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Schulterwurf

Schulterwurf

Titel: Schulterwurf
Autoren: Andreas Schlueter , Irene Margil
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Schulterwurf, Linh hielt
     stand. Mehrere Male ging das so. Die Gegnerin griff an, Linh parierte.
    Ihr Trainer betrachtete den Kampf mit skeptischem Blick.
    »Sie setzt sich selbst unter Druck«, erkannte er. »Wenn keinem von beiden die entscheidende Attacke gelingt, wird die Grünheimerin
     gewinnen, weil sie die Aktivere ist. Linh müsste sich endlich mal wehren.«
    »Finde ich auch!«, stimmte Michael zu.
    Jabali biss sich nur auf die Lippen und drückte Linh fest die Daumen.
    »Linhs Attacke wird noch kommen«, glaubte Lennart ganz fest. »Bestimmt.«
    »Sie muss sich beeilen«, gab der Trainer zu bedenken. »Die Zeit läuft. Über die Hälfte des Kampfes ist schon vorbei.«
    »Linh weiß, was sie tut«, war Ilka sich sicher. Sie machte sich überhaupt keine Sorgen, dass Linh den Kampf verlieren könnte.
     Als hätte Linh Ilkas Wortegehört, legte sie los. Die Gegnerin setzte wieder einen Fußfeger an, Linh parierte und ging sofort in den Gegenangriff über,
     indem sie die Kraft und den Schwung der völlig überraschten Gegnerin nutzte. Linh zog sie seitlich an sich vorbei, warf sie
     über ihr gestrecktes Bein zu Boden und hielt sie dort sofort im Haltegriff, aus dem es kein Entkommen gab.
    Michael hatte diesen Griff schon einmal am eigenen Leib spüren müssen. Es war der fieseste Griff, den Linh zurzeit draufhatte.
     Man fühlte sich zwar zu allen Seiten frei und trotzdem konnte man sich irgendwie nicht rühren. Er hatte bislang nicht begriffen,
     wie das funktionierte. Auch die Gegnerin schien das nicht zu wissen. Sie zappelte, wand sich auf dem Boden, fand aber einfach
     keinen Ausweg. Der Kampfrichter zählte sie ab und Linh hatte den Kampf gewonnen.
    »Sag ich doch!«, jubelte Ilka.
    Linhs Trainer klatschte Beifall. Michael und Lennart hüpften und brüllten vor Freude und Jabali sagte: »Komisch!«
    Ilka und die anderen sahen ihn an: »Was ist daran komisch?«
    Jabali zeigte auf den Platz, auf dem der Großmeister gesessen hatte. Der Platz war leer. 
    Genau das stellte Linh auch gerade fest. Eilig rannte sie durch die Sitzreihen hinauf zu ihren Freunden. »Hat er auch meinen
     letzten Kampf nicht gesehen?«, fragte sie.
    Michael zuckte mit den Schultern. Lennart schaute weg. Sie hatten alle so gebannt auf Linhs Kampf geschaut, dass sie nicht
     mehr auf den hohen Gast geachtet hatten. Jabali wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, da entdeckte Linh ihn. Yamada Yuuto
     verließ in diesem Moment die Halle.
    »Jetzt lasse ich ihn nicht mehr aus den Augen!«, versprach Linh und rannte los.

Dem Großmeister auf den Fersen
    »Wo will Linh denn hin?«, wunderte sich Michael.
    »Na, die wird sich blitzschnell umziehen. Sie kann dem Meister ja wohl schlecht im Judoanzug folgen, wenn der rausgeht«, vermutete
     Jabali.
    »Vielleicht sollten wir für sie solange Yuuto im Auge behalten«, schlug Ilka vor. »Nicht dass er weg ist, bevor Linh aus der
     Umkleidekabine kommt.«
    Lennart kratzte sich an der Stirn. »Also ehrlich gesagt . . .«, druckste er herum.
    »Was hast du?« Ilka bemerkte sein sorgenvolles Gesicht.
    »Na ja«, begann Lennart leise. »Erstens geht es da zu den Umkleidekabinen.« Lennart zeigte nach links. »Linh ist aber hier
     entlanggelaufen.« Nun zeigte er nach schräg rechts zum Ausgang.
    Die Köpfe seiner Freunde folgten seinen Richtungsanzeigen.
    »Und zweitens ist weder Yuuto noch Linh zu sehen«, vollendete Jabali Lennarts Gedanken.
    Ilka glotzte die Jungs mit offenem Mund an. »Ihr wollt nicht sagen, wir haben jetzt beide verloren, oder?«
    Lennart und Jabali nickten.
    Michael stöhnte laut auf. »O Mann, das wird ja immer schöner! Die rennt dem doch nicht im Judoanzug durch die Straßen hinterher!«
     Das konnte sich Michael nicht vorstellen. Zwar lief er selbst oft nur in Sportkleidung durch die Gegend, aber immerhin trug
     er dabei auch Sportschuhe und war nicht wie die Judoka barfuß.
    Doch während ihre Freunde noch grübelten, wo Linh stecken könnte, war sie schon gar nicht mehr auf dem Gelände. Als sie gesehen
     hatte, wie Yamada Yuuto die Halle verließ, hatte sie spontan einen Entschluss gefasst: Sie wollte herausbekommen, weshalb
     der Großmeister ständig verschwand. Ohne auch nur eine Sekunde Zeit zu verlieren, war sie ihm so, wie sie war – das hieß,
     noch im Judogi   –, nachgerannt. Es verstieß zwar gegen die Regeln, den Judogi außerhalb des Dojo zu tragen, aber ihr war keine Zeit zum Umziehen
     geblieben. Nicht einmal Schuhe hatte sie sich noch anziehen
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