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Schoener Schlaf

Schoener Schlaf

Titel: Schoener Schlaf
Autoren: Gabriella Wollenhaupt , Friedemann Grenz
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Sensibilität ihrer Garderobiere, Schneiderin und Maskenbildnerin Luise Kranach möglich geworden waren. Nicht schon wieder Geschichten über die reichen und schönen Männer, die vor Mamans Garderobe wie Tiere gelitten hatten, weil sie nicht vorgelassen wurden, und schließlich im Bett der Garderobiere Trost fanden. Und keine Erinnerungen an die Kritiken in den Gazetten über die beiden unzertrennlichen Frauen, die wie Schwestern wirkten.
    Achtzig Prozent der Geschichten, die Luise heute erzählte, waren natürlich erfunden, doch das störte die alte Frau nicht. Früher hatte Fabry sie korrigiert, wenn ihre Erinnerung allzu fantasievolle Kapriolen schlug.
    Inzwischen waren ihm diese Übertreibungen egal. Er führte jetzt sein eigenes Leben – inmitten von Büchern, Gemälden und Frauen. Er dachte an Anna Stern. Allein dieser Name klang schon wie Musik!
    Kapitel 5
    Kant hatte von dem Kostüm der Toten Detailfotos anfertigen lassen und Neumann und Weingarten damit losgeschickt. Die Sokokollegen klapperten die kleinen Theater ab, die Schneidereien der städtischen Bühne und der Oper. Sie suchten sogar die Kostümverleiher auf, die zu Karneval Hochsaison hatten. Doch ein solches Kleid war niemandem bekannt, keiner wollte es geschneidert oder verliehen haben.
    Â»Die Qualität der Stoffe wurde ausdrücklich gelobt«, berichtete Weingarten. »Und auch die handwerkliche Kunstfertigkeit, die diese Arbeit erfordert.«
    Nur die Spurensicherung konnte einen Erfolg vorweisen. An dem Kleid hafteten mehrere Haare, die nicht Maja Schneider gehörten. Blond gefärbte Frauenhaare, die an der Wurzel stark ergraut waren.
    Die Kriminaltechniker entdeckten außerdem Rückstände eines stark riechenden Mottenmittels, das kaum noch verwendet wurde, weil es schon lange als gesundheitsschädlich und umweltgefährdend galt.
    Maja Schneiders Wagen blieb verschwunden.
    *
    Dr.   Manfred Sucher, der Direktor der Kunsthalle, wartete in seinem Büro, das geräumig, aber dermaßen mit Büchern, aufeinandergetürmten Papieren und Zeitschriften vollgestopft war, dass es der Studierstube eines Chaoten glich. Immerhin gab es eine Sitzecke für Besucher, die Sekretärin hatte die Sessel freigeräumt.
    Sucher war ein kenntnisreicher und introvertierter Intellektueller. Er hatte so viel veröffentlicht, dass es für drei Leben gereicht hätte, doch außer an Universitäten wurden seine Texte kaum noch gelesen. Wer interessierte sich heutzutage noch für Frauenbilder zwischen häuslicher Tugend und weltlichem Laster: Toilettenszenen der niederländischen Maler im 17.   Jahrhundert?
    Eins seiner Hauptthemen war auptthemen Holländische Genremalerei. Er arbeitete gerade an einem Artikel über den holländischen Bilderfälscher Han van Meegeren, der in den Dreißiger- und Vierzigerjahren die Kunstwelt mit immer neuen Vermeer-Bildern genarrt hatte.
    Ein Experte namens Bredius hatte sich damals böse täuschen lassen – getragen von seiner Beseeltheit, einer munteren Entdeckungsfreude und einem miserablen Augenlicht. Der Fälscher hatte sein Werk Die Emmausjünger getauft. Eine Gruppe von bedeutenden Kunsthistorikern und Restauratoren hatte dem Emmaus-Vermeer auf den Zahn gefühlt: Die Lösbarkeit der Farben wurde chemisch überprüft, Röntgenstrahlen machten untermalte Stellen sichtbar, jeder Blauton wurde analysiert auf der Suche nach Lapislazuli – Vermeers Lieblingsblau. Ergebnis: Das Bild war ein echter Vermeer!
    Fälscher van Meegeren hatte damals aber auch jemanden aufs Kreuz gelegt, der in keiner Weise zu bedauern war: Reichsmarschall Hermann Göring tauschte einhundertfünfzig echte Gemälde aus seiner zusammengestohlenen Kunstsammlung für einen ›echten‹ Meegeren-Vermeer mit dem Titel Die Ehebrecherin ein.
    Nach dem Krieg hatte der Fälscher dann Probleme bekommen. Es war verboten, holländische Kunstschätze zu verkaufen. Van Meegeren gestand den Schwindel, doch niemand glaubte ihm. Im Gefängnis stellte man ihn auf die Probe und er produzierte auf Weisung der Justiz tatsächlich einige alte Meister.
    Der Fälscher folgte einem verblüffend einfachen Rezept, um die Fachwelt mit seinen Gemälden zu täuschen. Farbe von Gemälden aus dem 17.   Jahrhundert wurde abgekratzt, Lapislazuli dazugekauft und die Bilder mit Harz gefirnisst. Um das notwendige Craquelé zu
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