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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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oder? Heut muss man immer erst ein Memo schreiben oder einen Termin im … Mail anmelden.«
    Böhm pfiff durch die Zähne. »Respekt. Der leitende Herr Hauptkommissar steht jetzt auf Du und Du mit der modernen Kommunikationstechnik, scheint’s!«
    Kluftingers Augen verengten sich. Prüfend sah er den Pathologen an. Es gab nicht viele, die so mit ihm reden durften. Böhms Respektlosigkeiten waren jedoch regelmäßig der Auftakt zu ausgefeilten Wortgefechten. Manchmal war sich der Kommissar allerdings nicht sicher, ob der junge Mann tatsächlich nur einen Spaß machte.
    »Du hast leicht reden«, gab er murrend zurück. »Die Menschen, mit denen du dich bei deiner Arbeit so umgibst, die beschweren sich nicht, wenn du ihnen eine Rede hältst, die sie für nicht angemessen halten, oder wenn du mal ihren Geburtstag oder ihre Beförderung vergisst.«
    »Treffer. Hast schon recht, die sind unkomplizierter. Meistens. Mir persönlich aber ein bisschen zu zurückhaltend, wenn ich mich mit ihnen unterhalten will.«
    Wieder musterte ihn der Kommissar. Er kannte ein paar Pathologen, und nicht wenige von ihnen hatten einen leichten Hau , wie er es zu sagen pflegte. Kluftinger konnte das nur zu gut verstehen. Allein beim Gedanken, tagtäglich von Leichen umgeben zu sein, wurde ihm ganz anders. Und ihm war klar, dass es ihn buchstäblich um den Verstand bringen würde, wenn er an ihnen auch noch rumschnippeln müsste. Aber er wusste auch, dass Böhm das wusste und sich in der Vergangenheit immer wieder einen Spaß daraus gemacht hatte, Kluftingers Grenzen der Leichenunverträglichkeit auszutesten.
    »Ganz ehrlich, Schorschi«, erwiderte Kluftinger, weil er wusste, dass zu den wenigen Dingen, die Böhm aus der Fassung bringen konnten, die Verballhornung seines Namens gehörte. »Ich glaub, du solltest öfter mal unter Menschen. Also: atmende, mit einer Körpertemperatur oberhalb des Gefrierpunkts und einer Gesichtsfarbe, die …«
    In diesem Moment flog die Tür auf, und ein sichtlich erregter Lodenbacher stürmte herein. »Naa, naa, Kluftinga, no amoi, des is … i moan, des ko ned sei. Ned amoi a läppische Urkundenverleihung kenna Sie anständig über die Bühne bringen. Seit i so weit weg bin, is des oiß nix mehr.«
    Der Kommissar hob die Augenbrauen: Tatsächlich hatte er genau das gegenteilige Gefühl.
    »Jetzt schaung S’ aber, dass Sie de hoaklige Soch do wieder hibiagn«, schimpfte der Polizeipräsident und schien in der Erregung seine mühsam und teuer erworbenen Rhetorikkenntnisse komplett zu vergessen. Er habe sich persönlich beim Ministerium dafür eingesetzt, dass Fräulein Henske nach ihren dreizehn Dienstjahren noch verbeamtet werde. Im Übrigen bedeute ihre Ernennung, dass sie nun neben den klassischen Aufgaben als Sekretärin auch mit anderen Verwaltungsaufgaben der Kripo betraut werde und nun wohl öfters Wichtigeres zu tun habe, als Kluftinger und seinen Männern Kaffee zu kochen.
    Dann knallte er die Ernennungsurkunde auf Kluftingers Schreibtisch. »I hob koa Zeit für an so an Schmarrn, i muaß zum Golfen mit dem Herrn Landrat.« Er hob mahnend den Zeigefinger: »Aber i überleg mir was, wie i wieder mehr zu meine Leut komm.« Mit diesen Worten lief er ebenso ungestüm aus dem Büro, wie er es kurz zuvor betreten hatte.
    Zwei ratlose Gesichter blickten sich an.
    »Klingt wie eine Drohung«, bemerkte Böhm.
    »Immer, wenn es um seine Führungsqualitäten geht, sind wir seine Leut«, maulte der Kommissar.
    »Ist doch nett. Sag ich zu meinen Leichen auch immer.«
    Angewidert verzog Kluftinger das Gesicht.
    »Was war denn eigentlich genau los?«
    Kluftinger winkte ab. »Weiber!« Dann rückte er etwas auf seinem Stuhl nach vorn und fügte verschwörerisch hinzu: »Wahrscheinlich schwanger.«
    Wieder pfiff der Pathologe. »Wirklich? Nicht schlecht, Herr Specht. Die Sandy hat doch früher nix anbrennen lassen. Wird sie jetzt häuslich oder was? Und wer ist denn der Glückliche?«
    »Was weiß denn ich? Meinst du, die erzählt mir so was? Da verliert man eh den Überblick. Und überhaupt tät es mich auch gar nicht interessieren.«
    »Verstehe. Mich allerdings schon. Na ja, muss ich halt bessere Quellen anzapfen. Jetzt aber zu was anderem: Du solltest mal mitkommen, ich hätt da nämlich was für dich.«
    »Mitkommen? Mit dir?« Kluftinger zog besorgt die Augenbrauen zusammen.
    »Ja. Ich fahr dich auch und bring dich wieder her, versprochen.«
    »Wohin?«
    »Na, nach Memmingen halt, in mein Büro.«
    Der Kommissar
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