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Schwarze Schmetterlinge

Schwarze Schmetterlinge

Titel: Schwarze Schmetterlinge
Autoren: Anna Jansson
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während er ihr provozierende Blicke zuwarf. Erika hatte ihren Witwer gefunden und saß mit ihm in einer Ecke. Hartman und Ek standen an der Bar, und Himberg hatte den Kopf an die Wand gelehnt und schlief mit offenem Mund seinen Rausch aus.
    Angesichts dieses Szenarios gab es keinen Grund, noch länger zu bleiben. Maria ging auf den Parkplatz. Das Auto war schneebedeckt, und sie musste den Feger rausholen. In der Stunde, die sie im Tanzlokal verbracht hatte, mussten mindestens zehn Zentimeter gefallen sein. Sie setzte sich in ihr eiskaltes Auto und startete. Sehnte sich nach ihren Kindern. Die Tränen ließen sich nicht mehr zurückhalten. Wenn dies ein gewöhnlicher Abend gewesen wäre, dann würde sie jetzt zu ihren schlafenden Lieblingen nach Hause kommen. Sie würde sich über sie beugen und an ihnen schnuppern.
    Jetzt aber waren sie Gefangene von Gudrun Wern. Krister war dran, das hatten sie vereinbart, und Maria konnte sie nicht holen, obwohl sie sich wie verrückt nach ihnen sehnte und wusste, dass sie eigentlich gar nicht bei ihrer Großmutter sein wollten. War die Scheidung diesen Preis wert? Dass sie die eigenen Kinder nur die Hälfte der Zeit bei sich haben konnte? Dass fremde Menschen sich die elterliche Verantwortung aneigneten und Beschlüsse fassten, die die Kinder betrafen, wie Ninni mit den Ohrringen? Was würde noch alles passieren? Aber was wäre die Alternative gewesen? Die nächsten zehn Jahre mit Krister Wern zu verbringen. War das wirklich so unmöglich?
    Maria merkte, dass sie die Kurve nach dem Kreisel zu schnell und zu eng nahm. In diesem Zustand war sie keine gute Autofahrerin. Unten an der Küste herrschte dichter Nebel. Die schwarzen Baumstämme offenbarten sich in Sekundenschnelle im Licht der Scheinwerfer und verschwanden dann wieder. Die blauen Schilder, die den Weg zu den Fischerhütten wiesen, waren im Nebel verborgen, und die Abbiegung konnte man gar nicht mehr sehen. Das Auto kroch langsam vorwärts und bahnte sich einen Weg durch die Landschaft. Maria merkte bald, dass sie zu weit gefahren war. Sie stieg aus und ging mithilfe ihrer Taschenlampe sicher hundert Meter zurück, bis sie den nicht geräumten Weg zu ihrem Haus fand.
    Als sie aus dem Auto stieg, hatte sie das Gefühl, als würde die Stille ihr die Ohren schließen. Das Geräusch von den eigenen Schritten im weichen Schnee, ihr Herzschlag und ihr Atem waren alles, was in der Nacht zu hören war. Das Meer lag ruhig da. Nicht einmal der Wind spielte in den Baumkronen. Der Nebel legte sich kalt und sanft um ihre geröteten Wangen. Im Nachbargarten waren die Lichter ausgeschaltet. Das gelbe Haus glich mehr einem Spukschloss als einer menschlichen Wohnstatt. Sie fühlte sich alleingelassen wie noch nie in ihrem Leben.
    Ihre Nachbarin Karin hatte ihren Mann und die kleine Emilia. Erika war vermutlich gerade mit ihrem Witwer zugange, Mutter und Vater lebten in Uppsala, und Per Arvidsson stand auch nicht mehr als guter Freund zur Verfügung.
    Die Treppe war spiegelglatt unter den Schuhsohlen. Maria nestelte den Schlüssel heraus und musste wieder die Taschenlampe aus der Tasche ziehen, um aufschließen zu können. Als sie ihre Jacke im Flur aufgehängt hatte und ihre Brieftasche herausholen wollte, fiel eine Karte auf den Fußboden. Maria beugte sich herab und hob sie auf. Dann eilte sie durch den Flur, um nachzuprüfen, ob die Tür auch anständig verschlossen war. Ihr Herz schlug schneller. Die Luft wurde knapp. Sie hielt die Tarotkarte in der Hand und drehte sie langsam um.

45
    Wie die Flamme in einem Staffellauf von Mann zu Mann weitergereicht wird, so werden Gedanken und Ideen von Generation zu Generation weitergegeben. Aus den Opferfeuern wurde der Vogel Phönix immer wieder von Neuem geboren, in neuer Gestalt aus demselben Stoff. Sind wir klüger geworden?
    Pyret zündete sich eine Zigarette an und betrachtete ihre eingerissenen Fingernägel. Jemanden von diesem Erdenleben zu befreien, ehe sich Umweltkatastrophen, Hungersnöte und Kriege auch im sicheren Norden breitgemacht hatten, war an sich keine böse Tat. Was passiert denn, wenn das Grundwasser in den USA zu Ende geht? Wer wird das nächste mächtige Gift erfinden, mit dem sich die Reichen die Nase pudern können? Welche Chemikalien im Essen werden die nächste Welle an Krebserkrankungen verursachen?
    Wenn die Welt in ein reinigendes Feuer getaucht würde, eine neue Sintflut aus schwarzem Rauch, und das Leben im Reich des Feuers noch einmal ganz von vorn beginnen
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