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Schwarzer Valentinstag

Schwarzer Valentinstag

Titel: Schwarzer Valentinstag
Autoren: Günther Bentele
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Mindestens fünf Täter.«
    »Wie heißen sie?«
    »Ich sage dir die Namen erst, wenn wir in Straßburg sind.«
    »Warum?«
    »Damit du sie nicht weißt, wenn du gefragt wirst.«
    »Ich sage sie niemandem.«
    »Sicher, aber du weißt nicht, wie sie fragen können!«
    »Wir wissen nicht, was sie über uns wissen. Wir müssen es herausfinden.«
    »Sie wissen, dass wir die Zahlen kennen. Sie wissen nicht, ob wir noch mehr wissen. Der Schmied hätte am Tag meiner Abreise bei mir sein können, ohne dass sie das gemerkt hätten.«
    Christoph war stehen geblieben, sein Mund war plötzlich trocken: »Vater, wenn sie dich schon wegen der Zahlen und auf Verdacht hin, dass du mehr weißt, umgebracht hätten, dich schon zum Tode verurteilen ließen, uns beide aus der Stadt ausgewiesen haben und wir leben – aber dann – dann – «
    Der Vater lehnte sich an einen dürren Baum: »Ich wollte dich schonen, aber du musst es aushalten. Unser Leben ist immer noch in allergrößter Gefahr.«
    Die großen Handelsstraßen führten über Pforzheim oder Horb in das Rheintal und dort nach Straßburg. Beide waren zu gefährlich. Sie mussten auf heimlichen Pfaden über den Schwarzwald gehen.
     
     
    Er merkte, wie die Schultern langsam steif wurden. Beide Schultern waren bei der Folter ausgerenkt worden, zwar hatte sie ihm einer der Henkersknechte mit groben Griffen wieder eingerenkt, aber er konnte die Arme kaum bewegen. Und das wurde von Tag zu Tag schlimmer, bald würde er nur noch die Unterarme bewegen können.
    Schon beim sechsten Grad hatte er gestanden. Die Last, die sie ihm an die Füße gehängt hatten, war entsetzlich. Er war ohnmächtig geworden, und als er wieder zu sich kam, mit Höllenqualen in den Schultern, nass und frierend auf dem Steinboden liegend –offenbar hatte man einen Eimer mit kaltem Wasser über ihn gegossen –, und der siebte Grad angekündigt wurde, da hatte er gestanden.
    Es war von vornherein sinnlos gewesen, nicht zu gestehen. Sie hatten die Gewichte bei ihm gefunden! Es war der Waagemeister selbst, der gegen ihn aussagte. Der Waagemeister war ein Mann von untadeligem Ruf. Zudem wusste in Stuttgart jeder, dass er der Familie Schimmelfeldt viel zu verdanken hatte: Wenn gerade der Waagemeister gegen ihn aussagte, so musste jeder Heinrich Schimmelfeldt für schuldig halten. Der Betrug war mit großer List angelegt worden.
    Nach Tagen einer Betäubung, die ihn eingehüllt hatte wie eine Binde, schien er langsam zu erwachen. Er erinnerte sich kaum an den ersten Tag nach der Verurteilung. Es war wie eine lange und grauenvolle Nacht gewesen. Jetzt war er erwacht. Da war sein Sohn, der ebenfalls zum Bettler geworden war. Aber sein Sohn war der einzige Mensch, der ihm glaubte, dass er unschuldig war. Er sah ihn an: einen aufgeschossenen Jungen, mager und sehnig. Das Gesicht schien eher zart, aber er wusste, dass er kräftiger und zäher sein konnte, als es den Anschein hatte. Er sah seiner Mutter sehr ähnlich. Er hatte die üppigen, dicken schwarzen Haare seiner Mutter und ihre blauen Augen. Sie waren bei ihm etwas wässeriger als bei ihr, aber es waren die Augen von Heinrich Schimmelfeldts Frau,die ihn ansahen, wenn der Junge zu ihm aufblickte.
    Er hatte den Blick des Jungen noch vor Augen, als er ihm von der Möglichkeit einer Rückkehr nach Stuttgart gesagt hatte – voller Vertrauen und gleichzeitig voller Angst! Christoph war etwas verwöhnt, das wusste er. Vor allem nach dem Tod der Mutter hatte er dem Jungen zu oft nachgegeben. Er hatte nicht unbedingt den starken Willen des Vaters, aber der glaubte zu wissen, dass Christoph durchhalten konnte, wenn es darauf ankam. Der Junge sollte wieder lachen können. Und sie würden gemeinsam das Geschäft wieder aufbauen, wie es vorher gewesen war!
    Nur als Bettler hatten sie eine Chance. Als Bettler erkannte ihn vielleicht niemand, er konnte sich umhören: Er kannte die Namen, nach denen er fragen musste. Er konnte seine Gegner heimlich beobachten.
    Die drei Zahlen sagten ihm nichts und im Gegensatz zu Christoph hielt er es für völlig sinnlos, über ihre Bedeutung zu grübeln. Christoph war voller Hoffnung, es herauszufinden, und sprach fast über nichts anderes. Er war so eifrig, wenn er darüber sprach. Seine Augen glänzten dann. Es war schön zu hören und zugleich schmerzlich.
    Was für Motive konnten die Kaufleute haben, einen Konkurrenten umzubringen? Es ging hart zu im Geschäftsleben. Aber es gab unter Kaufleuten eine Grenze, die niemand überschritt. Ja,
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