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Schule für höhere Töchter

Schule für höhere Töchter

Titel: Schule für höhere Töchter
Autoren: Amanda Cross
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übermorgen wieder anrufen, Mrs. Amhearst?«
    »In Ordnung. Entschuldigen Sie bitte, Miss Tyringham, aber beruflich, und darum geht es hier ja wohl, benutze ich den Namen Kate Fansler. Miss Fansler, falls die Schüler ihre Lehrer überhaupt noch mit dem Nachnamen anreden.«
    »Zum Glück ja. Selbstverständlich, meine Liebe. Man möchte gesellschaftlich korrekt sein, aber niemand weiß besser als die Leiterin einer Mädchenschule, wie verwirrend dieser ständige Namenswechsel sein kann in diesen Zeiten häufiger Scheidungen und Zweitehen. Ich möchte mich jetzt verabschieden, Miss Fansler, und ich hoffe, ja vertraue darauf, daß Sie uns in diesem Notfall helfen.«
    »Auf Wiedersehen« hallte es schwach in der bereits unterbrochenen Leitung nach. Fluchend wählte sie schnell Julia Stratemayers Nummer. »Julia«, sagte Kate, als sie ihre Freundin am Apparat hatte, »gerade habe ich einen Anruf von Miss Tyringham bekommen, und wenn ich im Moment nicht mit einem Neffen beschäftigt wäre, der Probleme hat, würde ich auf der Stelle zu dir kommen und dir den Hals umdrehen.«
    »Kate«, sagte Julia, »ich kann mir denken, wie du dich fühlst, aber ich bin wirklich überzeugt davon, daß du diese Schülerinnen der Abschlußklasse faszinierend finden wirst, und außerdem sind wir wirklich in einer verzweifelten Lage.«
    »Die ›Antigone‹, Julia, was soll das? Seit dem Theban habe ich nicht mehr an Griechisch gedacht.«
    »Kümmer dich nicht um Griechisch, Liebes; lies das Stück mit Hilfe der Übersetzung von Jebb. Virginia Woolf war der Meinung, es habe zwischen Antigone und ihrer eigenen Mrs. Ramsay keine authentische Frauengestalt mehr gegeben. Und George Eliot…«
    »Ich werde nicht über George Eliot diskutieren ohne einen neuen Drink. Und außerdem ist Jack da. Laß uns morgen darüber reden«, schloß Kate hastig.
    Im Wohnzimmer fand Kate Reed und Jack in ein Gespräch vertieft vor. Der Junge hatte von Reeds Verbindungen zur Staatsanwaltschaft gehört und warf ihm jetzt vor, Teil repressiver Polizeigewalt zu sein, ein verlängerter Arm des Establishments, ein Werkzeug des Systems. Reed hatte jedoch keine Lust, sich durch das Thema provozieren zu lassen. Er spürte, daß der Junge Probleme hatte und wollte ihn nicht in die Lage bringen, Hilfe ablehnen zu müssen, auch wenn er sie brauchte. »Hoffentlich keine schlechten Nachrichten«, sagte er zu Kate.
    »Das war die Direktorin des Theban«, sagte Kate.
    »Erinnerungen aus der Mädchenzeit tanzen vor meinen Augen.«
    »Miss Tyringham«, sagte Jack. »Sie und der Direktor meiner alten Schule reden immer wieder darüber, die beiden Schulen zusammenzulegen.«
    »Warum, um alles in der Welt?« fragte Kate.
    »Wegen der Koedukation natürlich.«
    »Ach du meine Güte«, sagte Kate. »Aber wenn Antigone und Haemon zusammen zur Schule gegangen wären, wäre vielleicht eine andere Geschichte daraus geworden.«
    »Quassel du nur«, sagte Reed.
    »Kate«, sagte Jack und strich sich über den Bart. Für einen so jungen Mann fand Kate die Bewegung ein wenig seltsam. »Dad hat mich rausgeworfen. Und ich habe Harvard geschmissen. Kannst du mir etwas Geld leihen, bis ich einen Job gefunden habe?«
    »Jack, mein Lieber, du vergißt hoffentlich nicht, daß dein Vater mein Bruder ist. Sicher, ich war oft nicht seiner Meinung; eigentlich kann ich mich nicht daran erinnern, jemals einer Meinung mit ihm gewesen zu sein. Aber ich hätte kein gutes Gefühl, wenn ich etwas hinter seinem Rücken täte. Weiß er, daß du hier bist?«
    »Er weiß nicht, wo ich bin, und es interessiert ihn auch nicht.«
    »Hättest du etwas dagegen, wenn ich ihm sagte, daß du hier bist?«
    »Wenn dein ehrliches Gemüt das braucht, tu’s ruhig. Er wird nur sagen, daß ich die Suppe, die ich mir eingebrockt habe, auch selber auslöffeln soll.«
    »Was ist passiert?«
    »Ich werde den Kriegsdienst verweigern. Ich vermute, das war der Auslöser. Meine Haare, und daß ich Harvard geschmissen habe, und jetzt das. Ich glaube nicht an diesen dreckigen Krieg.«
    »Will dein Vater, daß du Soldat wirst?«
    »Er hätte nichts dagegen, seine Verbindungen spielen zu lassen, damit ich ein gemütliches Plätzchen im Pentagon bekomme; ich glaube, er wäre auch nicht böse, wenn ich beim Losverfahren eine hohe Nummer zöge. Was er aber absolut nicht ausstehen kann, ist das, was er mein Auf-die-Fahne-Spucken nennt – seine Auffassung kannst du, in Stabreime gefaßt, von Spiro Agnew hören. Ich sehe das so: Wer nicht gegen
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