Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwaben-Wut

Schwaben-Wut

Titel: Schwaben-Wut
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
Abhanges die entstellte Leiche eines Mannes, der vor wenigen Stunden Opfer eines oder mehrerer brutaler Gewalttäter geworden war.
    Hatte der Tote mitgefeiert? Gelacht, getrunken, lustige Sprüche von sich gegeben? Ausgelassen im Kreis von Freunden gesessen?
    Braig kam nicht mehr dazu, sich die Situation des Toten in dessen letzten Lebensminuten auszumalen, weil ein schmächtiger Mann mit dichtem schwarzem Vollbart, der sich ihm als Dr. Schweisser vorstellte, und die Kollegen von der Spurensicherung die Treppe herunterstiegen. Er zeigte auf die Leiche, schaute den Männern zu, wie sie ihre Arbeit begannen. Helmut Rössle fluchte laut, als er den Toten sah, maulte mehrere Minuten vor sich hin – seine Art, den schrecklichen Anblick zu bewältigen – packte seine Geräte aus. Wenige Augenblicke später tauchten seine Lampen den Waldrand in ein grelles Licht. Oben, am Anfang der Treppe, stauten sich die Neugierigen, ängstliche Rufe und hysterische Schreie wurden laut.
    »Isch der tot?«
    »Wer hat ihn ermordet?«
    »Wie viele sind umbracht worde?«
    Die Identität des Toten war schnell geklärt. Der Ausweis in seiner Geldbörse zeigte einen Mann Ende Fünfzig mit kurzen grauen Haaren, breitem Kinn, energischen Gesichtszügen. Hans Greiling, wohnhaft in Backnang.
    »Ich kenne ihn«, erklärte der Beamte der örtlichen Polizeiwache, der den Fundort der Leiche mit Ästen, Zweigen und schmalem Leuchtband weiträumig abgesteckt und alle neugierigen Gaffer bis auf den obersten Absatz der Treppe vertrieben hatte.
    Polizeiobermeister Roland Busch folgte der Arbeit der Kriminaltechniker mit müden Augen und aschfahler, eingefallener Miene. Der Schock über den Anblick der entstellten Leiche stand auch ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
    Braig kannte den Backnanger Polizeibeamten, hatte schon vor einigen Jahren anlässlich der Entführung mehrerer Männer mit ihm zusammengearbeitet.
    »Woher kennen Sie den Mann?«, fragte Steffen Braig. Er musste alle seine Kraft zusammennehmen, die Ermittlung in die Wege leiten. »Beruflich?«
    Der Kollege schüttelte den Kopf. »Nicht, was Sie denken. Der Mann ist«, er verstummte, berichtigte sich dann, zeigte auf den Toten. »Er war bekannt in Backnang.« Der Schweiß tropfte ihm von der Stirn. »Finanz- und Immobilienmakler. Er hat sich hochgearbeitet, besaß ein eigenes Büro.«
    »Wie ist sein Ruf?«
    Roland Busch zögerte, wischte sich die Stirn. »Sie meinen ...«
    »Seriöse Firma oder eher anrüchig?«
    »Seriös«, beeilte sich der Kollege, »ich habe nur Gutes gehört.«
    Braig sah sich um, betrachtete den schmalen Pfad, der steil abwärts durch den Wald führte. Die Bäume standen dicht, bildeten ein undurchsichtiges dunkles Bollwerk. »Wie kommt er hierher?«, fragte er. »Um diese Zeit?«
    Der Polizeibeamte drehte sich zur Seite, so dass er dem Toten den Rücken zuwandte, zuckte mit der Schulter. »Keine Ahnung.«
    »Wo geht der Weg hin?«
    Busch wies ins Tal, wo die laute Musik der Karussells und das Geschrei von unzähligen vergnügten Menschen erscholl. »Den Hang hinunter zur Murr. Zwei Serpentinen mit mehreren Stufen. Unten führt eine Brücke über den Fluss zur Bleichwiese, wo jetzt auch Jahrmarktbuden aufgebaut sind – der Lärm, den sie hören.«
    Braig folgte dem ausgestreckten Arm des Kollegen mit seinem Blick, bemerkte, dass der Weg unbeleuchtet war. Angesichts des steilen Hanges und der Dunkelheit sicher keine ungefährliche Angelegenheit.
    »Wird er oft benutzt bei Nacht?«
    Der Polizeibeamte schüttelte den Kopf.
    »Normalerweise überhaupt nicht, höchstens jetzt während des Straßenfests.« Irritiert schaute er nach oben, wo mehrere Stimmen um die Wette schrien.
    »Ein Toter?«
    »Ermordet?«
    »Hent sie den Mörder erwischt?«
    Unzählige Gesichter starrten über die Brüstung.
    Braig versuchte, sich auf die Untersuchung zu konzentrieren, sah, wie der Arzt die Plastikplane über die Leiche zog und sich erhob.
    »Können Sie schon entscheiden, was die Todesursache war?«, fragte Braig.
    Dr. Schweisser holte tief Luft, nickte. »Der oder die Täter müssen ganz schnell gefasst werden«, sagte er mit leiser, ruhiger Stimme.
    Braig hörte das Schimpfen Rössles einige Meter weiter, schaute den Arzt überrascht an.
    »Ich war ein paar Jahre in der chirurgischen Abteilung im Katharinenhospital. Aber so etwas habe ich noch nicht gesehen.« Er fuhr mit der Hand durch seinen Bart. »Das ist kein gewöhnlicher Mord.«
    Braig konnte die Gedanken des Mannes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher