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Schwarzbuch ÖBB

Titel: Schwarzbuch ÖBB
Autoren: Weiss Hans
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Amstetten, Melk und St. Pölten nach Wien Westbahnhof
    Aus unerklärlichem Grund wurde nach der Abfahrt von St. Valentin zweimal eine Zwangsbremsung eingeleitet, die nicht mit dem Pedal der Sicherheits-Fahrschaltung ( SIFA ) unterbrochen werden konnte. Deshalb kam es jedes Mal zum Stillstand. Zur Weiterfahrt wurde in Abstimmung mit dem Vorgesetzten der Zugbegleiter als SIFA -Beimann eingesetzt. Das Fahrzeug war am selben Tag bereits zweimal wegen desselben Fehlers in der Werkstatt gewesen und als »repariert« gemeldet worden.
27. Mai 2013, 09:00 Uhr; Regionalexpress ( REX ) von České Velenice in Tschechien über Gmünd und Tulln nach Wien Franz-Josefs-Bahnhof
    Während der Fahrt wurde die Steuerleitung zwischen Triebfahrzeug und Steuerwagen etwa vierzigmal unterbrochen – was eine ruckartige Fahrweise und letztlich Verspätungen verursachte. Im Reparaturbuch stand, dass dieses Problem bereits seit März immer wieder auftritt und bekannt ist.

27. Mai 2013, 10:30 Uhr;
S50 von Wien Westbahnhof über Purkersdorf nach Tullnerbach-Pressbaum
    Auf der Fahrt fiel in Wien Hadersdorf der Scheibenwischer aus. Der Lokführer entnahm dem Reparaturbuch, dass vor ihm bereits zwei Kollegen dieselbe Störung eingetragen hatten, am 14. Mai und am 25. Mai. Rechtfertigung der Werkstätte: Man habe das Ersatzteil nicht auf Lager! Der Lokführer vermerkte in der Meldung, dass so ein Zug aus Sicherheitsgründen gar nicht fahren dürfte.
31. Mai 2013, 15:00 Uhr;
Regionalzug von Kirchdorf/Krems über Traun nach Linz
    Dieser Zug hat am Bahnhof Neuhofen/Krems zwei Minuten Aufenthalt, weil er sich mit dem Regionalzug kreuzt, der von Linz nach Liezen fährt. Nach der planmäßigen Abfahrt sah der Lokführer mit Erschrecken, dass zwei junge Mädchen kurz vor seinem Zug den Übergang benutzten – trotz Warntafeln am Bahnsteig und trotz des Signals »Achtung«. Eines der Mädchen stolperte und fiel auf die Gleise. Der Lokführer leitete sofort eine Schnellbremsung ein und konnte den Zug durch seine schnelle Reaktion gerade noch zum Stehen bringen. Beinahe hätte er die beiden Mädchen überfahren. Der Schreck saß ihm so tief in den Gliedern, dass er sich sofort krankschreiben ließ. Seinen Vorgesetzten teilte er mit, dass er in Zukunft bei diesem Übergang keinen Zug mehr in Bewegung setzen werde, bevor nicht alle Reisenden des Gegenzugs den Bahnsteig verlassen haben – auch wenn sein Zug sich dadurch verspäte.

Züge ohne Zugbegleiter
(in der ÖBB-Sprache als 0:0-Verkehr bezeichnet)
    Seit einigen Jahren versuchen die ÖBB vehement, Personal einzusparen. Das trifft vor allem auch Zugbegleiter im Nah- und Regionalverkehr. Wenn Züge nur mit Lokführer, aber ohne Zugbegleiter fahren, nennt man das ÖBB -intern 0:0-Betrieb. Das bedeutet, dass es in Notsituationen für die Fahrgäste nur noch den Lokführer als Ansprechperson gibt. Im Unterschied zu Busfahrern oder U-Bahnfahrern können Lokführer jedoch nicht einfach den Zug anhalten, den Führerstand verlassen und zu den Waggons gehen. Umgekehrt können Reisende auch keinen direkten Kontakt mit dem Lokführer aufnehmen – die Kommunikation läuft also über Notrufstellen und Lautsprecher. Sind diese gestört, darf sich der Zug nicht in Bewegung setzen, falls die ÖBB keinen Zugbegleiter auftreiben, der mitfährt.
    Eine Analyse der Lokführer-Meldungen zeigt, dass es bei österreichischen Regional- und Nahverkehrszügen ein gravierendes Problem bei zuginternen Notrufstellen und Lautsprecheranlagen gibt. Beispielsweise konnten im Mai 2013 wegen technischer Mängel rund 250 österreichische Regional- oder Nahverkehrszüge nicht abfahren. Entweder fiel der Zug aus, oder es mussten schleunigst Zugbegleiter aufgetrieben werden.
    Weil dieses Problem so häufig auftritt, heißt es in den Lokführer-Meldungen meist lapidar: »0:0 untauglich wegen nichtfunktionierender Notruf-Stellen.«
    Die Schweizer Eisenbahn hat schon viel früher als die ÖBB begonnen, Züge ohne Zugbegleiter zu führen. Dort beginnt man allerdings umzudenken und zumindest Sicherheitspersonal auf manchen Zügen einzusetzen.
    Kurzfristig spart der 0:0-Verkehr Personal und damit Geld. Langfristig steigt damit aber der Vandalismus in Zügen, und es kommt häufiger zu Gewalttaten. Die Folgen: erhöhte Kosten für Reinigung und abnehmendes Sicherheitsgefühl der Reisenden sowie Mehrverspätungen. Das verringert langfristig die Attraktivität der Bahn. Die folgende Lokführer-Meldung zeigt, dass die Betriebssicherheit des 0:0-Verkehrs
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