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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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wurde, dann wusste er, welche Worte man wählen musste. Seine jahrzehntelange Laienspielerfahrung tat dabei natürlich das Ihrige. Gut, dass Richard Maier diesen Moment für immer festgehalten hatte.
    Lodenbacher drehte sich irritiert zu Maier, der gerade über seine Schulter filmte, und fragte konsterniert: »Was hot denn des oiß mit dem Anlass zum tun?«
    »Fräulein Henske, schämen Sie sich Ihrer Tränen nicht!« Kluftinger hatte sich geradezu in einen Rausch geredet. »Gerade heute, an Ihrem großen Tag!« Er ließ seine Worte ein wenig verklingen. Diese Sprache! Unglaublich, wozu er unter Stress fähig war! Er zwinkerte in Maiers Handykamera.
    »Ach ja?«, brach es nun aus der Sekretärin heraus. »Worum geht’s denn heute? Sie haben … es … ver…« Der Rest des Satzes ging in einem heiseren Schluchzen unter.
    Hefele stellte sich eilig neben sie, hielt ihr ein Papiertaschentuch hin und legte ihr zaghaft eine Hand auf die Schulter. Dann warf er Kluftinger einen tadelnden Blick zu.
    Maier fuchtelte mit dem Handy dicht vor Sandys Gesicht herum. »Könntest du noch einmal schnäuzen und danach so nett aufschluchzen? Das hab ich nicht in der Nahaufnahme draufbekommen!«
    Da streckte Hefele seine Hand aus und bedeckte damit das Objektiv. »Herrgottzack, Richie, jetzt hör mal mit dem Schwachsinn auf! Siehst du nicht, wie’s der Sandy geht? Jetzt verschwind und lass sie in Ruh, sonst hau ich dir das Ding um die Ohren!«
    Wortlos machte Maier einige Schritte zur Seite. Dann streckte er seinen Arm aus, richtete das Objektiv auf sein Gesicht aus und sagte: »Dienstag, siebter September, soeben wurde ein heftiger, jähzorniger Wutausbruch des Kollegen Hefele dokumentiert. Hat sich in Stresssituationen immer weniger unter Kontrolle, gerade wenn er emotional stark involviert ist. Eventuell Kontaktaufnahme mit dem psychologischen Dienst vonnöten!«
    »Dich sollten sie einweisen, du G’schaftlhuber!«
    »Erneute Unbeherrschtheit …«, brachte Maier noch heraus, dann riss ihm Hefele das Telefon aus der Hand.
    Kluftinger und Strobl sahen sich bedröppelt an. Vielleicht ist sie schwanger , schoss es Kluftinger durch den Kopf. Auch Erika hatte in diesem Zustand bei jeder Gelegenheit Tränen vergossen. Er würde Sandy in den nächsten Tagen im Auge behalten, um das herauszufinden.
    Maier hatte inzwischen seinen ersten Schreck überwunden und wollte sich sein Telefon zurückholen, das Hefele jedoch in gebückter Haltung mit seinem Körper schützte.
    Plötzlich übertönte ein Schreien den Tumult: »Schluss jetzt! Mir san doch da nicht bei den Hottentotten! Ned? Was soll denn des?« Lodenbachers Kopf war knallrot angelaufen. »Reißen S’ Eahna zamm, mir sind da ja nicht auf dem Pausenhof! Und wos hat dieses ganze Geschwafel von Eahna mit der Lebenszeitverbeamtung von Frau Henske zum tun, Kluftinga?«
    Lebenszeitverbeamtung! Kluftinger schlug sich gegen die Stirn. Aber da konnte man doch beim besten Willen nicht draufkommen. »Ja, ich wollt ja grad drauf zu sprechen kommen. Also, so eine Verbeamtung, liebe Frau Henske, die ist ja heutzutage gerade im Verwaltungsdienst gar nicht mehr so häufig, gell? Die meisten bleiben im Angestelltenverhältnis und verdienen dadurch weniger. Umso mehr freut …«, begann er erneut, doch Sandy fuhr mit starrem Blick herum.
    Dann rief sie unter Tränen: »Geben Sie sich keine Mühe, Chef! Übrigens: Ich bin mit einem VW Golf aus Dresden gekommen. Über die Autobahn. 1991 gab’s die nämlich schon!« Dann stürmte sie aus dem Raum und knallte die Tür hinter sich zu.
    Keine zwei Sekunden später öffnete die sich wieder, und Gerichtsmediziner Georg Böhm trat ein. Als er in die erhitzten Gesichter der Anwesenden blickte, schnalzte er mit der Zunge und sagte: »Mist, da hab ich wohl wieder was verpasst!«
    »Ich muss schon sagen: An dir ist ein Komiker verloren gegangen. Schad, dass ich nur so wenig mitbekommen hab.« Böhm zog seine hellblaue Baseballkappe vom Kopf und rubbelte sich die kurz geschorenen Haare. »Also wirklich, Klufti, bei dir ist einfach immer was geboten!«
    Kluftinger warf seinem schelmisch grinsenden Gegenüber einen zerknirschten Blick zu. »Jaja, Hauptsach, du hast deinen Spaß«, sagte er, nachdem er seine Bürotür hinter sich zugezogen hatte. »Ich mein, ich muss das mit der Sandy ja jetzt wieder ausbaden. Himmelherrgott, bloß, weil ich eine einzige Mail ausnahmsweise mal nicht gelesen hab. Früher hat man sich die wichtigen Sachen doch auch einfach so gesagt,
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