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Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Titel: Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg
Autoren: Rosa Villas
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schon wieder gackern, wiederholt die
Erste ihren Satz und fuchtelt wild mit den Armen herum. Dann brechen alle vier
in schallendes Gelächter aus.
    Der Kellner versteht gar nichts, schaut mich an und verdreht
die Augen. Ich grinse breit und beobachte belustigt das Kleeblatt.
Grundgütiger, wie viel haben die in den letzten drei Stunden und am hellen
Vormittag getrunken?
    Muss ich extra erwähnen, dass die Mädels zwar sehr laut und
sehr lustig sind, mich aber immer noch keines Blickes würdigen? Nein, nicht,
gell?
    Es wird Zeit für den Bus und wir alle bezahlen und machen
uns auf den Weg. Ich finde recht schnell den richtigen Bus, (weil ich einfach
jemanden frage) werfe meinen Rucksack unten rein und nehme an meinem gebuchten
Fenstersitz Platz.
    Von dort aus kann ich die Schwarzwaldmädels gut sehen und
was ich sehe, lässt mich an meinem Verstand zweifeln. Alle vier Köpfe beugen
sich hochkonzentriert (so weit das in diesem Zustand möglich ist) über ein
Fahrticket und sie debattieren, in welchen Bus sie einsteigen müssen. Eine
blättert wie wild in ihrem Wörterbuch um dann wieder die Köpfe zusammen zu
stecken. Der Busfahrer steht neben ihnen, aber die fragen ihn nicht. Sie fragen
keinen einzigen Menschen um sie herum und starren nur das Ticket an.
    Kathedrale von
Santiago de Compostela
    Menschen in
festlichen Trachten warten auf die Prinzessin von Spanien
    Dann schauen sie sich suchend um und fragen wieder
niemanden. Jetzt winkt mir eine freundlich zu. Sie sieht also, in welchem Bus
ich sitze. Das ist doch jetzt nicht mehr schwer, Schwarzwaldmädel, komm’ rein
und frag mich einfach. Ich winke ihr zu, sie soll einsteigen. Es kann nur
dieser Bus sein. Kein anderer fährt den Jakobsweg entlang!
    Nix, die starren wieder das Ticket an. So fährt der Bus dann
irgendwann los und die Mädels bleiben am Bordstein stehen.
    Wir kamen mit dem selben Flugzeug, warteten in der selben
Bar auf den gleichen Bus und hatten trotzdem einen völlig unterschiedlichen
Anfang auf dem Jakobsweg. Aber genau so ist der Weg. Für jeden anders und
trotzdem für alle gleich.
    Man kann auch aus Erfahrungen von anderen Menschen lernen
und heute habe ich Folgendes begriffen: Lieber keinen Alkohol trinken, wenn ich
noch denken muss!
    Der Bus ist bequem, die Fahrt dauert lange und deshalb
schlafe ich noch ein wenig. Wieder aufgewacht, fahren wir durch dichtes
Schneetreiben. Ich traue meinen Augen kaum, aber ich sehe tatsächlich auf allen
Gipfeln der umliegenden Berge Schnee liegen. Die Berge in Galizien sind nicht
zu vergleichen mit den Alpen, auf die ich zu Hause täglich blicke, deshalb sind
es für mein Empfinden eher Hügel. Aber trotzdem liegt da Schnee und das gefällt
mir nicht so sehr. Für schlechtes Wetter bin ich ausgerüstet und Bewegung hält
ja bekanntlich warm, aber eine Winterausrüstung habe ich nicht dabei.
    Na gut, bis jetzt ging alles so wahnsinnig leicht, dass es
fast schon unheimlich war. „Irgendwann wird es schwer“, sagte Hape in seinem
Buch und warum nicht jetzt, denke ich mir. Wenn es schwer wird, wird es schwer,
dafür gibt es keinen günstigen Zeitpunkt. Das ist meistens blöd und da muss man
dann einfach durch.
    Als eine der letzten Fahrgäste mit Rucksack, steige ich in
Astorga aus und mache mich auf den Weg in die Stadt. Als erstes sehe ich den
Prachtbau von Gaudi. Ich liebe Gaudi und die Kunstwerke, die er geschaffen hat.
Er war ein begnadeter und von Gott geküsster Künstler, wie es nur ganz wenige
auf dieser Welt gab.
    Die Kathedrale ist gleich daneben und da geh ich schnell
hinein, denn es fängt schon wieder an zu regnen. Hier bekomme ich den ersten
Stempel in meinen Pilgerpass und bin sehr stolz darauf.
    Die Kathedrahle kann man besichtigen, ebenso ein Museum in
den oberen Geschossen. Wie immer verneige ich mich innerlich vor den baulichen
Leistungen der Menschen in diesen Jahrhunderten. Sowohl die Architekten als
auch die Handwerker und Arbeiter verrichteten über Generationen hinweg
Meisterliches. Sie vernachlässigten die Felder und schufteten für einen
Hungerlohn, schufen mit ihren Händen Kunstwerke, die wir heute noch bestaunen
dürfen.
    Im Museum hängen die Möbel und Kleider Priester und
Bischöfe von damals. Reichlich und kunstvoll bestickte Roben, Talare, Über- und
Unterkleider für die Vertreter des Herrn, die nicht weniger kunstvoll
gearbeitet worden sind, als die Gebäude.
    Dann setze ich mich runter in die Kirche und spüre die
Energie der heiligen Hallen, die in vielen Jahrhunderten,
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