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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass
Autoren: Klaus Wanninger
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Bilder aus dem Couvert, verglich sie miteinander. Der Minister im Auto in Cheb / Völlinger im Auto in Stuttgart. Minimale Unterschiede.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach wird«, hatte Claudia Steidle erklärt, als sie ihr die Smart Media Karte mit den neuen Aufnahmen übergab, »du wirst zufrieden sein.«
    Sie war es, in der Tat.
    Neundorf nahm die Karte aus dem Computer, griff nach dem Couvert, verließ das Büro. Sie hatte sich bei Daniel Schiek angekündigt.
    Der Grafiker brauchte nicht lange, zu verstehen, was sie wollte. »Dass ich damit eine kriminelle Handlung begehe, ist dir klar«, zischte er leise.
    Neundorf schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil. Wir korrigieren eine kriminelle Handlung und stellen den ursprünglichen Zustand eines Bildes wieder her.« Sie legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Du hast nichts damit zu tun, es geht allein auf meine Kappe. Außerdem möchte ich selbst noch länger leben. Das Foto bleibt in meiner Hand.«
    Zwei Stunden später hatte sie das Bild vor sich liegen.
    Völlinger am Steuer des Wagens in Cheb. Kein Mensch würde glauben, dass es manipuliert war.
    Den Termin um 19 Uhr in Völlingers Büro hatte sie sich schwer erkämpft. Fast zwanzig Minuten hatte sie mit seiner Sekretärin gestritten, bis die endlich nachgegeben und einem Kurzbesuch zugestimmt hatte. Die Sache lässt sich nicht aufschieben, war Neundorf unerbittlich geblieben, morgen kann die Bombe schon explodiert sein.
    Völlingers Büro schien von einer anderen Welt. Bombastische Eingangshalle, pompöser Vorraum, exquisites Mobiliar. Der Mann empfing sie mit freundlichem Lächeln.
    Sie musterte ihn mit kritischem Blick, drückte ihm die Hand. Der Manager war Anfang 50, mit einem dunklen Nadelstreifenanzug gekleidet. Breite Schultern, schmales Gesicht, graue Schläfen, der Mann schien schon vom Äußeren her eine attraktive Partie.
    »Was darf ich Ihnen anbieten?«, fragte er freundlich, nachdem sie in seinen breiten Sesseln Platz genommen hatte. »Kaffee, einen Saft, Mineralwasser?«
    Neundorf bedankte sich, wollte es kurz machen. »Sie wissen, was mich zu Ihnen führt?« Sie zog die Beine an, richtete sich auf, musterte das Mienenspiel des Mannes.
    Völlinger schien völlig unwissend. »Woher?«, fragte er, »man hat mich nicht informiert.«
    »Es geht um Fotos«. Sie zog ein Couvert aus ihrer Tasche, entnahm ihm drei Bilder, erhob sich, lief zu seinem Sessel. »Ich möchte sie nicht aus der Hand geben, aus sicher nachvollziehbaren Gründen.«
    Die Augen des Managers weiteten sich für den Bruchteil einer Sekunde, als er die Fotos betrachtete, dann hatte er sich wieder gefangen. »Was soll das sein?«, wollte er wissen.
    »Das frage ich Sie.« Neundorf hielt die Bilder in der Hand, ging zu ihrem Sessel zurück, setzte sich.
    »Ich kenne die Motive nicht, weiß nicht, wie ich sie einordnen soll.«
    »In einen sicher nicht besonders öffentlichkeitswirksamen Moment Ihres Lebens.«
    Völlingers Miene verhärtete sich, verlor an Farbe. »Das sind Manipulationen. Muss ich das betonen?«
    Neundorf zeigte sich unbeeindruckt. »Wir haben die Fotos bei einem Journalisten entdeckt. Er schwört Stein und Bein, dass sie echt sind.«
    »Der Mann lügt. Wie heißt er?«
    »Das tut nichts zur Sache. Er genießt einen seriösen Ruf, gilt als absolut vertrauenswürdig.«
    »Ich sage Ihnen, dass er lügt. Die Fotos sind manipuliert. Ich habe nichts damit zu tun.«
    Jeder, der die Fotos sieht, hatte Braig erklärt, kommt sofort auf ihren Inhalt zu sprechen. Kindersex. Das ist die normale Reaktion. Sich vergewissern, dass man das, was sie zeigen, trotz aller Widerwärtigkeit richtig verstanden hat.
    Sie hatten lange darüber gesprochen. Völlinger, überlegte Neundorf, war der erste, der anders reagierte. Das Thema nicht in Ansätzen erwähnte. Nicht nach dem geografischen Ort ihres Entstehens fragte. Ihre Brisanz dennoch sofort erkannte.
    »Sie wollen die Fotos in den nächsten Tagen veröffentlichen. Irgendeine überregionale Publikation. SPIEGEL, STERN, Frankfurter Rundschau oder so, wir haben keine Ahnung, wo genau. Wir wissen auch nicht, wie wir das verhindern sollen. Sie vielleicht?«

48. Kapitel
    Die Mittwochsausgabe der tageszeitung erschien in der höchsten Auflage seit Bestehen des Blattes. Dennoch war die Zeitung bereits gegen Mittag bundesweit ausverkauft. Die gesamte Titelseite hatte nur ein Thema:
     
    Der stille Krieg
    Diese Zeilen sollten gemäß den Wünschen mächtiger Lobbyisten nicht
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