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Schwaben-Liebe

Schwaben-Liebe

Titel: Schwaben-Liebe
Autoren: Klaus Wanninger
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eines seit unzähligen Jahren bekannten Politikers war auf dem Monitor aufgetaucht, die Armut der Heranwachsenden in den Elendsregionen des osteuropäischen Landes beschwörend. Braig hatte die Beteuerungen des Mannes vernommen, jetzt endlich die eigentliche Aufgabe seines Lebens gefunden zu haben. »Mein Name ist Thomas Bittler. Sie kennen mich wahrscheinlich. Ich habe schon viel gearbeitet in meinem Leben, wichtige Projekte angepackt und verwirklicht und sehr viel zum Wohlergehen unseres Landes beigetragen. Eines aber muss ich Ihnen heute sagen: Das Schönste, das ich je erleben durfte, ist, diesen armen Geschöpfen eine Heimat zu bieten, mit allem, was dazugehört. Die Kinder sehnen sich nach nichts mehr als nach Aufmerksamkeit, Zuneigung, Liebe. Natürlich ist es wichtig, für ihr tägliches Brot, frische Kleidung und ein warmes Zuhause zu sorgen. Aber das Allerwichtigste, das habe ich inzwischen begriffen, ist unsere persönliche Zuwendung. Ihnen Zeit, Hilfe, ganz einfach Liebe zu schenken, ist das Höchste aller Gefühle. Das baut mich selbst auf und schenkt mir neue Kraft für meine politische Arbeit zu Hause. Ich komme jedes Mal frisch und gestärkt nach Deutschland zurück. Das kann ich allen Landsleuten nur dringend ans Herz legen: Nimm eines dieser jungen Wesen hier in den Arm und schaue in seine vor Dankbarkeit leuchtenden Augen – das wirst du dein ganzes Leben nicht vergessen! Diese jungen Menschen haben mich die Liebe wieder neu gelehrt.«
    Zur Illustration seiner Worte hatte die Kamera das Gesicht eines kleinen Mädchens voll ins Visier genommen und sekundenlang über die gesamte Leinwand ausgebreitet. Braig war es ebenso wie den übrigen Zuschauern schwer gefallen, sich von dem Anblick zu lösen.
    »Es gibt doch noch gute Menschen!«, hatte eine Frau laut seufzend erklärt, dann war der Film mit einer ausdrücklichen Bitte Bittlers um großzügige, komplett von der Steuer absetzbare Spenden erloschen.
    Söderhofers Worte hatten die Anwesenden endgültig wieder in die Realität zurückgeholt. Gemeinsam mit einer offensichtlich gerade erst eingetroffenen, noch um Luft ringenden, auffallend attraktiven Frau, die sich hektisch über die leicht zerzausten Haare fuhr und nervös ihre Bluse zurecht strich, bat er um Aufmerksamkeit. Nicole Bittler-Heunemeister, verkündete er, sei eigens gekommen, um über das einzigartige Projekt ihres Mannes Bericht zu erstatten.
    Die frisch blondierte Mittdreißigerin hatte unter großem Beifall der Gäste gerade mit ihrem Vortrag begonnen, als Braig der Anruf der Aalener Kollegen erreichte. Er war aus dem Raum gelaufen, hatte mehrere Sekunden gebraucht, zu verstehen. Ein Prominenten-Makler, den man zeitweise unter Polizeischutz gestellt hatte und der jetzt trotzdem ermordet worden war. Ihm war auf der Stelle klar gewesen, welche Brisanz dieser Fall beinhaltete. Trotzdem war er selten so froh, am Abend noch zu einem beruflichen Einsatz gerufen zu werden. Söderhofers Gelaber auch noch privat ausgeliefert zu sein, konnte niemand verlangen. Nicht einmal seine Partnerin oder der Tierarzt. Er erklärte ihnen die Lage, verabschiedete sich.
    Kurz nach 20 Uhr war er am Eingangsbereich der Limes-Thermen angelangt. Er hatte die Aalener Spurensicherer telefonisch darum gebeten, die fotografische Dokumentation des Tatortes und der Leiche möglichst detailliert durchzuführen, dem Arzt dann freie Bahn für die Überführung des Toten in die Gerichtsmedizin erteilt. Als er rings um die von den örtlichen Kollegen errichteten Absperrungen nur eine Handvoll aufgeregter Menschen antraf, war er deutlich erleichtert.
    »Die meisten Neugierigen sind schon weg«, erklärte Polizeiobermeister Anton Kringel, den fragenden Blick des Kommissars vor Augen. »Kaum war der Tote abtransportiert, ist auch das Interesse schlagartig verflogen.«
    Wie immer, wusste Braig aus Erfahrung. Hatte die Meute nichts mehr zu begaffen, wandte sie sich anderen Zielen zu. Das war hier auf der Ostalb nicht anders als in Stuttgart. Er ließ sich zum Fundort der Leiche führen, hörte Kringels Erklärungen.
    »Hier lag er. Mitten auf dem Asphalt.«
    »Eindeutig überfahren.«
    »Der Arzt sagt es so, ja.«
    »Zuerst frontal angefahren und auf die Straße geschleudert und dann auch noch überrollt«, hatte der Mediziner Braig am Telefon erklärt. »Möglicherweise vom gleichen Wagen. Aber geben Sie mir bitte Zeit. Details erst nach der Obduktion.«
    »Und wo ist die Stelle, wo das Auto auf ihn zuraste?«
    »Dort. Die
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