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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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sein Schädel brummte erbärmlich. Doch die Erleichterung wurde sofort von einem beängstigenden Gedanken verdrängt: Wie sollte er hier je wieder rauskommen? Wotans Bellen klang, als käme es aus mindestens vier, fünf Metern Höhe. Der Hund musste an der Stelle stehen, wo er eingebrochen war, doch nicht ein einziger Lichtstrahl drang bis hier unten vor. Ächzend stand er auf, breitete die Arme aus und drehte sich mehrmals um die eigene Achse. Blind stolperte er ein paar Schritte nach links, bis er gegen eine feuchte Wand stieß. Seine Finger tasteten über behauene Steine. Er versuchte, sich an ihnen hochzuziehen, aber sie waren glitschig, und er fand keinen Halt. Verzweifelt ließ er sich zu Boden sinken und lehnte seinen malträtierten Kopf an die kühle Mauer. Was würde er jetzt für eine Zigarette geben. Er hielt inne. Die Streichhölzer! Aufgeregt kramte er sie aus seiner Hosentasche, schob die verbeulte Packung vorsichtig auf und zündete eines an. Zuerst fiel sein Blick auf seine vom Dreck beinahe schwarzen Finger. Sie zitterten, als er das Hölzchen hob. Die Wände des Lochs schienen im flackernden Schein der Flamme einen schaurigen Tanz aufzuführen. Sein Verlies maß höchstens fünf auf fünf Meter, und ihm war sofort klar, dass er keine Chance hatte, sich aus eigener Kraft daraus zu befreien. Zu steil und glitschig waren die Wände. Er drehte sich noch ein Stückchen weiter, dann musste er das Streichholz fallen lassen, und es verlosch.
    »Scheiße«, zischte er. Es waren vielleicht noch ein Dutzend Hölzer in der Packung. Er musste sie sich gut einteilen. Auch wenn es hier unten stockfinster war, schloss er die Augen, um sich das Bild, das er sich von dem Raum gemacht hatte, noch einmal in Erinnerung zu rufen. Plötzlich riss er sie wieder auf. »Das Gitter«, flüsterte er, zündete ein weiteres Streichholz an und hielt es mit ausgestreckter Hand nach vorn. Tatsächlich, er hatte sich nicht getäuscht: In die gegenüberliegende Wand war ein rostiges Gitter eingelassen. Er starrte so fasziniert darauf, dass er die Flamme ganz vergaß und erst wieder daran dachte, als sie ihm die Fingerkuppe ansengte. Doch er ignorierte den Schmerz, krabbelte zu dem Gitter und rüttelte mit aller Kraft daran. Er merkte schnell, dass es nicht lange dauern würde, bis er es aus seiner Verankerung herausgerissen hätte. Stück für Stück löste es sich aus der Mauer. In einer letzten Anstrengung zerrte er keuchend daran, biss die Zähne zusammen, als das rostige Metall in seine Finger schnitt – und riss es schließlich mit einem Krachen aus der bröckeligen Steinwand. Er warf es neben sich und entzündete ein weiteres Streichholz: Vor ihm tat sich ein etwa fünfzig Zentimeter hoher Gang auf, der in eine ungewisse Schwärze führte.
    Er hielt kurz inne und faltete die Hände. Da er nicht wusste, welcher Schutzheilige für seine missliche Situation zuständig war, schickte er einfach ein kurzes Stoßgebet gen Himmel. Er bekreuzigte sich hastig und kroch hinein. Schon nach wenigen Metern jedoch bereute er seine Entscheidung: Der Gang war so eng und schwarz, dass sich die Panik wie ein enger, dunkler Mantel um ihn legte. Er holte hektisch ein weiteres Streichholz heraus. Er brauchte Licht, musste etwas sehen – und schrie auf. Direkt vor ihm, ausgestreckt auf dem Boden, lag ein Mensch. Das heißt: Das, was von ihm übrig war, denn er starrte direkt in die schwarzen Höhlen eines Totenschädels. Er erschrak so heftig, dass er das Streichholz fallen ließ, worauf er sofort ein neues entzündete. Der Schädel sah nicht so aus wie die Skelette, die er aus dem Fernsehen kannte. Dieser hier war nicht weiß, sondern dunkel, fast schwarz, und in seiner Stirn klaffte ein Loch. Er veränderte seine Haltung etwas, und das Licht der Flamme brach sich nun in Metall, offenbar Teile einer uralten Rüstung. Als er die knöchernen Überreste einer Hand sah, war seine Angst urplötzlich wie weggeblasen. Denn an einem der Finger prangte ein schillernder, blitzender Ring, dahinter lag ein mit Edelsteinen besetzter Armreif. In diesem Moment erlosch die Flamme wieder.
    Mein Gott, ein Schatz , dachte er, kramte ein weiteres Hölzchen heraus, nicht mehr darauf bedacht, es für seine beschwerliche Rückkehr an die Oberfläche aufzusparen. Er leuchtete den Boden ab, entdeckte die andere Hand, deren Fingerknochen auf etwas zu zeigen schienen. Und tatsächlich: In einem Spalt zwischen zwei Steinen steckte ein Messer, dessen Griff ebenfalls mit
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