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Schwarzbuch ÖBB

Titel: Schwarzbuch ÖBB
Autoren: Weiss Hans
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Mödling über Wien nach Gänserndorf
    In Wien Floridsdorf bemerkte der Lokführer vier Personen, die aus einem abgestellten Triebwagen sprangen und quer über das Gleis flüchteten. Er gab durchgehend das Signal »Achtung«. Einer der vier stürzte und konnte sich im allerletzten Moment à la Jackie Chan aus dem Gleis rollen. Der Lokführer verständigte die Betriebsführung und setzte mit deren Erlaubnis seine Fahrt fort.
30. Mai 2013, 06:30 Uhr;
Regionalexpress ( REX ) von Győr in Ungarn nach Wien
    Bei Übernahme des Zuges fiel dem Lokführer auf, dass die Schleifleisten des Stromabnehmers nicht mehr funktionierten und der Zug deshalb nicht mehr fahrtauglich war. Zu diesem Zeitpunkt war der Zug schon von Fahrgästen besetzt. Die Räumung des Zuges war schwierig, denn im WC hatten sich zwei Burschen eingeschlossen, die übereinander lagen und weder auf Anreden noch Anstupsen reagierten. Sie konnten nur mit Hilfe von Sicherheitspersonal entfernt werden.
Vermischte Meldungen
4. Mai 2013, 19:30 Uhr;
Güterzug Nr. 49692, Gloggnitz
    Am Bahnhof Gloggnitz brach ein Fahrdienstleiter laut Lokführer ohne für ihn erkennbaren Grund bei der Übernahme eines Güterzuges einen Streit vom Zaun, habe ihn beleidigt und sei sogar handgreiflich geworden.
20. Mai 2013, 21:00 Uhr; IC von Wien Westbahnhof über Linz, Salzburg und Bischofshofen nach Saalfelden
    Aus Unachtsamkeit passierte dem Lokführer ein Missgeschick. Er vergaß, den Zug in Vöcklabruck anzuhalten. In Absprache mit der Disposition hielt er außerplanmäßig am nächsten Bahnhof Vöcklamarkt.
24. Mai 2013, 00:00 Uhr;
Innsbruck Hauptbahnhof
    Ein nichtrauchender Lokführer ärgerte sich über seine rauchenden Kollegen. In einer Meldung an seine Vorgesetzten schrieb er, dass er nichts gegen Raucher habe, und fragte, warum ihm die ÖBB keinen rauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Er sei es leid, immer wieder total verrauchte Lok-Führerstände betreten zu müssen. Beim nächsten Mal, kündigte er an, werde er zunächst zehn Minuten lüften und dann halt mit Verspätung abfahren.
Was sagt ÖBB-Generaldirektor Christian Kern zu diesen Meldungen?
    Ich habe ÖBB -Generaldirektor Christian Kern per E-Mail gefragt, ob er Kenntnis von diesen Lokführer-Meldungen hat. Die Pressesprecherin des ÖBB -Konzerns übermittelte folgende Antwort – mit dem Hinweis, dies unter dem Titel » ÖBB « zu zitieren:

    »Unsere Triebfahrzeugführer schreiben über ihr TIM -Notebook Meldungen über Vorkommnisse mit Reisenden, Ladegut, Auffälligkeiten auf der Strecke oder Störungen an Lok und Waggons usw.
    Diese elektronischen Meldungen ergehen an unsere Mitarbeiter des Qualitätsmanagements und werden direkt bearbeitet beziehungsweise werden an die jeweiligen Experten weitergeleitet. Auswertungen über Ursache, wie oft, wo, wann … werden durchgeführt.
    Die Zugbegleitermeldungen werden in der Produktion von der Disposition bearbeitet. Beispiel: Zugbegleiter meldet abgesperrte Tür, unser Management koordiniert den Zulauf in die Werkstätte.«

    Ich habe Generaldirektor Christian Kern auch gefragt, ob ihm bekannt sei, dass der 0:0-Betrieb – also der Betrieb ohne Zugbegleiter – nach Aussagen von Lokführern nur mangelhaft funktioniert und sehr häufig nicht betrieben werden kann, weil technische Mängel vorliegen. Außerdem habe ich ihm die Frage gestellt, ob es eine ÖBB -interne Statistik gibt, wie häufig solche Fehler auftreten.
    Ich habe darauf nur ausweichende Antworten erhalten.
    Würden die ÖBB die Lokführer-Meldungen ernst nehmen und auswerten, wüssten sie, dass solche Fehler beispielsweise im Mai 2013 rund 250 Mal auftraten (siehe dazu auch »Züge ohne Zugbegleiter« ).
    Auf meine konkrete Frage, ob Generaldirektor Christian Kern persönlich Kenntnis von diesen Lokführer-Meldungen hat, habe ich keine Antwort erhalten. Spätestens dann, wenn dieses Buch erscheint, wird er wohl nicht mehr darum herumkommen, diese zu lesen.

Über den Autor
    Hans Weiss, Studium der Psychologie und Medizinsoziologie in Innsbruck, Wien, Cambridge und London. Seit 1980 freier Journalist und mBuchautor in Wien, vor allem bekannt für seine Wallraffiaden sowie Bestseller wie Bittere Pillen (aktuelle Ausgabe 2011), Schwarzbuch Markenfirmen – Die Machenschaften der Weltkonzerne ( TB 2010), Korrupte Medizin ( TB 2010), Schwarzbuch Landwirtschaft (2010), Schönheit. Die Versprechen der Beauty-Industrie – Nutzen, Risiken, Kosten (2011) und Tatort Kinderheim. Ein Untersuchungsbericht
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