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Schutzlos: Thriller (German Edition)

Schutzlos: Thriller (German Edition)

Titel: Schutzlos: Thriller (German Edition)
Autoren: Jeffery Deaver
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entfernten Stadthaus geliefert worden war. Es enthielt einen eBay-Kauf, auf den ich mich schon gefreut hatte. Ich hatte vorgehabt, seinen Inhalt in meiner Mittagspause zu inspizieren. Jetzt schob ich es zur Seite.
    »Weiter.«
    »In Providence – da war noch jemand anders im Gebäude.« Freddy lieferte dieses fehlende Puzzleteil, auch wenn ich fast augenblicklich  – und offenbar richtig – gefolgert hatte, was passiert sein musste. Vor zwei Jahren war das Lagerhaus, in dem sich Henry Loving versteckt gehalten hatte, nachdem er aus einer von mir gestellten Falle entkommen war, bis auf die Grundmauern abgebrannt. Die Spurensicherung hatte eine eindeutige DNA-Übereinstimmung bei der darin gefundenen Leiche ausgemacht. Selbst bei einem übel verbrannten Körper bleiben etwa zehn Millionen Proben dieser unvermeidlichen Desoxyribonukleinsäure übrig, die man nicht verstecken oder zerstören kann, weshalb es auch keinen Sinn hat, es zu versuchen.
    Was man aber tun kann, ist, hinterher zu den Labortechnikern gehen und sie zwingen zu lügen – zu bestätigen, dass es sich bei der Leiche um deine gehandelt hat.
    Loving war der Typ, der meine Falle vorausgeahnt haben könnte. Ehe er sich an meinen Mandanten herangemacht hatte, dürfte er sich einen Notfallplan ausgedacht haben. Er wird einen Obdachlosen oder Ausreißer entführt und in dem Lagerhaus verstaut haben, nur für den Fall, dass er würde fliehen müssen. Einen Labortechniker zu bedrohen war ein schlauer Einfall und nicht so weit hergeholt, wenn man bedachte, dass Henry Lovings einzigartige Kunst darin bestand, Menschen Dinge tun zu lassen, die sie nicht tun wollten.
    So war also ein Mann, über dessen Feuertod viele Leute erfreut  – ich würde fast sagen: glücklich – gewesen waren, plötzlich wieder sehr lebendig.
    Ein Schatten in der Tür. Es war Aaron Ellis, der Leiter unserer Organisation und mein direkter Vorgesetzter. Blond, mit extrem breiten Schultern. Sein schmaler Mund teilte sich. Er merkte nicht, dass ich telefonierte. »Haben Sie schon gehört? Rhode Island – das war doch nicht Loving.«
    »Ich spreche gerade mit Freddy darüber«, sagte ich und deutete auf mein Headset.
    »In zehn Minuten in meinem Büro?«
    »Sicher.«
    Er entschwand mit schnellen Schritten in quastengeschmückten braunen Lederschuhen, die nicht zu seiner hellblauen Hose passten.
    »Das war Aaron«, sagte ich zu dem FBI-Agenten in seinem rund zehn Meilen entfernten Büro.
    »Ich weiß«, erwiderte Freddy. »Mein Boss hat Ihren Boss benachrichtigt. Ich benachrichtige Sie. Wir werden die Sache gemeinsam bearbeiten, mein Sohn. Rufen Sie mich an, wenn Sie Zeit haben.«
    »Warten Sie«, sagte ich. »Die Mandanten in Fairfax – haben Sie denen Agenten als Babysitter geschickt?«
    »Noch nicht. Das Ganze ist eben erst aufgetaucht.«
    »Schicken Sie sofort jemanden hin.«
    »Loving ist offenbar nicht in der Nähe.«
    »Tun Sie es trotzdem.«
    »Also, ich …«
    »Tun Sie es trotzdem.«
    »Ihr Wunsch ist mir … Sie wissen schon.«
    Freddy legte auf, ehe ich noch etwas sagen konnte.
    Henry Loving …
    Ich saß einen Moment da und starrte wieder aus dem Fenster im nicht beschilderten Hauptquartier meiner Organisation in der Altstadt von Alexandria, einem aggressiv hässlichen Gebäude, neunzehnsiebziger-hässlich. Ich sah auf einen Streifen Gras, einen Antiquitätenladen, ein Starbucks und ein paar Büsche an einem Parkstreifen. Die Büsche führten versetzt angeordnet zum Masonic Temple der Freimaurer, als hätte eine Figur aus einem Dan-Brown-Roman sie gepflanzt, um eine Nachricht per Landschaftsarchitektur zu verschicken, statt eine E-Mail zu schreiben.
    Mein Blick ging zu dem Päckchen und den Papieren auf meinem Schreibtisch zurück.
    Der geklammerte Papierstapel war der Mietvertrag für ein sicheres Haus in der Nähe von Silver Spring, Maryland. Ich würde die Miete herunterhandeln und zu diesem Zweck eine Tarnidentität annehmen müssen.
    Ein anderes Dokument war eine Freigabebescheinigung für den Mandanten, den ich gestern erfolgreich an zwei ernste Herren in gleichermaßen ernsten Anzügen übergeben hatte, deren Büros sich in Langley, Virginia, befanden. Ich unterschrieb die Order und legte sie in mein Postausgangsfach.
    Das letzte Papier, das ich gerade gelesen hatte, als Freddy anrief, hatte ich unabsichtlich mit ins Büro gebracht. Ich hatte gestern Abend im Stadthaus ein Brettspiel entdeckt, dessen Spielanleitung ich noch einmal lesen wollte, und als ich
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