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Schuldig wer vergisst

Titel: Schuldig wer vergisst
Autoren: Kate Charles Anke und Dr Eberhard Kreutzer
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man es sich nicht erlauben, für das ganze Drumherum Geld zum Fenster hinauszuwerfen, und so musste Jane sehr sorgfältig planen. Das ganze Jahr über legte sie kleinere Beträge zur Seite und bemühte sich dann, das Beste aus dem wenigen, was sie hatten, herauszuholen. Frisch geschlagene Bäume wurden immer teurer; vor einigen Jahren hatte sie einen sehr schönen bei einem Wohltätigkeitsbasar der Kirche erstanden und einige Dekorationen selbst gebastelt. Aus Wollresten hatte sie Krippenfiguren gestrickt, für den Kranz an der Haustür im Park ein paar Kiefernzapfen aufgesammelt und dazu die Schleife aus einem uralten Blumengesteck wiederverwertet. Am letzten Sonntag vor Beginn der Adventszeit hatte sie ihren eigenen Plumpudding gebacken, und der Früchtekuchen, den sie dank eines großzügigen Gemeindemitglieds mit einem Schuss Brandy würzen konnte, stand sogar noch länger in der Speisekammer, um richtig durchzuziehen.
    Ihre Gemeindemitglieder waren sehr spendabel, dachte Jane, besonders zu Weihnachten, wo sie den Stanfords genügend Flaschen zukommen ließen, um sie durch die ersten Monate des neuen Jahres zu bringen. In ihren Augen war es tatsächlich ihre und Brians Gemeinde und nicht nur die
ihres Mannes. Sie war seine Partnerin in seinem Amt und stolz auf ihre Berufung als Pfarrersfrau. Darin fühlte sie sich all den modernen Ehefrauen von Geistlichen überlegen, die ihren rechtmäßigen Platz im Zentrum der Gemeinde nicht zu schätzen wussten und stattdessen arbeiten gingen. Oder sich heutzutage gar selbst ordinieren ließen!
    Das brachte Janes Gedanken unwillkürlich auf Callie Anson, die Kuratin ihres Mannes. Warum sie Brian nicht wieder einen netten jungen Mann zugeteilt hatten, konnte sie nicht begreifen. Bis jetzt waren die Kuraten immer nette junge Männer gewesen: einige angenehmer als andere, einige intelligenter oder begabter als andere, aber stets Männer. Die netteren hatte Jane fast wie Familienmitglieder behandelt, wie ältere Brüder der Zwillinge; sie hatte sie zum Essen eingeladen und manchen sogar die Wäsche besorgt. Doch so sehr sie sich auch bemühte, wurde sie mit Callie Anson einfach nicht warm.
    Sie war nicht wirklich eifersüchtig auf Callie – jedenfalls nicht richtig. Sie hielt Callie nicht für eine laszive Versucherin, die es darauf anlegte, ihr den Mann auszuspannen, auch wenn Jane andererseits wusste, dass solche Dinge zwischen Pfarrern und weiblichen Kuraten schon vorgekommen waren. Sie hatte ein, zwei entsprechende Artikel in der Zeitung gelesen. Aus Nähe konnte Intimität entstehen, und wenn Menschen durch ihren Beruf Tag für Tag zusammen waren und vertrauliche Informationen miteinander teilten … Nun ja, wer weiß, wohin das führen konnte? Das sollte natürlich nicht heißen, dass sie Brian misstraute.
    Er hatte vorgeschlagen, Callie zum Weihnachtsmittagessen einzuladen. Das kam für Jane überhaupt nicht infrage. »Sie hat ihre eigene Familie«, hielt sie dagegen. »Ihre Mutter wohnt in Kensington, nicht wahr? Und hat sie nicht auch noch einen Bruder? Wieso sollte sie zu uns kommen? Weihnachten ist ein Familienfest.«

    »Ich dachte nur, es wäre nett, es ihr anzubieten«, sagte Brian nachsichtig. »Ich glaube, mit ihrer Mutter versteht sie sich nicht allzu gut, und als Tom Kurat war, hast du ihn mindestens zwei Mal zu Weihnachten eingeladen.«
    »Das war was anderes«, entgegnete Jane, auch wenn sie nicht erklären konnte, weshalb.
    Zum ersten Mal würden die Jungen aus Oxford heimkommen. Jane und Brian hatten sie einmal während des Semesters besucht und sie zum Essen eingeladen, doch Charlie und Simon waren seit Semesterbeginn noch nicht wieder zu Hause gewesen.
    Daher war es diesmal etwas Besonderes, und Jane war fest entschlossen, dieses Weihnachten für die Familie Stanford zu etwas ganz Besonderem zu machen, ohne Kuraten oder andere Schmarotzer, die es verderben konnten.
    An diesem Abend fühlte sich Jane gegenüber Callie Anson erst recht nicht in Geberlaune: Brian, der zwei Karten zu einem exklusiven vorweihnachtlichen Benefizkonzert bekommen hatte, hatte beschlossen, Callie Anson mitzunehmen statt seiner Frau. Jane war davon überzeugt, ihre Enttäuschung sehr gut vor ihm verborgen zu haben; sie hatte es sogar geschafft, ihm betont unbekümmert einen schönen Abend zu wünschen.
    »Macht es dir auch bestimmt nichts aus?«, hatte Brian im letzten Moment gefragt – viel zu spät, um noch irgendetwas ändern zu können, falls sie ehrlich gewesen wäre.
    »Ich
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