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Schwanentanz

Schwanentanz

Titel: Schwanentanz
Autoren: Jean Francis
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eine schwingende Klinge durch den Raum, zerschellte an den Wänden, prallte als Echo hundertfach zurück. Sie kreischte wie wahnsinnig mit weit aufgerissenem Mund und zugekniffenen Augen. Suzanna wollte sich die Ohren zuhalten, aber sie konnte die Arme nicht anheben, denn noch immer lag Brandon schwer auf ihrem Oberkörper, sein Kopf neben ihrem, sein Gesicht am Boden. Bewegungslos.
    „Brandon.“ Sie rüttelte ihn, aber er reagierte nicht. Natürlich nicht, bei dem Geschrei konnte er sie bestimmt nicht verstehen. Sie rüttelte stärker. „Brandon! Brandon, oh Gott, tu was, dass sie aufhört zu kreischen.“
    Plötzlich zuckte Brandon. Das Schreien ebbte abrupt ab, stattdessen vernahm sie ein Ratschen. Und dann kam das Messer in ihr Blickfeld. Das bluttriefende, dreißig Zentimeter lange Messer in Caras Hand. Die Sídhe starrte es an, als hätte sie es soeben aus ihrem eigenen Körper gezogen.
    „Nein!“, kreischte sie. „Nein, das wollte ich nicht! Nicht mein Brandon! Was habe ich getan?“
    „Brandon!“ Suzannas Stimme wurde schrill, als könnte sie gegen das Begreifen anschreien. Das Messer hatte ihr gegolten. Cara hatte sicherstellen wollen, Suzannas letzten Tanz gesehen zu haben.
    Und Brandon war dazwischengegangen.
    Er rührte sich nicht. Nur das heiße Blut, das ihr Kleid tränkte, bewegte sich, und Suzanna begriff nicht, was das bedeutete. War sie auch verwundet worden und spürte es nicht?
    Brandon war zäh. Sie hatte ihn schon einmal für tot gehalten und am nächsten Morgen stand er unversehrt in ihrer Küche. Sie rüttelte ihn noch einmal, schlug ihm mit flachen Händen gegen die Schultern. „Reiß dich zusammen, Kerl!“
    Cara begann ein klagendes Weinen, fast wie das Geheul eines einsamen Wolfes. Peripher registrierte Suzanna, wie die anderen Männer in den Saal stürzten und mit ein paar Schritten Abstand erschüttert stehenblieben.
    „Hör auf zu heulen“, stieß Suzanna hervor. Brandon lag so schwer auf ihrer Brust, dass sie kaum atmen konnte. Sie holte so tief wie möglich Luft und brüllte: „Hör. Auf. Zu. Heulen! Aiden, Seamus, helft mir!“
    Die beiden gehorchten, zogen Brandon behutsam von ihr runter. Ihre Finger flogen. Sie riss Brandons zerschnittenes Hemd auf. Die Wunde war schmal und sah gar nicht so schlimm aus. Es quoll kaum noch Blut hervor. War das ein gutes Zeichen?
    Denk nach, Sue, denk nach!
    Nein, das war überhaupt kein gutes Zeichen. „Aiden“, sagte sie schnell und leise. „Press deine Hand darauf.“ Eilig befühlte sie Brandons Hals, tastete nach seinem Puls.
    Nichts.
    Nichts? Nein, das konnte nicht sein. Sie irrte. Ihre Finger zitterten zu sehr, sie hatte nicht genug Geduld.
    „Komm schon, Brandon“, rief sie. „Sag etwas. Verdammt, Cara, hör endlich auf zu heulen, ich höre ihn nicht!“
    „Suzanna.“ Aiden legte ihr eine Hand auf den Arm. „Su…zanna, du kannst ihn nicht mehr hören. Er … er ist …“
    „Nein!“ Dieser Dummkopf hatte doch keine Ahnung! „Er kommt wieder in Ordnung. Cara, du musst mit dem Heulen aufhören und ihm helfen. Du kannst das doch, du kannst ihm helfen!“
    Seamus nahm sie bei den Schultern und drehte sie zu sich. „Sie kann ihm nicht helfen“, sagte er. Er sprach ruhig, aber in seinen Augen schwammen Tränen. „Er ist tot. Der Dolch“, ihr Blick schoss zu Cara, die das Corpus Delicti noch immer in der Hand hielt und anstierte, „hat sein Herz durchbohrt.“
    „Nein!“, schrie Suzanna. Nein, niemand stieß einen Dolch von hinten durch die Muskeln, Knochen und das Herz eines Mannes. Nein! Sie versuchte, die leise Stimme zum Schweigen zu bringen, die davon flüsterte, dass Cara außergewöhnlich stark war.
    „Er ist nicht …“ Sie konnte es nicht einmal aussprechen. „Cara, tu endlich was!“
    „Sie kann nicht“, sagte Aiden.
    Er hielt Brandons Kopf in seinem Schoß, bedeckte seine Augen mit der Hand. Brandons Mund sah eigenartig starr aus. Wie hauchdünn mit Wachs überzogen. Doch welchen Anschein sein Aussehen auch hatte. Es war vollkommen ausgeschlossen, dass er … tot war. Cara wippte nur monoton vor und zurück und streichelte mit den Fingern Linien in das Blut auf der Klinge.
    „Lady Cara kann Wunden heilen, aber nicht den Tod“, erklärte Aiden. „Niemand kann das.“
    „Nur die Göttin Morrígain“, fügte Seamus mit belegter Stimme hinzu.
    Suzanna weigerte sich zu begreifen, was sie ihr sagen wollten. Es konnte nicht sein, dass der Versuch, sie zu retten, ihn das Leben gekostet hatte. Das war
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