen Bunker. So schnell! Das haute uns um. Er hatte das schon länger geplant. Sicherheitshalber.
    »Das ist der Bunker, wo ich auch meine Jungs habe«, sagte er stolz. Seine Jungs, das waren Rechte. Aber richtig rechts. Zwei von denen kannte ich sogar. Der alte Motte war echt stark. Auf so einen konnte man stehen.
    Heute abend war wirklich jeder da, der Alte hatte sie alle aufgetrieben. War mehr oder weniger ein lockerer Verbund. Wir sahen uns und dann wieder nicht. Der Alte wollte das straffer. Aber wir wollten nicht.
    Da war also erst der harte Kern: ich, Jon, Andy, Fried, Dolf. Außerdem waren da noch Hotte und Müller, eine blasse Figur, arbeitslos. Und Schneider. Schneider ist Nazi, ganz klar Nazi. Er wollte eigentlich unser Führer sein. Weil er aber mit Dolf immer Krach kriegte und weil Dolf auch den Bunker in seinem Haus hatte, wurde das nichts.
    Schneider hatte die mittlere Reife nicht gepackt. Auch arbeitslos. Wollte ‘ne Ausbildung, ‘ne vernünftige. Er wollte mal viel Moos verdienen, dann ‘ne Frau am Herd und so und ein paar Kinder. Schneider sprach diese Träume offen aus. Fand ich nicht schlecht. Aber ob er das packte?
    Der alte Motte sagte uns immer: Die deutschen Männer werden alle gebraucht. Alle. Und er erzählte von SA und SS. Da brauchte man Kerle wie uns, die wirklich wollten! Gute Aussichten. Dolfs Vater war der einzige, der uns Mut machte. »Und ihr packt ja zu«, sagte er. »Auf euch kann man stolz sein.«
    Wir saßen da also alle um den Tisch herum in der Wohnung. Ein Kasten Bier in der Ecke. Dolfs Alter wußte schon, was wir brauchten. Aber Schnaps gab’s bei ihm nicht. »Saufen, ja«, sagte er, »aber mit Verstand.« Und gesoffen haben wir, vor allem wenn wir wieder mal richtig einen draufmachen wollten.
    Der Alte sagte uns also, er hätte wieder einen Bunker. Und zwar auch unten im Haus. Aber wir müßten jetzt von der anderen Seite rein, von hinten. Da wäre ein völlig zugewachsener Eingang. Von vorne würde das Haus mit Sicherheit beobachtet. Zumindest eine Zeitlang.
    Auch der Alte wußte nicht, wer uns verraten hatte.
    »Das können nur Türken gewesen sein. Und daran sieht man schon, was das für ein Gesocks ist«, sagte Schneider. »Und die Polizei wird denen wieder recht geben und denkt überhaupt nicht an uns Deutsche. Statt daß die Politiker dafür sorgen, daß die Türken rauskommen, holen sie uns immer noch mehr rein. Deutschland ist kein
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