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Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)

Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)

Titel: Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)
Autoren: Edith Kneifl
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haben mich leider etwas behindert. Sind sie nicht toll?“, fragte er und ließ seine Lackschuhe mit den hohen Absätzen an den Zehen baumeln.
    „Damit konntest du natürlich nicht wegrennen“, sagte ich leicht amüsiert.
    Ich half ihm beim Ausziehen und borgte ihm eins von meinen langen Sleep-Shirts.
    Orlando konnte tatsächlich als junge Frau durchgehen. Er war eher zart gebaut, hatte keine auffälligen Muskelpakete.
    „Der Typ war sicher nicht viel kräftiger als ich. Wenn er nicht bewaffnet gewesen wäre, hätte ich es locker mit ihm aufgenommen“, prahlte er.
    „Hast was zum Rauchen daheim?“, fragte er dann.
    „Shit? Nein. Ich rauche nur Zigaretten.“
    „Schade. Ein Joint würde mir jetzt echt gut tun. Du weißt, dass Marihuana ein geniales Schmerzmittel ist?“
    Ich bot ihm eine von meinen Zigaretten an und bat ihn, weiterzuerzählen.
    „Was soll ich dir erzählen? Er ist plötzlich hinter mir gestanden, hat einen Arm um meinen Hals geschlungen und mit dem Eispickel, den er in der anderen Hand hatte, auf meinen falschen Busen eingestochen. Ich hab versucht, mich aus seiner Umarmung zu befreien. Hab ihm meinen Ellbogen in den Magen gerammt. Ich sag dir, der ist eingeknickt wie ein Taschenfeitl. Dann hat er leider zurückgeschlagen und mich ausgerechnet am Kehlkopf erwischt. Da bin ich sofort zu Boden gegangen. Wird ein schöner Bluterguss werden. Ab morgen kann ich nur mehr Rollkragenpullover tragen“, jammerte er und tastete vorsichtig seinen Hals ab.
    Ich schaute mir den roten Fleck auf seinem Hals genauer an. Orlando schien mit seiner Einschätzung der Größe des Angreifers Recht zu haben. Die Faust seines Gegners hatte ihn voll am Kehlkopf erwischt. Der Täter konnte also nicht wesentlich größer als ich gewesen sein.
    Orlando machte es sich auf meiner Chaiselongue bequem und sagte: „Ich fürchte, in Margareten rennt ein verrückter Sexualmörder frei herum. Vielleicht ist einer dieser Psychopathen von der Sonderstrafanstalt am Mittersteig abgehauen? So was erfährt unsereins ja nicht.“
    „Wie kommst du auf diese blöde Idee?“, fragte ich gähnend. „Vergiss es! Die sind dort alle gut aufgehoben.“
    Ich war todmüde. Hatte heute endlich einmal zeitig zu Bett gehen wollen. Aber wie es momentan aussah, würde mich Orlando nicht so schnell schlafen lassen.
    Ich ging in die Küche. Brühte grünen Tee auf. Die Whiskyflasche war leer und diese Nervensäge hellwach.
    „Hol deine Karten und sag mir, ob ich überleben werde oder nicht“, bat mich Orlando in theatralischem Ton, als ich ihm den Tee brachte. Sofort bereute ich es, ihm irgendwann mal zum Spaß die Karten gelegt zu haben.
    „Bitte, Katharina! Das bist du mir schuldig“, drängte er.
    Da ich wusste, dass er keine Ruhe geben würde, ging ich noch einmal in die Küche und holte seine schmutzige Kaffeetasse.
    „Da ist kein Satz drinnen. Das bringt nichts“, meckerte er.
    „Die Karten meiner Mutter hab ich längst weggeschmissen. Sie waren total abgegriffen. Ich könnte dir aus Bohnen oder Maiskörnern wahrsagen, falls ich welche zuhause habe“, sagte ich grinsend.
    „Ich mein’s ernst. Lies mir wenigstens aus der Hand.“ Er streckte mir seine Rechte hin.
    „Man liest aus der Linken“, sagte ich unwirsch. „Die Linke verrät einem das, was man an Anlagen und Eigenschaften mitgekriegt hat, die Rechte zeigt gewisse Entwicklungen.“
    Ich nahm seine linke Hand, hielt sie unter das Licht der Stehlampe und tat, als ob ich seine Handfläche ausgiebig studieren würde.
    „Oh je“, flüsterte ich und zog die Stirn kraus.
    „Was siehst du?“, kreischte er. „Ich hab doch eine lange Lebenslinie, hast du zumindest letztens behauptet.“
    „Die Lebenslinie ist okay. Sie ist in weitem Bogen geschwungen. Was bedeutet, dass du sinnlich und genussliebend bist und zur Bequemlichkeit neigst. Aber deine Herzlinie gefällt mir so ganz und gar nicht. Sie ist schrecklich zerfranst. Ich fürchte, du wirst nie Glück in der Liebe haben.“
    Kichernd drückte er mir einen Polster ins Gesicht.
    Mehr oder weniger ernsthaft deutete ich ihm dann seine Kopflinie, die einen sehr kurzen Abstand zur Lebenslinie aufwies: „Du bist ein entschlussfreudiger und optimistischer Mensch, hast manchmal aber unrealistische Vorstellungen.“
    „Kannst du das alles echt aus diesen Linien lesen?“, fragte er mich.
    „Ob es stimmt, weiß ich nicht. Ich geb dir nur wieder, was mir meine Großmutter beigebracht hat. Deine Schicksalslinie beginnt zum Beispiel am
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