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Schottische Disteln

Schottische Disteln

Titel: Schottische Disteln
Autoren: Christa Canetta
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Herkunft, die gesellschaftlichen Entwicklungen, den Lebensstandard – und dann die Tatsache, dass sie sich kaum kannten. Was wusste sie von diesem Mann, von seinem Wesen, seinem Charakter, seinen Wünschen, Vorlieben, Gewohnheiten, seinen Plänen und Hoffnungen? Und was wusste er von ihr?
    »Ryan, uns trennen Welten.«
    »Nein, Andrea, uns trennen keine Welten. Lass den ganzen äußerlichen Kram beiseite, und sieh den Mann, der vor dir steht, nur den Mann, dann wirst du feststellen, dass uns gar nichts trennt. Ich brauche dich, Andrea, so einfach ist das.«
    »Aber was kann ich dir geben, was du nicht hast?«
    »Liebe, Geborgenheit, Vertrauen – all das besitze ich nicht. Was ist denn ein Leben ohne Liebe?«
    Er nahm sie in die Arme. »Bitte, denk darüber nach, wenn du heute noch keine Antwort weißt.«
    »Ich verspreche es.«
    »Darf ich dich küssen?«
    »Weshalb fragst du immer?«
    »Ich möchte dich nicht überrumpeln.«
    »Ich liebe es, überrumpelt zu werden, Ryan.«
    Er küsste ihren Mund, ihren Hals, schob die Mütze etwas zurück und küsste auch den Ansatz des nachwachsenden Haares, obwohl sie zurückzuckte. Aber er hielt sie fest und duldete nicht, dass sie sich ihm entzog. Zärtlich flüsterte er: »Ich liebe dich so, wie du bist. Für mich bist das Schönste auf der Welt.«
    »Hör auf, Ryan, sonst muss ich weinen.«
    »Ich weiß, aber deine Tränen liebe ich auch.« Er küsste sie noch einmal, und dann ließ er sie los, ergriff ihre Hand und ging mit ihr zurück zum Wagen. Es war mehr, als er ertragen konnte, diese Frau in den Armen zu halten und nicht zu wissen, wie sie sich entscheiden würde. Dennoch war er guten Mutes. Er brachte sie zurück zur Eingangstür und küsste noch einmal ihre Hand. »Wenn ich es schaffe, bin ich morgen am späten Nachmittag wieder hier. Wenn ich in Aberdeen nicht fortkomme, rufe ich an.«
    »Ich werde hier auf dich warten.«
    Er ging rasch zum Wagen, die Bodyguards hatten bereits vorn Platz genommen, sodass er sich bequem im Fond zurücklehnen konnte. Andrea winkte, alle drei winkten zurück, dann war der Wagen auf der Straße und rollte nach Aberdeen zurück.
    Als Andrea die Wirtsstube betrat, kam eine fremde, gut aussehende Frau die Treppe herunter. Sie blieb auf der letzten Stufe stehen und sah Andrea entgegen.
    »Hallo.«
    »Guten Abend.«
    Die junge Frau lächelte. »Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Karen Brendan.«

XXIII
    Die Fahrt zurück nach Aberdeen verlief reibungslos. Ryan wurde wach, als der Wagen über den Kies vor seinem Haus knirschte und vor der Tür ausrollte. Er verabschiedete die beiden Bodyguards und forderte James auf, ihn morgens um sieben Uhr zu wecken und das Frühstück für halb acht Uhr bereitzuhalten.
    Obwohl Mitternacht vorbei war, fühlte er sich frisch und ausgeruht. Er nahm ein Bad, holte sich einen doppelten Scotch und machte es sich vor dem Schlafzimmerkamin gemütlich. James hatte für ein kleines Feuer gesorgt, keine großartigen Flammen, die sich wild durch Eichenkloben fraßen, nur ein kleines Feuer, das die Kühle der Herbstnacht verdrängte und dem Raum eine angenehme Atmosphäre gab. Ryan setzte sich vor den Kamin, legte die Beine auf einen Hocker und schwenkte die bernsteinfarbene Flüssigkeit langsam hin und her. Er dachte an Andrea, die wohl schon lange schlief, und hoffte, dass sie eine gute und erholsame Zeit in Tradespark hatte.
    Und dann, langsam, aber zwingend, kroch der Ärger in ihm hoch. Was war das für ein verdammtes Leben, in dem er sich um eine Hausecke herumdrücken musste, um eine Frau zu küssen, die er liebte? Kein Schritt ohne Bodyguards, ohne Aufsicht, nicht einmal, wenn er seine Liebe erklärte. Er fühlte sich wie ein gegängelter Schuljunge, und jeder kannte jeden Schritt, den er machte, denn er konnte kaum erwarten, dass die Guards verschwiegen waren. Hatte er das nötig, in seinem Alter und in seiner Position? Aber genau diese Position war es, die ihm diesen Begleitschutz aufzwang, der in seinen Augen so überflüssig war wie eine Wespe auf dem Honigbrot. Er engte ihn ein und begrenzte seine Handlungsfreiheit zu einer Zeit, in der er versuchte, sein Privatleben in den Griff zu kriegen. Er musste und würde das ändern, sofort, heute noch, zumindest würde er das in die Wege leiten. Verdammt, er wollte in seinem Cottage schlafen und konnte es nicht, weil die Betten für die Bodyguards fehlten. Eines Tages würde er mit Andrea dort wohnen wollen, und fremde Männer saßen auf der Bank vor dem
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