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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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Edelsteinen besetzt war. Ohne nachzudenken, griff er danach, zog es heraus, worauf sich einer der Mauersteine löste und einen Hohlraum freigab. Er entfernte noch weitere Steine aus der Wand, dann wurde es wieder finster.
    Was kommt denn jetzt noch? , fragte er sich, streckte seine Hand im Dunkeln aus und fasste in das Loch. Er bekam etwas Weiches zu fassen, griff zu, merkte, dass darunter etwas Metallisches war, zog es heraus und zündete eines seiner letzten Streichhölzer an: Er starrte auf einen halb verfaulten Stofffetzen, der um etwas Großes, Metallisches geschlagen war. Sein Mund war trocken, als er den Stoff abzog – und einen selbst unter all dem Dreck golden schimmernden Gegenstand in Händen hielt, der über und über mit Edelsteinen besetzt war. Er wusste nicht genau, was es war, das er da in Händen hielt: Ein prächtiger Strahlenkranz ging von der Mitte aus, unten besaß es einen massiven Fuß, der ebenfalls aus Gold zu sein schien.
    Fahrig suchte er im Dunkeln nach weiteren Gegenständen. Neben einigen Ringen ertastete er noch einen Kelch und zwei verzierte Armreifen. Er raffte seinen Fund zusammen, schlug alles notdürftig wieder in den Stoff ein und robbte damit weiter. Sein ganzes Denken kreiste nun nicht mehr um seinen Weg nach draußen, sondern um die geheimnisvollen Gegenstände. Wie sind sie hierhergekommen? Warum hat sie vor mir niemand entdeckt? Woher kommt das Loch in dem Totenschädel? Bin ich jetzt reich? Er merkte gar nicht, wie der Gang um ihn herum sich weitete, immer geräumiger wurde. Erst als er statt Erde feuchte Holzplanken spürte, hielt er inne. Er erhob sich ganz langsam und stand plötzlich wieder aufrecht. Wo bin ich bloß? Er kramte die Streichholzschachtel hervor. Nur noch ein Hölzchen befand sich darin. Er biss sich auf die Lippen: Das muss jetzt klappen. Atemlos stand er da, als sich die Flamme flackernd entzündete. Dann seufzte er erleichtert. Er ahnte, wo er war.
    Kaum eine halbe Stunde später atmete er wieder die klare, kalte Nachtluft. Der Gang hatte ihn in einen Hohlraum unter der Turmruine geführt, von dort hatte er sich mithilfe ein paar herumliegender Hölzer durch die brüchige Mauer einen Weg nach draußen gebahnt, wo Wotan winselnd einen Freudentanz um ihn herum vollführt hatte. Jetzt saß er in seinem Wagen und sog gierig den Rauch der Zigarette in seine Lungen. Seine neuen Polster waren ihm nun vollkommen egal. Er starrte nur ungläubig auf die Dinge, die er aus der Unterwelt mitgebracht hatte.
    Jetzt musste er eine Entscheidung treffen.
    Ein warmes Gefühl der Selbstzufriedenheit im Bauch sagte ihm, dass er den richtigen Entschluss gefasst hatte. Er lenkte seinen Wagen zielsicher durch die dunkle Kemptener Innenstadt. Außer den riesigen Köpfen auf den Wahlplakaten, die die Straßen säumten, war keine Menschenseele zu sehen. Als er anhielt und ausstieg, fiel sein Blick für einen Moment auf das Plakat in der Mitte des Rathausplatzes. Beim Anblick des dicken Mannes mit dem roten Kopf musste er grinsen. Dass ein Bayer Bundeskanzler werden könnte, schien selbst hier im Allgäu äußerst unwahrscheinlich. Doch die Wahl, für die er sich noch vor wenigen Stunden so brennend interessiert hatte, war ihm nun nicht mehr als einen flüchtigen Gedanken wert.
    »Komm, Wotan«, zischte er, nahm die Sachen vom Beifahrersitz und betrat das Gebäude.
    »Moment, Hunde ham da herin nix zu …« Der junge Mann am Schreibtisch verstummte mitten im Satz. Seine Augen weiteten sich, als die verdreckte Gestalt mit dem blutverkrusteten Gesicht in den Schein der Lampe trat. Der Mann wurde begleitet von einem nicht minder schmutzigen Dackel.
    »Kohler. Andreas Kohler mein Name, grüß Gott. Lassen Sie sich nicht von meinem Aussehen täuschen«, rief die Gestalt durch das Zimmer, lief zum Tresen und legte ohne weitere Erklärungen seine Fundstücke darauf. »Ich glaub, ich hab da was für Sie.«
    Dem jungen Beamten klappte der Kiefer nach unten. Er erhob sich langsam aus seinem Stuhl und ging auf den Tresen zu, wobei er die Gegenstände, die nun dort lagen, nicht aus den Augen ließ.
    Kohler schätzte den Polizeibeamten auf etwa fünfundzwanzig Jahre, auch wenn ihn sein schütteres Haar älter wirken ließ. Der Polizist war schlank, und in seiner Uniform wirkte er sportlich. Als er den Tresen erreicht hatte, schluckte er und murmelte nur ein Wort: »Priml!«
    »Aus Dietmannsried?«
    »Aus Dietmannsried.«
    »Andreas Kohler, richtig?«
    »Richtig.«
    Der Beamte tippte die
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