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Schroders Schweigen

Schroders Schweigen

Titel: Schroders Schweigen
Autoren: Amity Gaige
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extrovertiert, studierte die vertraglichen Nuancen des Rückmietkaufs und bereitete sich auf den Erwerb seines Maklerzertifikats vor.
    Wie sich zeigen sollte, hatte der Bräutigam ein Talent für das Immobiliengeschäft, und in den drei bis vier Jahren, in denen seine ganz großen Träume vollständig und wirkungsvoll zurückgestellt wurden, heimste er eine üppige Provision nach der anderen ein. Diese Provisionen halfen dem jungen Paar durch Geburt und Säuglingszeit ihrer Tochter Meadow. Mit dem Geld wurde dem Baby eine Wiege mit mechanischem Hebel gekauft und Calendula-Öl für seinen Popo und hübsche Musik und so viele Karussellfahrten, wie sich ein Mensch nur wünschen konnte, der später keinerlei Erinnerung daran haben würde. Und es waren glückliche Jahre. Ernsthaft. Hätte der Bräutigam all seinen Lügen und Verschrobenheiten an die Gurgel gehen können, er hätte es getan. Es ist nicht in Worte zu fassen – und der Gedanke, dass man ihm jetzt nie mehr glauben wird, schmerzt mich –, wie sehr der Bräutigam seine Frau damals liebte. Wie dankbar er war. Einmal, als er im Winter über Poestenkill Gorge hinausblickte, während das Baby im Tragetuch an der Brust seiner Mutter schlief, betrachtete er das unberührte Schneegeglitzer am Fuß der Bäume, und er sah, wie die nackten Äste eine überhängende Spitzendecke formten, durch die er hinunter und auf die Kirchtürme und den Kaminrauch des Tals sehen konnte, und ihm war, als wenn er lange Zeit – jahrelang – gelaufen wäre und endlich sein Ziel erreicht hätte.
    Ach, Laura. Hätte ich mein Leben als ein einziger Mann gelebt, eins mit mir und gefestigt, hätte ich dann das alles kommen sehen können? Hätte ich je gedacht, dass das alles zum Scheitern verurteilt war und dass wir binnen fünf Jahren getrennte Leute sein würden? Hätte ich es verhindern können – will sagen, jene Nacht, als du mit tränenüberströmtem Gesicht zu mir sagtest, ich soll gehen? Du hattest die Nase voll von mir. Du hattest seit Jahren das Gefühl – wie du mir später erklären solltest –, als würdest du in einem Haus mit schiefen Böden leben. Das mit uns war danebengegangen.
    Pine Hills. Wir waren in der kleinen Küche. Du hattest dich von mir abgewandt und dich mit beiden Händen auf die Spüle gestützt. Schon eine ganze Weile hatten wir uns gestritten. Gestritten und den Abwasch gemacht. Meadow schlief. Inzwischen war sie vier und damit alt genug, um mitzubekommen, wenn man lauter wurde, und so versuchten wir, unsere Auseinandersetzungen ausschließlich auf den späten Abend zu verlegen. Worum ging es bei unserem Streit? Um alles Mögliche: deine zunehmende Hinwendung zum katholischen Glauben, meine Faulheit, dein Bedürfnis nach Ordnung und Struktur, meinen Mangel an Disziplin, deine gequälte Schweigsamkeit, meine Neigung, zu viel zu reden. Wir hatten Mäuse im Haus. Ich hatte einen der Nager gefangen, und weil ich es nicht übers Herz brachte, ihn zu töten, hatte ich ihn Meadow als Haustier geschenkt. Während wir stritten, sah ich, wie diese Maus sich durch die endlosen Winkel ihrer Plastikkiste wühlte.
    »Geht’s jetzt um die Schule?«, sagte ich gerade. »Alles klar. Ich werde mich bessern, was die Schule anbelangt. Ich werde sie pünktlich hinbringen, und die spontanen Ausflüge fallen ab sofort aus. Okay? Mit sofortiger Wirkung. Ich habe für diese Schule nichts übrig – das weißt du genau, mein Engel –, mit diesen blutigen Jesusfiguren überall. Für meine Begriffe ist das einfach kein Ort für Kinder. Kennst du das Gedicht, in dem es heißt, ›von Sonnenschein und Sommertagen, so lang wie zwanzig Tage‹?«
    Du schwiegst.
    »Aber gut, gut«, fuhr ich fort. »Ich werde mich bessern. Ich werde an meiner Einstellung arbeiten. Weißt du, als wir geheiratet haben, hast du mir erzählt, dass du katholisch bist, aber ich habe nicht gedacht, dass das dein Ernst ist.«
    Endlich drehtest du dich um. Jetzt sah ich, dass du geweint hattest. Das verblüffte mich. Eigentlich wollte ich nur einen Spaß machen.
    »Ach, Eric«, sagtest du weinend. »Du bist so weit weg.« Meine Hände waren noch immer in Position, um den letzten Teller abzutrocknen, meine Handflächen wiesen nach oben, und über meinem Unterarm hing das feuchte Geschirrtuch.
    Eine Sache, die ich sicher weiß, trotz unserer nächtlichen Wortwechsel, trotz unserer Verschiedenheit, trotz der Art und Weise, wie sich selbst für meine blinden Augen das Licht in unserer Ehe getrübt hatte, ist, dass
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